Andreas Latossek
Kirche am Bahnhof, 15.10.2023
Zwischen Ruhe und Aktion –
Zu beschäftigt um Jesus zu folgen?
Das Video zur Predigt finden Sie hier
- Der Wecker klingelt.
- Schnell meine Nachrichten checken.
- Ab ins Bad.
- Mal eben aufs Handy schauen.
- Brot schmieren,
- zwischen Tür und Angel noch was essen.
- Noch schnell Stefan schreiben.
- Mist, wieder etwas spät.
- Ab ins Auto, etwas zu schnell, was macht denn die Schnarchnase vor mir, Ich muss doch zur Arbeit.
- Puh, gerade rechtzeitig.
- Noch schnell aufs Handy schauen.
- Man, schon wieder 10 neue Nachrichten.
- Besprechungen, Deadlines, Arbeitsaufträge vom Chef bearbeiten.
- Noch was Zusätzliches.
- Ob ich länger bleiben kann.
- Keine Ahnung, wird schon irgendwie gehen.
- Gleich mit Melanie verabredet.
- Zwischendurch noch Wäsche machen.
- Mist, wo ist denn mein Handy schon wieder.
- Meine Wohnung müsste auch mal wieder aufgeräumt werden. Egal.
- Dann ins Fitnessstudio.
- Auf dem Stepper die neueste Serie geschaut, Karl und Jürgen angerufen.
- Autsch, ich werde auch älter.
- Die Gewichte waren auch mal leichter.
- 5 Minuten unter der Dusche entspannt.
- Abends im Bett noch schnell ein paar Nachrichten gecheckt, was wieder alles los ist in der Welt.
- Ich kann nicht schlafen.
- Gehe im Halbschlaf den Tag morgen durch, und das nächste Wochenende.
- Ach, hab ganz vergessen, in der Bibel zu lesen.
- Naja, Jesus, du verstehst schon.
- Mein Tag war so voll.
Ich weiß nicht, ob euch das bekannt vorkommt.
Wir starten heute mit einer auch für mich sehr herausfordernden Gottesdienstserie, die wahrscheinlich fast jeden von uns betrifft:
Zwischen Ruhe und Aktion.
Und wir werden uns bis Mitte November mit verschiedenen Themen dazu beschäftigen.
Wir leben in einer Zeit, die von Schnelligkeit und Hektik geprägt ist.
Es fällt uns schwer, äußerlich und innerlich zur Ruhe zu kommen. Immer mehr Menschen fühlen sich erschöpft und nicht ausgeruht.
Dabei haben doch Zukunftsforscher vorausgesagt, dass wir in der heutigen Zeit so entspannt sein werden wie niemals zuvor und so wenig zu tun haben wie noch nie in der Geschichte der Menschheit.
Der Gründer meines früheren Arbeitgebers ist beispielsweise angetreten, um Hausfrauen Entlastung zu schaffen. Und so gab es einen Haufen Erfindungen, um uns das Leben einfacher zu machen, dass wir vieles nicht mehr machen brauchen, weil es uns von Maschinen abgenommen wird. Das Ergebnis ist: Wir füllen unsere Zeit mit anderen Dingen.
Angefangen hat es eigentlich im Jahr 1370, als in Köln der erste öffentliche Uhrenturm errichtet wurde. Davor war die Zeit natürlich. Sie war gekoppelt an die Jahreszeiten und den Rhythmus von Sonne und Mond. Die Uhr schuf auf einmal eine künstliche Zeit, statt auf unseren Körper und die Umwelt zu achten.
Dann kam Edison im Jahr 1879 und erfand die Glühbirne, die es möglich machte, auch nach Sonnenuntergang produktiv zu bleiben. Vor Edison schlief der Mensch durchschnittlich 11 Stunden.
Ok, er hat auch mehr körperlich gearbeitet. Noch vor einem Jahrhundert lag der Durchschnitt bei ca. 9 ½ Stunden, heute bei 7.
