Spurgeon, Charles Haddon

Ernstes Flehen um Erweckung

eng

„Laß die Inseln vor mir schweigen und die Völker sich stärken.

Laßt sie herzutreten, und nun reden, laßt uns miteinander rechten.“
Jes. 41,1

Der Text ist eine Herausforderung an die Heiden, zu kommen und mit dem lebendigen Gott zu rechten. Der Herr heißt sie ihre besten Beweisgründe vorlegen, damit der Streit ruhig zu Ende geführt werde und so ein für all Mal entschieden sei. Er heißt sie ruhig sein, nachdenken und erwägen, damit sie so gestärkt, die Diskussion beginnen und ihre Götter verteidigen mögen, wenn sie es können. Er fordert sie auf, keine oberflächlichen Beweise beizubringen, sondern solche, die ihnen Nachdenken gekostet haben und von Gewicht sind, falls solche vorhanden. Er heißt sie, stille sein, bis sie zum Sprechen vorbereitet sind und dann, wenn sie starke Beweise vorbringen und ihre Sache in das bestmögliche Licht setzen können, fordert er sie in die Schranken, um zu sehen, ob sie einen Augenblick lang zu behaupten vermögen, daß ihre Götter Götter seien oder irgend etwas Besseres als Betrug und Falschheit.

Ich habe nicht die Absicht, heute über diesen Streit zu sprechen, sondern den Text im Hinblick auf etwas ganz anderes zu brauchen. Wir, die wir den Herrn, den allerhöchsten Gott, verehren, haben auch eine Streitfrage mit ihm. Wir haben seine Kirche und seine Sache seit langer Zeit nicht so siegreich gesehen, wie wir es wünschen möchten; noch ist das Heidentum nicht danieder geworfen vom Christentum; noch tritt die Wahrheit nicht überall den Irrtum unter die Füße; Völker werden nicht auf einmal geboren (Jes. 66,8 engl. Übers.), die Reiche der Welt sind nicht die Reiche unseres Herrn und seines Christus geworden. Wir wünschen darüber mit Gott zu rechten und er selber unterweist uns, wie wir für diese heilige Debatte uns zu bereiten haben. Er heißt uns stille sein, er heißt überlegen und dann uns ihm nahen mit heiliger Kühnheit, mit ihm rechten, unsere Sache vorbringen und unsere starken Gründe darlegen. Mir scheint, ich kann beim Beginn des Jahres Christen keine dringendere Sachen vorlegen, als diese, daß wir mit Gott rechten sollten, daß er größere Gnadenwerke unter uns tue, als unsere Augen bis jetzt noch geschaut haben. Wir lesen von wunderbaren Erweckungen; die Geschichte berichtet von Wundern der Reformation und von der staunenswerten Art, wie das Evangelium sich in den ersten beiden Jahrhunderten ausbreitete; wir sehnen uns, ähnliches wieder zu flehen oder den Grund zu wissen, warum es nicht so ist, und mit heiliger Kühnheit wünschen wir, vor den Herrn zu kommen und unsere Sache bei ihm zu führen, wie ein Mann seine Sache einem Freunde gegenüber vertritt. Möge Gott uns helfen, so in der Kraft des heiligen Geistes zu tun.

I.

Zuerst laßt und also stille sein. „Laß die Inseln vor mir schweigen.“ Ehe die Erörterung beginnt, laßt uns mit heiliger Ehrfurcht schweigen, denn wir haben mit dem Herrn, dem allmächtigen Gott zu reden! Laßt uns nicht den Mund öffnen, um seine Weisheit anzufechten, noch unserem Herzen gestatten, seine Liebe in Frage zu stellen. Wie, wenn die Dinge nicht so glänzend aussehen, als wir es wünschen möchten? Der Herr regiert! Und wie wenn er zu zögern scheint? Ist er nicht Herr Gott, vor dem tausend Jahre sind wie ein Tag und der die Verheißung nicht verziehet, wie es Etliche für einen Verzug halten? Wir wollen uns unterwinden, kühnlich mit dem Herrn zu sprechen, aber doch ist er der ewige Gott und wir sind Erbe und Asche. Was immer wir auch in heiliger Kühnheit sagen mögen, wir wollen kein Wort in vorschneller Vertraulichkeit aussprechen. Er ist unser Vater, aber er ist unser Vater im Himmel. Er ist unser Freund, aber zugleich ist er unser Richter. Wir wissen, daß, was immer er auch tut, es das Beste ist. Wir wollen nicht zu dem, der uns gemacht hat, sprechen: „Warum machest Du mich also?“ noch zu unserem Schöpfer: „Was tust Du?“ Soll der Töpfer dem Ton Rechenschaft geben von den Werken seiner Hände? „Es ist der Herr, er tue, was ihm wohlgefällt.“ Wenn wir auf das blicken, was er tut, mag es unserer trüben Fassungskraft außerordentlich befremdend scheinen und es mag uns nicht gelingen, die Bedeutung desselben zu entziffern; aber wir brauchen nicht den Wunsch zu haben, es zu lesen. Es ist Gottes Ehre, ein Ding zu verbergen und wenn es ihm gefällt, es zu verbergen, laß es verborgen sein. Wahrlich, Gott ist freundlich gegen Israel und seine Güte währet ewiglich. Wenn die Geschichte dieser Welt sich noch durch ein anderes Zwanzig von traurigen Jahrhunderten hinschlagen soll, so wird sie nur um so mehr Grund zum Lobsingen enthüllen, wenn die großen Halleluja des endlichen Sieges ertönen werden.

