Seit über zwanzig Jahren besucht Gerhard Trabert mit seinem Arztmobil Wohnungslose und Arme. Der gläubige Christ behandelt die Menschen, die nicht zum Arzt gehen können. Gratis. Er sagt: «Armut macht krank, und Krankheit macht arm.» Der Kampf gegen diesen Teufelskreislauf ist seine Lebensaufgabe.

Hunderttausende haben in Deutschland keine Krankenversicherung. Weil sie aus der privaten Krankenkasse geflogen sind, weil sie ohne Papiere in Deutschland leben oder mit der Bürokratie hadern. Etwa 52’000 Menschen leben dauerhaft auf der Strasse.

Während die meisten wegschauen, wenn sie solchen Menschen begegnen, macht sich Gerhard Trabert seit mehr als zwanzig Jahren auf den Weg und kümmert sich ehrenamtlich um die Armen mitten im reichen Deutschland. Er versorgt sie nicht nur medizinisch, der gläubige Christ begegnet den Menschen auf Augenhöhe, voll Wertschätzung und Nächstenliebe.

Wie ein roter Faden…

Gerhard Trabert besucht seit über zwanzig Jahren Wohnungslose und Arme.

Schon als Kind entwickelt Trabert eine besondere Sensibilität für soziale Gerechtigkeit. Oft begleitet er seinen Vater ins Waisenhaus, wo der als Erzieher arbeitet. «Ich habe immer miterlebt, dass es vielen Menschen schlechter geht als mir», erklärt der Arzt. Früh nimmt er sich vor: «Wenn ich gross bin, lasse ich solche Ungerechtigkeiten nicht mehr zu!»

In den Siebzigern studiert er Sozialarbeit und arbeitet erstmals ehrenamtlich mit Wohnungslosen. Mit 27 Jahren beginnt er ein Medizinstudium und hospitiert in einem indischen Lepra-Krankenhaus. Dort bekommt er mit, dass Ärzte auch zu Patienten gehen. Fasziniert bringt er diese Idee mit nach Deutschland und wird Streetworker und Arzt zugleich.

650 Patienten, 3’500 Gespräche

Mehrmals die Woche fährt Gerhard Trabert mit dem Arztmobil durch Mainz. Er kennt die Orte, an denen sich Arme und Wohnungslose treffen: Sein Einsatzgebiet sind Einkaufsstrassen, Brücken und Obdachlosenheime. «Die Leute wissen, dass ich komme, und verlassen sich drauf», sagt er. Im Jahr hat er rund 650 Patienten und rund 3’500 Behandlungsgespräche. Dankbar kriechen die Patienten aus ihrem Unterschlupf und Trabert kümmert sich nicht nur um die körperlichen Belange, sondern auch um die seelischen. «Ich weiss, ich kann nicht jedem helfen. Aber ich kann meine Patienten wertschätzen, sodass sie wieder an sich selbst glauben können.»

Damit sich auch Mittellose die nötigen Medikamente kaufen können, hat Gerhard Trabert den Verein «Armut und Gesundheit in Deutschland» gegründet, der sich durch Spenden finanziert. Zudem hat er eine medizinische Ambulanz ins Leben gerufen, wo Zahnärzte, Internisten, Chirurgen und Gynäkologen ehrenamtlich Patienten behandeln. Auch sein eigenes Engagement ist komplett ehrenamtlich. Hauptberuflich doziert Trabert als Professor für Sozialmedizin an einer Hochschule in Wiesbaden.

Auf Augenhöhe mit seinen Patienten

Immer wieder geht Trabert in die Hocke, um ganz nah an seinen Patienten zu sein – auch wenn es mal nach Bier, Zigaretten oder noch Üblerem riecht. Er will mit den Menschen auf Augenhöhe sein. ‘Gleichwürdigkeit’ nennt er das und erklärt, dass alle Menschen von gleichem Wert sind. «Man muss die Leute ernst nehmen. Dann öffnen sie sich.» Und das sei dann das Geschenk an ihn, so der Christ. «Die Beziehungen zu meinen Patienten sind sehr intensiv und authentisch. Materialismus und Small Talk spielen keine Rolle. Das ist wohltuend.»

Wenn ich an meine Grenzen komme, trägt Gott

Doch nicht nur in Deutschland hilft Gerhardt Trabert den Armen, immer wieder macht er Hilfseinsätze in Krisengebieten wie in Syrien, auf die Insel Lesbos oder in den Irak. «Bei meiner Arbeit kommt man immer wieder an seine Grenzen. An den Punkt: hier kann ich nichts machen, nichts managen, nichts regeln und schon gar nichts in den Griff kriegen. Hier muss ich alles loslassen, was ich mir vorgenommen habe. In solchen Phasen, wo ich genau weiss, ich kann jetzt nichts mehr kontrollieren, sage ich: ‘Okay, ich weiss aber um dich Gott, um dieses Getragenwerden. Ich gebe jetzt einfach mal den Anspruch ab, immer alles bestimmen zu können. Ich lass mich auf die Situation ein, ich lass mich fallen.’ Und ich muss sagen, ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich mich immer von Gott getragen gefühlt habe. Das ist eine unheimliche Erkenntnis, eine Sicherheit, ein Glücksgefühl.»

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Quelle: Jesus.ch