Die Technik ermöglicht uns, vieles schneller zu erledigen, schneller von A nach B oder überhaupt dahin zu kommen, schneller zu kommunizieren. Wenn jemand nicht innerhalb von ein paar Minuten antwortet werden wir schon nervös.
Früher hat ein Brief ein paar Wochen gebraucht. Früher war Freizeit ein Zeichen von Wohlstand, heute ist es Geschäftigkeit. Ich bin wer, ich bin wichtig, ich habe so viel zu tun.
Besonders einschneidend war das Jahr 2007. Das Jahr, in dem Steve Jobs das erste iPhone auf den Markt brachte. Seitdem hat sich die Welt in nur wenigen Jahren radikal verändert. Unsere Aufmerksamkeitsspanne ist stark gesunken. Eine durchgeführte Studie hat ergeben, dass der durchschnittliche Smartphone Nutzer sein Telefon 2617 Mal am Tag berührt. Jeder Nutzer ist 2 ½ Stunden an seinem Smartphone, die jüngeren, die Millenials doppelt so viel. Die sonstige Internetzeit ist dabei nicht berücksichtigt, geschweige denn Netflix und Co.
Rastlosigkeit tötet Freude, Dankbarkeit und Wertschätzung.
Menschen, die es eilig haben, haben keine Zeit, sich auf das Gute des Augenblicks einzulassen. Rastlosigkeit tötet Weisheit.
John Mark Comer, von dem viele Gedanken aus dieser Serie aus seinem Buch „Das Ende der Rastlosigkeit“ kommen, schreibt:
Weisheit wird in der Stille, in der Langsamkeit geboren. Rastlosigkeit tötet den inneren Frieden.
Hektik tötet Beziehungen. Denn Liebe braucht Zeit. So auch unsere Beziehung zu Jesus
Corrie ten Boom hat einmal gesagt: Wenn der Feind dich nicht zum Sündigen bringen kann, sorgt er dafür, dass du beschäftigt bist.
Und der Psychologe Carl Jung drückt es so aus: Die Eile ist nicht vom Feind, die Eile ist der Feind.
Hier mal ein paar Symptome von Rastlosigkeit, wo du dich fragen kannst, wo du stehst:
Reizbarkeit und Überempfindlichkeit:
Eine Kleinigkeit reicht, um dich aus der Bahn zu werfen, deinen Tag zu ruinieren oder dich zum Explodieren zu bringen. Du bist viel zu schnell wütend oder frustriert.
Ruhelosigkeit und Schlaflosigkeit:
Wenn du dich ausruhen möchtest, kannst du dich nicht entspannen. Du musst dich ständig beschäftigen oder berieseln lassen. Kaum sitzt du greifst du zum Handy. Wenn du schlafen gehst, geht dir so viel im Kopf rum, dass du stundenlang wachliegst.
Workaholic-Dasein:
Du kannst nicht aufhören zu arbeiten. Deine Familie oder deine Kinder bekommen nur noch das von dir, was am Ende des Tages übrigbleibt, und das ist meist das mürrische, schroffe, übermüdete Ich. Du hast keine Kapazität mehr, um präsent und aufmerksam zu sein
Gefühllosigkeit und Fluchtverhalten:
Du hast keine Kapazität mehr, den Schmerz von anderen oder wie es dir selber geht zu spüren. Du läufst vor dir selber weg. Du betäubst dich mit Ablenkungen, die dich nicht wirklich erholen lassen und dir nicht gut tun.
Ungeordnete Prioritäten:
Du fühlst dich von deiner Identität und Berufung abgekoppelt. Dein Leben ist reaktiv und nicht proaktiv, du läufst wie in einem Hamsterrad. Nächste Woche wird es besser!
Vernachlässigung des Körpers:
Du hast keine Zeit zum Schlafen und Sport treiben. Deine Ernährung ist ungesund
Vernachlässigung des geistlichen Lebens:
Die Dinge, die für unsere Seele am wichtigsten sind, fallen irgendwie immer als erstes hinten rüber. Das, was uns zur Ruhe kommen lässt, braucht am Anfang ein wenig emotionale Energie und Selbstdisziplin, aber die haben wir oft nicht mehr.