Unser Schweigen der Ehrfurcht sollte sich vertiefen zu dem der Scham; denn, meine Brüder, wenn es gleich gewiß ist, daß die Sache eben nicht große Fortschritte gemacht hat, wessen Schuld ist dies? Wenn etwas verkürzt gewesen ist, so ist es nicht des Herrn Geist gewesen. (Micha 2,7) Wo ist es denn gewesen? Wenn der Same unter der Scholle verfault ist, oder wenn der Wurm die grüne Saat verzehrt hat, daß der Schnitter nicht fröhlich seinen Arm gefüllt, woher kommt das? Ist nicht Sünde unter uns gewesen, ja, Sünde in der Gemeinde Gottes? Wie, wenn Israel am Tage der Schlacht den Rücken wendet und flieht? Ist nicht ein Bann in dem Lager und ein Achan, der den köstlichen Babylonischen Mantel und die Stange Goldes verscharret hat? Gott spricht: „Ist nicht Ursache dafür vorhanden? Mögen auch zween miteinander wandeln, sie seien denn eins untereinander? Werdet ihr mir entgegenwandeln, so werde ich euch auch entgegenwandeln.“ Wahrlich, wenn ich sehe, wie Gott uns gesegnet hat, bin ich so wohl erstaunt, daß er nicht mehr gegeben, als daß er so viel verliehen. Segnet er solche unwürdigen Werkzeuge, solche Zauberer, solche träge Arbeiter? Wirkt er etwas mit so untüchtigen Werkzeugen? Legt er irgend einen Schatz in so unreine Gefäße? Das muß seiner Gnade zugeschrieben werden. Aber wenn er uns zum Höchstmöglichen gebraucht, so lasset uns uns schämen und vor uns selber zu Schanden werden, und vor dem Thron seiner Herrlichkeit laßt uns niedersitzen und schweigen. Was, in der Tat, können wir sagen? Wir haben keine Beschwerden gegen ihn vorzubringen, keine Anschuldigungen gegen den Allerhöchsten, sondern müssen schweigend bekennen, daß wir böse sind. Uns gebührt Scham und Schande.

Geht dann weiter und bleibet im Schweigen der Betrachtung. Unser Zeitalter ist ein lautes und selbst die Kirche Christi ist zu laut. Wir haben sehr wenig stille Andacht, fürchte ich. Ich bedaure nicht so sehr das Fehlen der Stille in unseren öffentlichen Versammlungen, als in unserer privaten Andacht, wo sie einen weihenden und heiligen Einfluß hat, der von unaussprechlichem Wert ist. Laßt uns jetzt eine Minute lang stille sein und betrachten, was es ist, das wir vom Herrn wünschen. Die Bekehrung von Tausenden, die Vernichtung des Irrtums, die Ausbreitung des Reiches Gottes. Denkt in eurem Gemüt nach, welches die Segnungen sind, die eure Seele begehrt. Macht euch eine richtige Vorstellung davon und dann fragt euch, ob ihr vorbereitet seid, sie zu empfangen. Gesetzt sie würden nun verliehen, seid ihr bereit? Wenn Tausende von Bekehrten dieser Einen Gemeinde geboren würden, seid ihr bereit, sie zu lehren, sie zu unterweisen, sie zu trösten? Tut ihr es jetzt, ihr christlichen Leute? Handelt ihr so, daß Gott euch als fähig erkennen kann, Sorge für diese Neubekehrten, um welche ihr bittet, zu tragen? Ihr betet um Gnade – braucht ihr die Gnade, die ihr habt? Ihr wollt mehr Kraft sehen – wie steht’s um die Kraft, die ihr habt? Wendet ihr sie an? Wenn eine mächtige Erweckungswoge über London daherbrauste, sind eure Herzen bereit? Sind eure Hände bereit? Sind eure Börsen bereit? Seid ihr ganz und gar bereit, auf der Spitze dieser segensvollen Woge euch forttreiben zu lassen? Überlegt. Wenn ihr nachdenkt, werdet ihr sehen, daß Gott im Stande ist, seiner Kirche den größten Segen zu geben und ihn zu jeder Zeit zu geben. Schweiget und betrachtet, ihr werdet sehen, daß er den Segen durch euch oder durch mich geben kann. Er kann einen Jeden von uns, schwach wie wir sind, mächtig machen „vor Gott, zu verstören die Befestigungen,“ kann unsere schwachen Hände fähig machen, obgleich wir nur wenige Brote und Fische haben, doch Myriaden mit dem Brot des Lebens zu speisen. Erwägt dieses und fragt euch heute Morgen in der Stille eures Gemüts, was können wir tun den Segen zu erlangen? Tun wir dieses? Was ist in unserer Stimmung, in unserem einsamen Gebet, in unserem Tun vor Gott, was geeignet wäre, den Segen hernieder zu ziehen? Handeln wir, als wenn wir aufrichtig wären? Haben wir wirklich ein Begehren nach diesen Dingen, von denen wir sagen, daß wir sie verlangen? Könnten wir weltliche Geschäfte aufgeben um das Werk Gottes zu tun? Könnten wir Zeit aufopfern, um nach dem Weinberg des Herrn zu sehen? Sind wir willig, des Herrn Werk zu tun? Und ist unser Herz in einem solchen Zustand, daß wir es in wirksamer und annehmbarer Weise tun können? Schweiget und betrachtet dies. Ich möchte jeden Christen bitten, wenn er in sein Haus zurückgekehrt ist, eine Weile still zu sitzen vor Gott und anzubeten mit dem Schweigen der Ehrfurcht, mit dem Schweigen der Scham und dann mit dem Schweigen des sorgsamen Nachdenkens über diese Dinge.

Dann gehen wir über zu dem Schweigen der Aufmerksamkeit. „Laß die Inseln vor mir schweigen:“ schweiget, damit Gott zu euch sprechen möge; daß Gottes Wort in eurer Seele gehört werden möge; nicht bloß teilweise, sondern ganz; daß Gottes Geist gehört werde mit seinen sanften Mahnungen, die euch warnen, mit seinen segensvollen Erleuchtungen, die euch euer Selbst und euren Herrn offenbaren, mit seinen göttlichen Eingebungen, die euch zu größerer Hingabe und höherer Heiligkeit antreiben, und mit seinem göttlichen Beistande, der euch hinauf führt zu dem Pfad eines höheren Lebens, als ihr noch erreicht habt. O, es ist gut, stille vor dem Herrn zu sitzen, taub für jede Art von anderer Stimme, als die göttliche. Wir können nicht erwarten, daß er uns hört, wenn wir ihn nicht hören wollen. „Ich will hören,“ sagt der Prophet, „was Gott der Herr reden wird.“ Tut ihr das immer? Wenn ihr den Herrn habt zu euch reden hören, so werdet ihr bekennen, daß keine Stimme der seinen gleicht. Seid stille, bis ihr hört, wie des Herrn Wort allen euren Stolz, euren Eigenwillen und eure Selbstsucht niederschlägt und ihm allein die Ehre gegeben wird in jedem Teil eures Wesens.

Wenn ihr Aufmerksamkeit gelernt habt, schweigt mit Unterwerfung. Hierzu habt ihr die gnädige Hilfe des heiligen Geistes nötig. Es ist nicht so leicht, zu völliger Unterwerfung unter alles, was der Herr will, zu gelangen. Wir sind oft gleich dem harten Erz, das den Druck des Stempels nicht annehmen will, aber wenn wir wären, was wir sein sollten, würden wir wie geschmolzenes Wachs sein, das sogleich das Siegel aufnimmt, welches darauf gedrückt wird. O, daß wir ein Herz hätten, das ganz stille wäre, in allen eigenen Wünschen, Willen, Meinungen, oder Urteilen, so daß Gottes Sinn unser Sinn wäre, Gottes Wille unser Wille. Die Kirche würde bald von ihren Schmerzen geheilt und von ihren Spaltungen befreit sein, wenn sie eine Weile stille sein wollte; aber Einige hören die Stimme ihres Lieblingslehrers und andere horchen auf die Stimme eines anderen Meisters in Israel und so verhallt Gottes Stimme in dem Getöse der Sekten und dem Aufruhr der Parteien. O, daß die Kirche zu Jesu Füßen säße, ihre Vorurteile beiseite legte und das Wort in seiner Einfachheit und Ungeteiltheit empfinge und annähme, was Gott der Herr, und er allein, für Wahrheit erklärt. Ich bitte die Glieder dieser Kirche und fordere die Glieder aller Kirchen auf, dahin zu trachten, daß wir den Herrn anrufen um ein gesegneten Schweigen in seiner Gegenwart, bis wir sitzen wie die Knechte, die auf ihres Herrn Wort warten und stehen wie die Wächter, die auf ihres Herrn kommen harren, stille, ruhig, friedenvoll, ergeben, nein, übereinstimmend mit dem göttlichen Willen, aufmerkend, um jedes Wort zu hören, das von seinen Lippen fällt und entschlossen mit demütiger Entschlossenheit, zu tun, was immer der Herr fragen wird; sein Wort anzunehmen als Gesetz und Licht und Leben für unsere Seelen und nichts Anderes daneben. Der Herr sende dies heilige Stillschweigen jetzt über sein ganzes Volk.

II.

In diesem Schweigen laßt uns unsre Kraft erneuern. Das Geräusch verzehrt uns, das Schweigen nährt uns. Des Meisters Aufträge zu erfüllen, ist immer gut, aber zu des Meisters Füßen sitzen, ist ebenso notwendig; denn gleichwie bei den Engeln, „den starken Helden,“ entspringt unsere Kraft, seine Befehle auszurichten aus dem Hören auf die Stimme seines Wortes. Wenn ruhiges Nachdenken eine passende Bereitung selbst für eine Diskussion mit Menschen ist, wie viel mehr ist es denn nötig für das feierliche Rechten mit dem Ewigen? Nun laßt die tiefsten Regungen entsiegelt werden, laßt den Ernst der Ewigkeit seine Macht an uns üben, während alles still in uns ist.

Aber wie kommt es, daß solches Schweigen unsere Kraft erneuert? Es tut dies zuerst, indem es dem stärkenden Worte Raum läßt, in unsere Seele zu kommen und die Kraft des heiligen Geistes wirklich fühlbar macht. Worte, Worte, Worte; wir haben so viele Worte und sie sind nur Spreu, aber wo ist das Wort, das im Anfange Gott war und mit Gott war? Dieses Wort ist der lebendige und unvergängliche Same. „Wie reimen sich Stroh und Weizen zusammen? spricht der Herr.“ Wir brauchen weniger Menschenworte und mehr von ihm, der das Wort Gottes selber ist. Seid stille, seid still und laßt Jesum sprechen. Laßt seine Wunden zu euch sprechen; laßt seinen Tod zu euch sprechen; laßt seine Auferstehung zu euch sprechen; laßt seine Himmelfahrt und seine nachherige Herrlichkeit zu euch sprechen; und laßt die Posaune seiner zweiten Zukunft in euer Ohr tönen. Ihr könnt nicht die Musik dieser herrlichen Dinge vernehmen vor dem Rädergerassel der Sorgen und des eitlen Zankes streitsüchtiger Selbstweisheit. Seid stille, auf daß ihr Jesu Stimme höret, denn wenn er spricht, wird eure Kraft sich erneuern. Der ewige Geist ist mit seinem Volke, aber seine Kraft geht uns oft verloren, weil wir anderen Stimmen mehr Gehör geben, als der seinigen und ebenso oft tut unsere eigene Stimme uns Schaden, denn sie wird gehört, wenn wir keine Botschaft von dem Herrn erhalten haben, und gibt daher einen undeutlichen Ton. Wenn wir des heiligen Geistes harren wollen, so wird sein geheimnisvoller Einfluß uns göttlich durchdringen und wir werden mit aller Fülle Gottes erfüllt werden. Gerade, wie wir den Frost haben plötzlich weichen sehen vor dem Einfluß des warmen Südwindes, so wird unsere Lethargie schwinden vor seiner allmächtigen Energie. Wie oft habe ich gefühlt, daß mein eiserstarrtes Gemüt dem Hauche des heiligen Geistes nachgab. Ihr habt eine Wolke am Himmel dahin fliegen sehen, wie ihr meintet, gegen den Wind, getrieben von einem oberen Luftstrom, den ihr drunten nicht fühlen konntet, gerade so sind wir von oberen Luftströmen davon geführt, die Fleisch und Blut nicht verstehen können. Wir sangen mit Dr. Watts:

„Ach seht, wie wir am Staub hier kleben
Und an den Dingen dieser Zeit,
Die Seele kann sich nicht erheben
Zum Reich der ewigen Herrlichkeit!“