Isolation:
Du ziehst dich von anderen zurück und fühlst dich abgekoppelt von Gott und deiner eigenen Seele.
Ängste:
Unsere Seele zeigt uns, dass etwas nicht in Ordnung ist. Häufig durch übertriebene Ängste
Michael Zigarelli, (hat nichts mit Zigarillo zu tun) schreibt:
Es mag sein, dass die Christen sich an eine Kultur der Geschäftigkeit, Hektik und Überlastung anpassen. Dies führt dazu, dass Gott im Leben der Christen immer mehr an den Rand gedrängt wird, was dazu führt, dass die Beziehung zu Gott sich verschlechtert, was dazu führt, dass die Christen noch anfälliger dafür werden, säkulare Vorgaben dafür zu übernehmen, wie sie zu leben haben, was zu noch mehr Anpassung an eine Kultur der Geschäftigkeit, Hektik und Überlastung führt. Und dann beginnt der Kreislauf von Neuem.
Ertappt, oder?
Ihr merkt, das wird eine spannende Serie.
Und heute geht es um die Frage: Zu beschäftigt, um Jesus zu folgen?
In der Bibel gibt es eine Begebenheit, wo es genau um diese Frage geht. Sie steht in Lukas 10,38-42:
Als Jesus mit seinen Jüngern weiterzog, kam er in ein Dorf, wo ihn eine Frau mit Namen Martha in ihr Haus einlud. Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte ihm zu. Martha hingegen machte sich viel Arbeit, um für das Wohl ihrer Gäste zu sorgen. Schließlich stellte sie sich vor Jesus hin und sagte: »Herr, findest du es richtig, dass meine Schwester mich die ganze Arbeit allein tun lässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!« – »Martha, Martha«, erwiderte der Herr, »du bist wegen so vielem in Sorge und Unruhe, aber notwendig ist nur eines. Maria hat das Bessere gewählt, und das soll ihr nicht genommen werden.«
Maria und Martha, zwischen Ruhe und Aktion.
Maria sitzt zu Jesu Füßen und Martha arbeitet. Immerhin war Jesus mit seinen Jüngern zu Besuch. Das waren also mindestens 13 Personen, die es zu bewirten galt. Martha machte sich viel Arbeit, das wird hier extra betont. Es ist ja nicht so, dass Martha nicht auch gerne dagesessen hätte, aber als Ältere ist sie verantwortlich für die Versorgung. Und ich kann mir gut vorstellen, wie das aussah:
Sie arbeitet in der Küche, und arbeitet und arbeitet, und sieht Maria da einfach faul rumsitzen. Also klappert sie ein bisschen lauter in der Küche. Maria reagiert nicht. Martha setzt den Topf etwas lauter auf die Platte. Maria reagiert nicht. Schließlich wird Martha wütend und es platzt aus ihr raus:
Jesus, sag du es ihr! Maria sitzt hier nur rum, das geht ja wohl gar nicht.
Und Jesus?
Er macht Martha nicht an. Er kritisiert nicht ihren Dienst. Er stellt auch ihre Liebe zu ihm nicht in Frage, weil sie nicht bei ihm sitzt. Er spricht sie liebevoll an: „Martha, Martha.“
Fast so, als wolle er sagen: Es ist ok. Du hast eine wertvolle Arbeit getan und ich danke dir dafür. Aber Martha, du machst dir um so vieles Gedanken. Und dabei hast du vergessen, dass es nicht um eine perfekte Bewirtung und um dich geht, sondern um deinen Gast. Maria hat das erkannt.
Wenn wir diese Geschichte lesen, dann kommt ja ganz schnell die Frage hoch.