Aber wenn der heilige Geist kam, so konnte der Blitz selber uns nicht einholen; wir fuhren auf einem Cherub daher und flogen, ja, wir fuhren auf den Flügeln des Windes, denn Gott, der ewige Gott, hatte uns hinaufgerückt und mit seiner Kraft erfüllt. Seid still denn, damit der Geist so an euch wirken möchte. Laßt andere Geister weichen – laßt den Geist der Welt und den Geist des Fleisches und den Geist des einen Ichs verbannt sein und laßt den Geist des Hocherhabenen in eurer Seele sprechen, so werdet ihr euch stärken. Wir müssen schweigen, um unsere Kraft zu erneuern, ferner, indem wir das Stillschweigen benutzen, um zu erwägen, wer es ist, mit dem wir zu tun haben. Wir wollen mit Gott reden über die Schwachheit seiner Kirche und die Langsamkeit ihres Fortschrittes. Schweiget, damit ihr bedenkt, wer es ist, mit dem ihr rechtet. Es ist Gott, der Allmächtige, der seine Kirche mächtig machen kann, wenn er will, und das im Augenblick. Wir kommen jetzt, um mit Einem zu rechten, dessen „Hand nicht zu kurz ist und dessen Ohren nicht dicke geworden.“ Erneuert eure Kraft, indem ihr an ihn denkt. Wenn ihr an dem endlichen Siege des Christentums gezweifelt, erneuert eure Kraft, indem ihr bedenkt, wer es ist, der bei sich selber geschworen, daß alles Fleisch den Heiland sehen soll. Ihr kommt, um mit Jesu Christo zu rechten. Schweiget und gedenkt an die Wunden, mit welchen er die Menschheit erlöset hat. Können diese ohne ihren Lohn bleiben? Soll Jesu die Macht geraubt werden, die er so teuer erworben? Die Erde ist des Herrn und er wird sie hinauswinden aus den Nebeln, die ihren Glanz beim Falle getrübt haben und er wird diesen Planeten so hell scheinen lassen, als da er zuerst aus den Händen des allmächtigen Schöpfers hervorging. Es wird ein neuer Himmel sein und eine neue Erde, in welchen Gerechtigkeit wohnet. Denkt daran und stärket euch. Hat nicht der Herr von seinem geliebten Sohne gesprochen, daß er die Starken zum Raube haben und daß des Herrn Vornehmen durch seine Hand fortgehen soll? Soll es nicht so sein? Gedenkt auch daran, daß ihr im Begriff seid, den Heiligen Geist anzurufen; und da habt ihr wiederum dieselben göttlichen Eigenschaften. Was kann der Geist Gottes nicht tun? Er sandte die feurigen Zungen am Pfingstfeste, und Parther, Meder und Elamiter und Männer aller Nationen hörten sogleich das Evangelium. Er brachte dreitausend Herzen durch seine Predigt dahin, den gekreuzigten Heiland als den Messias zu erkennen. Er sandte die Apostel gleich Flammenzungen über die ganze Erde, bis jedes Volk ihre Macht fühlte. Er kann das Gleiche wiederum tun. Er kann die Kirche aus der Dunkelheit in das Mittagslicht bringen. Laßt uns unsere Kraft erneuern, wenn wir daran denken. Das Werk, in Betreff dessen wir rechten wollen, ist nicht halb so sehr unser, als Gottes Werk; es ist nicht in unseren Händen, sondern in Händen, die nicht ermatten können; darum laßt uns unsere Kraft erneuern, wenn wir schweigend nachsinnen über den dreieinigen Jehova, mit dem wir zu sprechen haben.

In schweigender Stille laßt uns auch stärken, indem wir seiner Verheißungen gedenken. Wir wünschen, die Welt zu Gott bekehrt zu sehen und er hat gesprochen: „Die Erde wird voll werden von Erkenntnis der Ehre des Herrn, wie Wasser, das das Meer bedeckt.“ „Die Herrlichkeit des Herrn soll geoffenbart werden; und alles Fleisch miteinander wird sehen, daß des Herrn Mund redet.“ „Vor ihm werden sich neigen die in der Wüste und seine Feinde werden Staub lecken.“ „Und mit den Götzen wird’s ganz aus sein.“ – Da sind tausend Verheißungen. Laßt uns daran denken, und wie schwierig das Unternehmen auch sein mag und wie dunkel unsere gegenwärtigen Aussichten, wir dürfen es nicht wagen, zu zweifeln, wenn Jehova gesprochen und sein Wort verpfändet hat. Unsere Kraft wird erneuert werden, ferner, wenn wir schweigen und vor Gott alle unsere eigene Weisheit aufgeben. Brüder, ich bin nie so voll als wenn ich leer bin; ich bin nie so stark gewesen, als in der äußersten Schwachheit. Die Quelle unserer schlimmsten Schwäche ist unsere angeborene Stärke und die Quelle unserer schlimmsten Torheit ist unsere persönliche Weisheit. Herr, hilf uns, stille zu sein, bis wir unser selbst abgeschworen, bis wir gesagt haben: Herr, unsere Art des Wirkens kann nicht mit deiner Weise verglichen werden, lehre uns, wie wir wirken müssen: Herr, unser Urteil ist schwach, verglichen mit deinem vollkommenen Urteil; wir sind Toren, sei du unser Lehrer und Führer in allen Dingen. Zermalme alle unsere eingebildete Stärke und mache uns den Würmern gleich, wie das Würmlein Jakob, das du zum scharfen, neuen Dreschwagen machen willst, der Berge zerbrechen soll (Jes. 41,15). In dieser Weise werdet ihr eure Kraft erneuern.

Schweiget still denn, ihr Heiligen, bis ihr eure Torheit und eure Schwäche gefühlt habt und dann erneuert eure Kraft aufs Herrlichste, indem ihr euch selber auf die Kraft Gottes werfet. Mehr als je vorher laßt euer Innerstes erfüllt sein in dem Arm, der niemals sinken läßt, in der Hand, die niemals ihre Geschicklichkeit verliert, in dem Auge, das nimmer sich schließet, in dem Herz, das niemals wanket. Jehova wirkt überall und Alles muß ihm dienen. Er wirkt im Lichte und wir sehen seine Herrlichkeit; aber er wirkt ebenso sehr in der Finsternis, wo wir ihn nicht wahrnehmen können. Seine Weisheit ist zu tief, um jederzeit von sterblichen Menschen verstanden zu werden. Laßt uns geduldig sein und seine Zeit erwarten, denn so wahr Gott lebet, die Götzen müssen untergehen, der Halbmond Mohammeds muß auf immer verschwinden und die Hure der sieben Hügel muß mit Feuer verzehrt werden, denn der Herr hat es gesagt und so muß es sein; Jehova hat es erklärt und wer wird ihm widerstehen? Mit nicht mehr Zweifel an unseres Vaters Macht, als das Kind an seiner Mutter Brust, an seiner Mutter Liebe hat; mit nicht mehr Zweifel, als ein Engel vor dem Throne an Jehovas Majestät haben kann, laßt uns, jeder in seiner Weise, uns hingehen, um zu leiden und zu arbeiten für die große Sache Gottes und uns wohl versichert halten, daß weder Arbeit noch Leiden in dem Herrn vergeblich sein kann.

So viel denn über das Erneuern unserer Kraft. Ich möchte, wir hätten eine Viertelstunde Stille haben können, um über diese Gegenstände nachzudenken, aber ich überlasse sie euch nun und hoffe, ihr werdet diese Stille zu Haufe suchen und so eure Kraft erneuern.

III.

Unser Text heißt weiter: „Laßt sie herzutreten.“ Geliebte, ihr, die ihr den Herrn kennt, ich möchte in euch dringen, herzu zu treten. Ihr seid stille, ihr habt eure Kraft erneuert, nun erfreuet euch kühn des Zutritts. Die Stellung, in welcher wir für Andere Fürbitte tun, ist nicht die der Entfernung von Gott, sondern die einer großen Nähe. So trat Abraham vor Gott, als er für Sodom und Gomorrha bat. Möge Gott der heilige Geist uns eben jetzt näher ziehen; vielleicht werden die folgenden fünf Erwägungen uns darin helfen.

Laßt uns bedenken, wie nahe wir ihm wirklich sind. Wir sind von jeder Sünde in dem kostbaren Blute Jesu gewaschen; wir sind in diesem Augenblick vom Haupte bis zu den Füßen bekleidet mit der fleckenlosen Gerechtigkeit Immanuels, Gott mit uns; wir sind angenommen in dem Geliebten; ja, wir sind in diesem Augenblick Eins mit Christo und Glieder seines Leibes. Wie könnten wir näher sein? Wie nahe ist Christus Gott? So nahe sind wir! Tretet nahe in eurer persönlichen Fürbitte, denn ihr seid nahe bei eurem Repräsentanten. Der Herr Jesus hat die menschliche Natur in die Bereinigung mit der göttlichen aufgenommen und nun ist zwischen Gott und dem Menschen eine besondere Verwandtschaft, die ihres Gleichen in dem ganzen Universum nicht hat. Es gibt keine wirkliche Blutsverwandtschaft zwischen Gott und irgendeinem anderen Geschöpfe, als dem Menschen, denn „er nimmt nirgends die Engel an sich, sondern den Samen Abrahams nimmt er an sich.“ „Zu welchem Engel hat er jemals gesagt: du bist mein Sohn, heute habe ich Dich gezeugt?“ und doch hat er dies zuerst und vor Allem zu dem Herrn Jesu Christo gesagt; und dann, in einem wahren, aber untergeordnetem Sinne, zu jedem Wiedergeborenen, den er „gezeugt hat nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit.“ Kommt nahe denn, o ihr Kinder Gottes, kommt nahe, denn ihr seid nahe. Steht da, wo eure Kindschaft euch hinstellt, wo euer Repräsentant steht und euch vertritt. Laßt die Sklaven des Fleisches und die Knechte des Gesetzes in der Ferne stehen vor dem Herrn, der vom Sinai zu ihnen redet; aber wir, – unsere Freude ist es, recht nahe zu kommen, denn die Stimme der Liebe redet zu uns von Golgatha.

Die nächste Erwägung, die euch helfen kann, nahe zu treten, ist die: ihr kommt zu einem Vater. Das war ein gesegnetes Wort unseres Herrn: „Der Vater selbst hat euch lieb.“ Gott verhüte, daß ich ein Wort sage, um euch von der Herrlichkeit und Majestät Gottes geringer denken zu lassen; aber ich bitte euch, denkt daran, wie groß und furchtbar er auch ist, ist er doch unser Vater. Mir sind jene Worte unseres Dichters so lieb:

„Der Gott, der in der Höh gebeut,
Der auf des Sturmes Flügeln fährt,
Der mit des Donners Stimme dräut
Und der erregt das wilde Meer:
Der Furchtbare ist unser Gott,
ist unser Vater, unsre Lieb.“

So gewiß mein irdischer Vater mir nahe verwandt ist, und ich mit liebender Vertraulichkeit zu ihm kommen darf, so gewiß darf ich dem Herrn nahen, der mich „wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten,“ und ich darf zu ihm sagen: Abba, lieber Vater, und er wird den Ruf nicht unbeachtet lassen. Hat er uns nicht den Geist der Kindschaft gegeben? Wie kann er das verachten was er gibt? Komm denn und sprich in deines Vaters Ohr. O Kind Gottes, du redest nicht mit einem Fremden, du bist nicht im Begriff, mit einem Feinde zu debattieren, du suchst nicht den Segen einer unwilligen Hand zu entwinden. Es ist dein Vater, zu dem du sprichst. Trete zu ihm, ich bitte dich, und rechte heute mit ihm.

Gedenket ferner daran, daß das Verlangen nach der Verherrlichung Gottes und der Ausbreitung seiner Kirche in eurem Herzen ein Verlangen ist, das der heilige Geist dahinein geschrieben hat. Nun, wenn der heilige Geist selber das Gebet eingibt und er den Sinn Gottes kennt, wenn er uns vertritt, „nachdem, das Gott gefällt,“ brauchen wir kein Bedenken zu haben, unsere Wünsche auszudrücken, denn unsere Wünsche sind einfach der Schatten des ewigen Ratschlusses; und der Geist Gottes hat uns geneigt gemacht, das zu erbitten, was Gott immer im Sinne hatte, uns zu geben. Wahres Gebet ist der Fingerzeig Gottes für den Menschen, daß er die Absicht hat, ihn zu segnen. Es ist der Herold der Gnade. Bete denn, o Kind Gottes, denn der Geist Gottes betet in dir. Komm und sprich aus, was er in dir spricht. Er hilft unserer Schwachheit auf und vertritt uns aufs Beste. Wenn der Geist uns treibt, was kann dann für ein Grund zum Zaudern sein? Wir müssen eilen, wenn er uns das Gebet eingibt.