Worum geht es hier eigentlich. Arbeit oder Gebet, zu Jesu Füßen sitzen. Geht es hier um ein entweder oder, ein gut und besser? Die Gefahr besteht, dass wir das beides gegeneinander ausspielen. Aber wenn wir uns den Rahmen der Geschichte anschauen:
Am Anfang des 10. Kapitels beschreibt Lukas, wie Jesus seine Jünger aussendet, um durch die Dörfer zu ziehen. Sie sollen die frohe Botschaft vom Angebot Gottes, von der Versöhnung mit ihm weitererzählen. Es geht um Mission, um den Auftrag, den wir als Gemeinde haben. Dafür zu arbeiten, dass sich Gottes Reich ausbreitet und Menschen die frohe Botschaft hören.
Direkt danach folgt ein Gespräch mit einem Schriftgelehrten, der Jesus fragt, wer sein Nächster ist.
Jesus erzählt die Geschichte vom barmherzigen Samariter. Darum, dass wir unseren Nächsten helfen sollen. Ein Gebot Gottes, seinen Nächsten zu lieben, aktiv zu werden, etwas zu tun. Das gehört zum Glauben unmittelbar dazu. Dann die Geschichte mit Maria und Martha. Und direkt danach in Lukas 11 die Bitte eines Jüngers an Jesus: „Herr, lehre uns beten.“
Lukas spannt hier einen Bogen von Arbeit hin zum Gebet. Und genau in der Schnittstelle steht diese Geschichte.
Was also deutlich wird ist, es geht nicht um Arbeit oder Gebet. Arbeit gehört zum Glauben dazu. Wir sind ausgesandt, wir sollen helfen. Später erzählt Jesus das Gleichnis von den anvertrauten Talenten, die wir einsetzen sollen. Wir können Maria nicht als Ausrede missbrauchen, nicht zu arbeiten. Und es passt nicht zu einem Christen, nicht zu arbeiten, nicht für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, und auch nicht, sich aus der Arbeit in seinem Reich rauszuhalten. Wir werden da in einer anderen Predigt darauf zurückkommen. Aber, und das ist die große Gefahr: Wir stehen in der Gefahr, die Arbeit, die Geschäftigkeit überzubetonen und anderes darüber zu vernachlässigen, vor allem unsere Beziehung zu Jesus.
Jesus lädt uns ein:
Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen und euch Ruhe geben. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig. So werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn das Joch, das ich auferlege, drückt nicht, und die Last, die ich zu tragen gebe, ist leicht.
Wisst ihr, im Zusammenhang mit dem Kommen des Messias verheißt der Prophet folgendes:
Denn das Joch ihrer Last, den Stab auf ihrer Schulter, den Stock desTreibers zerbrichst du.
Der Stock des Treibers ist zerbrochen!
Jesus lädt uns ein, zu ihm zu kommen. Bei ihm dürfen wir ablegen, was uns belastet. Unsere Sorgen, unsere Nöte, unseren Stress. Wir dürfen in seiner Gegenwart zur Ruhe kommen. Das verspricht er uns. Bei ihm finden wir das Leben in Fülle, Freude, darüber haben wir auf der Gemeindefreizeit gesprochen und Frieden. Wir können auftanken, so dass es unserer Seele wieder gut geht.
Doch dazu sagt Jesus noch etwas:
Nehmt auf euch mein Joch. Das Joch ist ein Gestänge zwischen den beiden Tieren, das ihnen auferlegt wird. Und das, was hier passiert ist, dass beide in die gleiche Richtung ziehen.
Wenn wir uns das übertragen auf Gott vorstellen, dann ist das keine Last, die wir hier auferlegt bekommen. Jesus sagt, sein Joch ist leicht, denn er, stellen wir uns ihn in dem Bild als einen riesigen Bullen und uns daneben als kleinen vor, er zieht den Karren. Was das Bild aussagt ist, dass Jesus uns durchs Leben führen möchte, dass er weiß, wie es gelingt, dass wir nach ihm fragen und dass wir von ihm lernen. Beides gehört dazu, das Lasten ablegen und das Joch aufnehmen, um diese Ruhe zu finden, die Jesus uns verspricht.