Denkt dann noch daran, daß das, was wir bitten, wenn wir nun mit Gott über die Angelegenheiten seines Reiches rechten wollen, seinem eignen Sinn gemäß ist. Wir sind Eins mit Gott in dieser Sache. Diente es nicht zur Verherrlichung Gottes, daß Sünder bekehrt werden, so würden wir nicht darum beten. Wir wünschen, Tausende von Sündern sich zu Christo kehren zu sehen, aber es ist mit dem Gedanken, daß die unendliche Barmherzigkeit, Weisheit, Macht und Liebe Gottes an ihnen offenbar wird und so Gott gepriesen werde. Wahrlich, so sehr auch unser Herz das Gedeihen der Kirche Gottes wünscht, wenn es denkbar wäre, daß solches Gedeihen Gott nicht verherrlichte, so wollten wir nicht darum bitten. Wir wünschen nicht unsere Ideen, sondern Gottes Wahrheit herrschen zu sehen. Ich wünsche nicht, daß ihr glaubt, was ich glaube, ausgenommen so weit dieser Glaube Gottes Sinne gemäß ist. Ich bitte jeden Gläubigen hier, sein Herz zu erforschen und zu sehen, ob sein Wunsch ein reiner sei, der Gottes Ehre zu seinem Alpha und Omega hat. Es ist Gottes Wahrheit, Gottes Reich, Gottes Ehre, die wir gefördert sehen wollen. Wenn dies der Fall ist, können wir nicht mit großer Kühnheit kommen? Wir haben nicht nur des Königs Ohr, sondern auch sein Herz und wir können unseren Mund weit auftun. Wenn uns des Herrn Wille fraglich ist, sind wir verbunden, nicht weiter zu gehen, als: „doch nicht, wie ich will;“ aber wo kein Grund zu bedenken vorliegt, mit welcher heiligen Inbrunst können wir da auf unsern Wunsch dringen!

Überdies ist noch eine andere Erwägung; der Herr liebt es, wenn man ihn anruft. Er hätte uns alle Segnungen seines Bundes ohne Gebet verleihen können; weshalb triebe er uns an, ihn zu bitten, wenn es nicht wäre, weil er es liebt, die Stimme seiner Kinder zu hören? Gott hat der Kirche unzählbare Gaben als Antwort auf ihre Fürbitte gegeben, denn es ist seine Freude, sein Volk an dem Gnadenstuhl zu segnen. In dieser unsrer eignen geliebten Kirche ist das Gebet „viel herrlicher und mächtiger gewesen, denn alle Raubberge.“ (Ps. 76,5) Sein Bogen ist nicht leer zurückgekehrt, noch ist sein Schild weggeworfen. Das Gebet ist kühner als der Löwe gewesen, schneller als der Adler und hat alle seine Gegner niedergeworfen und sie unter seine Füße getreten, wie Stroh für den Dunghaufen getreten wird. Bis auf diesen Tag leben wir durch Gebet. Die Kirche hat nie anders einen Sieg gewonnen, denn als eine Erhörung auf ihre Gebete. Ihre ganze Geschichte dient zum Preise der Herrlichkeit eines Gebet-hörenden Gottes. Kommt denn, Brüder, wenn wir früher so gnädig erhört sind, und wenn Gott uns nun einlädt, ja, wenn er sich unsrer Bitten erfreut, laßt uns nicht zaudern, sondern um mehr und Größeres flehen. O, daß wir Gnade hätten, heute und von jetzt an recht nahe zu Gott zu kommen.

IV.

Ich werde vielleicht ein paar Minuten über die gewöhnliche Zeit heute Morgen brauchen, wenn ich nun zu dem vierten und letzten Punkt komme, welcher ist: „Laßt uns reden.“ Schweiget, stärket euch, tretet herzu und dann redet. Was haben wir zu sagen über die Sache, die uns auf dem Herzen liegt? Laßt uns erst in dem Geiste anbetender Dankbarkeit sprechen. Wie lieblich ist es, zu denken, daß der Plan, diese arme Welt aus ihrem Verderben zu erretten, überhaupt je in den Räumen des Himmels entworfen ist; zu denken, daß der Geist gegeben ist, um bei den Menschen zu wohnen, um das Herz der Väter zu den Kindern zu bekehren und die Aufrührer zum Gehorsam gegen die Wahrheit! Zu denken, daß ein Himmelreich gestiftet ist, wie es geschehen ist; daß es solche Fortschritte gemacht hat, wie es gemacht hat und noch mächtig machen wird! Daß Jesus Christus „erschienen ist den Engeln,“ steht als ein Wunder verzeichnet, aber gleich daneben, daß er „geglaubet ist von der Welt,“ Millionen haben an ihn geglaubt, und wie trübe auch die Aussichten der Kirche erscheinen mögen, das Reich Christi ist kein unbedeutendes Reich, nicht einmal jetzt. Die welche sie verspotten, lachen zu früh. Sie ist in ihrem Zwielicht, wie Voltaire sagte, aber es ist das Zwielicht ihres Morgens, nicht das ihres Abends. Hellere Zeiten werden kommen; aber selbst jetzt, bis auf diesen Augenblick, kann die Geschichte der Kirche nicht ohne anbetende Dankbarkeit gegen Gott erzählt werden. Sie ist töricht gewesen und hat ihre Kraft verloren, aber diese wird gleich der Simsons, wiederkehren. Getäuscht und verführt in den Tagen Constantins gestattete sie diesem getauften Heiden, eine ehebrecherische Verbindung zwischen Staat und Kirche zu proklamieren und von dem Tage an ist ihre Herrlichkeit von ihr gewichen und ihre Macht ist entflohen. Wann wird sie Buße tun? Die Namens-Kirche läuft ihren Buhlen nach, sucht ihr Korn und ihren Wein von ihrer Hand und spricht zu den Königen und Königinnen der Erde: „Seid ihr mein Haupt und lasset eure Senatoren mich regieren.“ So lange sie dies tun, kann und wird Gott sie nicht in irgend einem großen Maße segnen. Wann wurde die Bundeslade genommen? Niemals bis dahin, wo sie durch das fleischliche Schwert verteidigt wurde. Wann triumphierte die Bundeslade? War es nicht, da sie allein in ihrer eignen Herrlichkeit gelassen wurde, als sie Dagon zu Boden warf? Wenn die sichtbare Kirche zu ihrer keuschen Treue gegen Christus zurückkehrt, wird sie sagen: „Wir haben nichts zu tun mit Parlamenten und Königen, ausgenommen, sie zu bekehren; unser ist ein geistliches Reich und Staatsklugheit ist ihm fremd. Wir bitten nicht um eure Besoldungen, wir kümmern uns nicht um eure Verfolgungen; laßt uns in Ruhe; alles, was wir verlangen, ist freier Raum und keine Gunst.“

Die Braut Christi kommt nicht in die Welt, um mit der Politik der Fürsten zu tändeln; ihr Werk ist ein höheres. Sie stützt sich auf den Herrn allein und leistet keinem Andern Huldigung. Tut die Weltlichkeit ab und ihr werdet helle Tage sehen; das große Hindernis der Kirche ist jetzt der Arm des Fleisches, die stolzen hochklingenden Titel ihrer Prälaten, die Paläste ihrer Bischöfe – staunet, ihr Himmel, daß die Nachfolger der Apostel Paläste als ihr Eigentum besitzen! – die Priesterlichkeit ihrer Diener und der Mangel an evangelischer Einfachheit. Dies hindert sie, aber macht die Kirche davon frei und der Herr wird seinen Arm offenbaren und bald der Wahrheit den Sieg in diesem Lande gewinnen. Ich für mein Teil lobe und preise den Herrn, daß er, obgleich ein großer Teil der sichtbaren Kirche so traurig in der Mitte der Völker die Hure gespielt, sie doch noch nicht ganz verworfen hat. Er bewahrt sich eine auserwählte Schar, die dem Lamme folgen, da es hingehet; auf deren Banner geschrieben stehet: „Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe;“ und unsere Parole ist: „Einer ist unser Meister, Christus, und wir sind alle Brüder.“ Was die Welt betrifft, so wollen wir ihre Bekehrung suchen, aber wir wollen niemals in ein Bündnis mit ihr treten, viel weniger noch unsern Nacken beugen vor ihren Königen und Fürsten. Möge Gott uns Gnade verleihen, wenn wir zu ihm treten, daß wir mit Anbetung zu ihm reden.

Darnach, laßt uns reden mit demütiger Klageführung. Ich möchte meine Brüder in Christo ernstlich bitten, so beim Herrn Klage zu führen: „O Herr, deine Wahrheit macht keine großen Fortschritte in diesem Lande und du hast doch gesprochen: „Mein Wort soll nicht leer zu Dir zurückkehren.“ Herr, du wirst jeden Tag gelästert und du hast doch gesagt, alles Fleisch solle deine Herrlichkeit sehen. Herr, sie richten Götzen auf, selbst in diesem Lande, wo deine Märtyrer gebrannt haben, richten sie „Bildnisse“ wiederum auf. Herr, reiße sie nieder, um deines Namens willen, um deiner Ehre willen, wir bitten dich, tue es. Hörest du nicht den Feind triumphieren? Sie sagen, daß das Evangelium sich ausgelebt habe. Sie sagen uns, daß wir die Überbleibsel eines veralteten Geschlechtes seien; daß der Fortschritt der Kultur den alten Glauben hinweggefegt habe. Willst du, daß es so sein soll, gütiger Herr? Soll das Evangelium als ein ausgebrauchter Almanach betrachtet werden, und sollen sie ihre neuen Evangelien an seine Stelle setzen? Seelen gehen verloren, o Gott der Barmherzigkeit! Die Hölle füllt sich, o Gott des unendlichen Erbarmens! Jesus sieht nur Wenige, die zu ihm gebracht und in seinem kostbaren Blute gewaschen werden. Die Zeit fliegt und jedes Jahr vermehrt die Zahl der Verlorenen! Wie lange, o Gott, wie lange? Warum verziehest du?

In dieser Weise legt eure Sache vor Gott dar und er wird hören.

Wenn ihr so Klage geführt, dann beginnt zu flehen. Fleht und braucht all eure Geschicklichkeit in Gründen. „Da ist deine Verheißung, o Jehova; willst du sie nicht halten? Du hast zu deinem Sohn gesprochen: Bitte mich, so will ich dir die Heiden zum Erbe geben und der Welt Ende zum Eigentum. Wir bitten es in Jesu Namen. Tue es um deiner Verheißung willen. Herr, du hast große und unaussprechliche Dinge in vergangenen Zeiten getan: wir haben mit unsern Ohren gehört und unsre Väter haben uns die wunderbaren Dinge erzählt, die du in ihren Tagen tatest und in der alten Zeit vor ihnen; du bist derselbe Herr, deshalb verherrliche dich wiederum. Bei der ganzen Vergangenheit bitten wir dich, offenbare dich jetzt in der Gegenwart.“ Flehet Gott an und legt Nachdruck auf seine Herrlichkeit. Sagt ihm, jede Eigenschaft seiner göttlichen Natur. Dann macht das Verdienst seines Sohnes geltend. O Brüder, macht das Blut geltend, die Wunden, den blutigen Schweiß in Gethsemane, macht das Kreuz geltend, den Tod und die Auferstehung und geht nicht weg von dem Gnadenstuhl, ehe ihr mit diesen mächtigen Gründen den Sieg gewonnen habt.

Ich brauche euch nicht daran zu erinnern, bei wie manchen Punkten ihr den Bundesengel erfassen könnt; wenn ihr mit ihm ringet, könnt ihn überall ergreifen und festhalten, wenn ihr nur den Willen habt, es zu tun, und zu sagen: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Ich wünschte ich könnte predigen, wie John Knox, aber ich wünsche zehn mal mehr, ich könnte beten, wie er, – ein Mann, der kein „Nein“ als Antwort nehmen wollte, sondern Schottland für Christum gewann, und es ist noch immer Christi Eigentum geblieben durch das Gebet von John Knox. Es ist nicht möglich, daß der Prälatenstand blüht, wo Knox. gebetet hat. O, daß wir solches Gebet wiederum hätten. König der Könige, willst Du nicht dein Zepter ausstrecken und Menschen erretten? Willst du nicht dein Schwert aus der Scheide ziehen und deine Feinde schlagen? Es gibt einige Männer, zu denen Gott beinahe sagen könnte, wie er zu Moses sagte: „Laß mich.“ Ihnen ist die Gabe geworden, so starke Beweise zu brauchen und so überzeugende Bitten, daß der Zorn zurückgehalten wird und die Barmherzigkeit den Segen gewährt. Wenn wir, wie Moses, vorwärts dringen mit erneuten Klagen und Bitten, wird der Segen kommen. Dies ist es, was England, ja, die Welt, nötig hat – Männer, die mit Gott rechten können, Männer, die nahe herzu treten und dann reden können.