Wenn wir das Leben erleben wollen, das Jesus erlebt hat, dann müssen wir den Lebensstil von Jesus annehmen.
Wenn wir uns das Leben von Jesus anschauen:
Kannst du dir einen gestressten Jesus anschauen, einen, der nach einem langen Tag Maria Magdalena anfährt?
Kannst du ihn sagen hören: Tut mir leid, ich würde gerne dein Bein heilen aber ich muss den Flieger noch erwischen und habe keine Zeit.
Oder kannst du ihn sehen, wie du mit ihm redest, während er gleichzeitig auf sein iPhone tippt und dich dann mit großen Augen anschaut: was hast du nochmal gesagt?
Trotz seines vollen Terminkalenders wirkte Jesus nie, als sei er in Eile. Wir werden uns in dieser Serie also anschauen, was Gottes Rhythmus für unser Leben ist, wie wir einfach und entschleunigt leben können, wie wir das tun können, wozu Jesus uns beruft und wie wir im Hier und Jetzt leben können.
Und zwischendurch schauen wir uns auch noch an, wie Paulus das in seinem Leben umgesetzt hat, und der hatte nun wahrlich genug zu tun.
Um es vorweg zu nehmen:
Jeder von uns ist unterschiedlich. Wir haben unterschiedliche Persönlichkeiten, unterschiedliche Lebensphasen und Lebensumstände, unterschiedliche Grenzen und Belastbarkeiten. Das bedeutet, dass für jeden von uns der Weg zwischen Ruhe und Aktion ein anderer ist.
Wie also kann das gelingen, zu Jesus zu kommen, um diese Ruhe zu erfahren?
Und was können wir von Jesus für unseren Lebensstil lernen?
Jesus war zumindest 3 Jahre lang sehr aktiv. Über sein Leben davor ist nicht so viel bekannt, aber er hat in dem Beruf seines Vaters als Zimmermann gearbeitet. Danach wurde er von Leuten nur so belagert. Bei all dem war er tief mit seinem Vater im Himmel verbunden und es war auch für ihn elementar wichtig, zur Ruhe zu kommen und auf seinen Vater im Himmel zu hören.
Wenn wir uns das Leben Jesu anschauen, dann können wir zum einen sehen, dass er Gott in jede Aktivität mit hinein genommen hat. Er war immer wieder mit Gott im Gespräch und Zeit mit Gott war nicht nur ein Termin am Tag, der abgearbeitet werden musste.
Manchmal trennen wir das in unserem Leben, das ist meine Arbeit, das ist… und jetzt habe ich Zeit für Jesus. Dabei sollen wir alles zur Ehre Gottes tun und ihn überall mit hineinnehmen. Gott möchte uns überall im Alltag begegnen und wir können es lernen, jede Minute in Gottes Gegenwart zu leben.
Paulus fordert uns auf: Betet ohne Unterlass. 1.Thessalonicher 5,17
Also: Sei ständig mit Gott im Gespräch.
Sich Gottes Gegenwart bewusst zu machen, ist eine Gewohnheit, die ich einüben muss. Das geht nicht von alleine. Anfangs brauche ich vielleicht Erinnerungshilfen, wie kleine Zettel. Die Benediktinermönche nutzten das stündliche Schlagen der Uhr, um innezuhalten. So entstanden dann die Stundengebete. Dabei geht es nicht um ein Gefühl der Gegenwart Gottes, sondern um ein Sich-Bewusstmachen der Gegenwart Gottes, weil das meinen Lebensstil verändert.
Wenn wir uns nochmal an das Bild des Jochs erinnern, dass Gott uns führen möchte und weiß, was gut für mich ist, dann ist ein zweiter Punkt der, ob ich bereit bin, mich in meinem Alltag, in meinem Plan, in meinen Gedanken von Gott unterbrechen zu lassen.
Nicht immer ist eine Unterbrechung von Gott und wir müssen vermutlich viel mehr lernen, mit unseren Antennen auf Gott ausgerichtet lernen zu unterscheiden, was von ihm kommt und sonst nein zu sagen. Aber auch das sehen wir im Leben von Jesus immer wieder, dass er sich von Gott unterbrechen lässt.
Ein Beispiel ist die Frau am Jakobsbrunnen. Eine Gelegenheit, die Jesus sich nicht entgehen lässt. Schließlich kommen die Jünger zurück, die in die Stadt gegangen waren, um etwas zu essen zu besorgen, weil sie Hunger hatten. Sie denken, dass auch Jesus total ausgelaugt sein müsste, weil er nichts gegessen hat, aber
Jesus sagt ihnen: Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe. Johannes 4,34
Wenn wir uns von Gott unterbrechen lassen, dann bekommen wir dadurch mehr Kraft. Es ist nicht noch was oben drauf, sondern Gott hat auch uns ganz genau im Blick.
Auf der anderen Seite spricht Jesus aber auch davon, wie wichtig Stille und Rückzug sind:
Wenn du beten willst, dann geh in dein Zimmer, schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.
Jesus spricht von einem ruhigen Ort. Das muss kein Zimmer sein, für manche ist es auch ein Spaziergang in der Natur. Aber eine ganz bewusste Zeit nur zwischen Jesus und dir, wo du alle Ablenkung ausschaltest. Kein Handy, am besten gar nicht in deiner Nähe, niemand, der einfach mal ins Zimmer kommt. Es ist wie in einer ganz normalen Beziehung: Zwischendurchgespräche sind total wichtig, aber sie reichen alleine nicht aus. Dadurch entsteht keine Tiefe. Und es ist auch ziemlich lieblos, den anderen immer nur so nebenbei zu behandeln.
In allen vier Evangelien lesen wir davon, wie Jesus sich immer wieder zurückzog.
Nur ein paar Beispiele:
Markus 1,35: Frühmorgens, es war noch dunkel, ging Jesus an einen einsamen Ort, um zu beten.
Matthäus 14,23: Und als er die Volksmengen entlassen hatte, stieg er für sich allein auf den Berg, um zu beten.
Lukas 5,15: Er aber zog sich zurück in die Wüste und betete.
Markus 6,32: Und sie fuhren in einem Boot an einen einsamen Ort für sich allein.
Was ist dein Ort, was ist deine Zeit, wo du mit Jesus alleine bist?
Das Ganze hat übrigens nichts mit unserer Zeit zu tun. Wir denken schnell: das auch noch obendrauf. Aber wir merken, wie viel Zeit wir mit anderem vertrödeln. Es liegt nicht an unserer Zeit sondern an unseren Prioritäten. Wir Christen sind immer ganz schnell dabei zu sagen: Jesus steht an 1. Stelle. Aber wie sieht Dein Lebensstil aus? Spiegelt er Deine Prioritäten wider?
Ich glaube, wir brauchen so etwas wie eine Struktur.
Für manche Persönlichkeitstypen ist das jetzt eher etwas abschreckend. Aber was ich damit meine ist, wenn wir Zeit mit Jesus nicht ganz bewusst in unseren Tagesablauf einbauen sondern darauf hoffen, dass es schon irgendwann passen wird, dann wird immer etwas dazwischen kommen. Nicht jeder von uns ist ein Morgenmensch, aber trotzdem ist es gut, den Tag mit Jesus zu starten, mit einem Gebet sich bewusst zu machen, dass er bei mir ist, ihm den Tag hinzulegen und mich ihm zur Verfügung zu stellen. Jasmin steht jeden Morgen ganz früh auf vor den Kindern, ich bin eher nicht so der Morgenmensch aber ich versuche mir Zeit zu nehmen, wenn ich ins Büro gehe, bevor ich anfange zu arbeiten. Jeder von uns ist da anders, für manche ist nach der Schule die beste Zeit, für andere abends. Es lohnt sich, damit einfach mal ein bisschen zu experimentieren.