Wiederum, liebe Brüder, nachdem wir geschwiegen, nachdem wir uns gestärkt und nachdem wir nahe herzu getreten sind, laßt uns heute reden mit Hingabe unsrer selbst. Hier kann ich nun keinem raten, was er im Besondern reden soll. Ich beschwöre euch bei dem lebendigen Gott, lüget nicht vor ihm, aber wenn ihr es sagen könnt, so bitte ich euch, sagt dies: – „Ich gebe Gott heute mein ganzes Wesen, unbedingt und auf immer, meinen Leib, meine Seele, meinen Geist. Ich habe gebetet, daß sein Reich kommen möge: – ich verpflichte mich vor seinem Angesicht, dies Reich auszubreiten mit aller Kraft, die ich besitze oder fähig bin, zu erlangen, bei jeder Gelegenheit, die mit geboten wird und mit allen Mitteln, die ich zu brauchen im Stande bin.“ Ich glaube nicht, daß Jesus weniger von uns haben sollte, als dies, aber ich weiß, er bekommt viel weniger. Vielleicht bewegt der Herr einige von euch jungen Männern zu sprechen: „Herr, ich möchte dein Reich sich ausbreiten sehen und deshalb will ich mich der Predigt des Evangeliums widmen.“ Vielleicht sagen einige von euch guten Frauen hier: „Ich will ein nützliches Werk einer oder der anderen Art für Jesus unternehmen; ich bin entschlossen, ich will.“ Und ihr, die ihr dieser Welt Güter habt, ich hoffe, ihr werdet sagen: „Ich weiß, daß dies gute Werk immer Geld braucht, ich habe es, es soll gerne gegeben werden. Wenn ich sehe, daß das Evangelium sich nicht ausbreitet, so will ich nicht den Gedanken auf meiner Seele haben, daß es aus Mangel an pekuniären Mitteln aufgehalten wird, während ich Gold aufgelegt habe.“ Ich will niemandem von euch mehr sagen als dies – was immer der Herr euch bewegt zu tun, tut es; aber ich meine, wenn wir kommen, mit dem Herrn auf diese Weise zu rechten, müßten wir fähig sein, zu sagen: „Herr, breite dein Reich aus; es ist nicht mein Fehler, wenn es sich nicht ausbreitet. Ich tue für dich alles, was ich kann. Ich rühme mich dessen nicht, denn alles, was ich tue, bin ich zu tun schuldig und ich wünsche, ich könnte tausendmal mehr tun; aber doch, Herr, während dieses Jahrs der Gnade hoffe ich viel für dich zu tun, was ich bisher vergessen haben mag.“

Zuletzt von Allem, Brüder, laßt uns mit Zuversicht reden. Wie wir auch über die Ausbreitung des Irrtums klagen mögen, über den Tod guter Männer und die geringe Zahl fähiger Prediger, um an ihre Stelle zu treten; wie dunkel und traurig uns auch die Zeiten erscheinen mögen, laßt uns nimmer sprechen, als wenn Gott tot wäre. Ich ging vor einiger Zeit mit einem der ernstesten Christen, welche ich kenne, einem sehr frommen Manne, der mir sagte, er fürchte, eines Tages werden in den Straßen von London Ströme Blutes fließen. Er fürchtete eine gebildete Demokratie, ununterrichtet in der Religion in den Schulen des „School Board.“ Alle würden kluge Atheisten werden, die alle Furcht vor Gott und dem Gesetz abwerfen würden; und er machte mir ein furchtbares Bild von dem, was geschehen würde. Aber ich berührte seinen Arm und sagte: „Da ist Eins, was Sie vergessen haben, lieber Freund: Gott ist noch nicht tot. Was sie erschreckt, wird nie in diesem Lande geschehen, dessen bin ich gewiß. Wir haben eine offene Bibel, wir haben noch immer Einige, die von ganzem Herzen das Evangelium predigen, und es ist noch ein Salz und ein Sauerteig in der Stadt London, was Gott segnen wird, so daß es die Fäulnis und Verwesung niederhält. Trotz aller seiner Feinde regiert doch der Herr.“ Wie, meine Freunde, sollte der Teufel unsern Gott überwinden? Niemals. Rom über Zion triumphieren? Niemals. Rom ist sehr verschlagen gewesen; der Teufel hat sein Bestes getan in dem römischen Katholizismus; da ist keine Weisheit mehr übrig im Teufel, die er nicht in dieser Sache gebraucht hat und wenn die zerstört ist, so hat er Alles verloren. Das ist sein Ultimatum, der Lauf der höllischen Kunst kann nicht weiter gehen. Er hat all seine Kraft an die Kirche Roms gesetzt und es ist gewiß, daß diese vor der Kirche Christi dahin getrieben wird, wie die Spreu vor dem Winde. Sie werden fragen und sprechen: „Wo ist diese Stadt, die Hure, welche die Völker trunken machte mit dem Weine ihrer Hurerei, die auf dem rosinfarbenen Tier die Erde auf und abgeritten ist und hatte an ihrer Stirn geschrieben: ‚das Geheimnis, die große Babylon, die Mutter der Hurerei’?“ Vergeblich wird es sein, zu fragen, wo ist sie? Denn man wird antworten: „Hörtet ihr nicht das Getöse des Mühlsteins, als der Engel ihn in die Flut warf und sprach: Also wird mit einem Sturm verworfen werden die große Stadt Babylon und nicht mehr erfunden werden.“ Dann wird der Jubel aufsteigen: „Halleluja, Halleluja, der HErr, der Allmächtige herrschet.“ Laßt uns der Stunde im Voraus uns freuen. Schon jetzt laßt uns jauchzen: „Halleluja, Halleluja“ und wiederum laßt uns sagen: „Halleluja, der Herr regiert und Alles muß wohlgehen.“

Amen.