Je hektischer und je weniger wir das gewohnt sind, desto mehr Kraft und Überwindung wird es uns am Anfang kosten, bis sich eine gewisse Routine ergibt, und damit meine ich nicht, dass die Beziehung zu Jesus eine Routine wird, sondern das sich Zeit nehmen für ihn.
Also gib nicht zu schnell auf. Dazu gehört auch: Wenn wir äußerlich zur Ruhe gekommen sind, dann stellt sich die Frage, wie sieht es eigentlich mit meiner inneren Unruhe aus? Denn das stellen wir ja immer wieder fest: Wenn ich äußerlich Ruhe habe, dann fangen meine Gedanken an zu kreisen.
Das erste, was mir hilft:
Psalm 46,11 sagt: Seid stille und erkennt, dass ich Gott bin.
Ich mache mir bewusst, dass Jesus jetzt da ist und mit wem ich da eigentlich rede. Musik machen oder ein Anbetungslied hören, einen Psalm lesen, ein von anderen geschriebenes Gebet, all das kann mir helfen, mich auf Gott auszurichten.
Das zweite:
Oft habe ich irgendwo einen Zettel liegen, auf dem ich aufschreibe, was mir gerade an wichtigen Sachen einfällt, die ich unbedingt noch erledigen wollte und nicht vergessen darf. Wenn es auf dem Zettel steht kann ich das loslassen.
Das dritte:
Ich mache aus meinen Gedanken Gebete Die Sorgen, Träume, was auch immer da hochkommt kann ich zu Gott bringen. Und jetzt wird’s spannend, denn manchmal sind da Sachen dabei, da wird’s dann eher unangenehm. Da kommen Sachen hoch, wo ich vielleicht gar nicht hinschauen sondern sie immer so runterdrücken wollte: Enttäuschungen, Zweifel, Sünde, unreine Gedanken. Und ich muss mich entscheiden, die zuzulassen, Gottes Reden zuzulassen. Er zeigt mir das nicht, um mir einen reinzuwürgen, sondern damit ich innerlich heil werden kann, zur Ruhe auch darüber kommen und seinen Frieden erfahren kann. Ich bin überzeugt, wenn wir solche Dinge immer nur versuchen, wegzudrängen, dann schaffen sie sich irgendwann in unserem Leben auf andere Weise Bahn, und das meist nicht zum Vorteil für uns.
Das alles ist Übung.
Ich merke das selber, wie es mal besser und mal schlechter gelingt. Aber je öfter ich das mache, desto besser klappt es. Und wenn ich zur Ruhe komme, dann kann ich einfach nur Gottes Gegenwart genießen. Im Idealfall nimmst du dir von Zeit zu Zeit dafür etwas mehr Zeit. Mal einen ganzen Nachmittag, einen ganzen Tag, ein Wochenende im Kloster oder sonst wo.
Zwischen Ruhe und Aktion.
Sind wir zu beschäftigt, um Jesus zu folgen? Er lädt uns ein, dass wir zu ihm kommen, dass wir bei ihm zur Ruhe kommen und von ihm lernen.
Jesus sagt: Was hat ein Mensch davon, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber zuletzt sich selbst verliert oder sich doch schweren Schaden zufügt?
Also wenn wir so beschäftigt sind, dass wir alles erreichen, mit jedem in Kontakt sind, aber dabei vor lauter Hektik uns selber und unsere Beziehung zu ihm vernachlässigen und dabei zu Schaden kommen. Du hast die Wahl: Der Feind möchte dich treiben, bei Jesus darfst du zur Ruhe kommen.
Auch wenn es anfangs etwas anstrengender ist und immer wieder umkämpft sein wird, weil der Feind uns von Jesus fernhalten möchte. Es lohnt sich, diesen Kampf aufzunehmen. Probier es aus in der nächsten Woche. Schalt einfach mal dein Handy für eine Stunde aus, schnapp die eine Bibel oder geh raus und komm mit Jesus ins Gespräch.
Ich möchte beten
Bibelverweise mit freundlicher Genehmigung: ERF Bibelserver