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Spurgeon, Charles Haddon – Die Bibel

C.H.Spurgeon

„Wenn ich ihm auch viel von meinem Gesetz schreibe, so wird es als eine fremde Lehre gesehen werden.“ Hos. 8,12
Ich habe ihm die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben, aber sie wurden geachtet wie ein Fremdes.„ (N. d. engl. Übers.)

Das ist Gottes Klage über Ephraim. Es ist kein kleines Zeichen seiner Güte, daß Er sich herabläßt, um seine irrenden Geschöpfe zurechtzuweisen; es ist ein großer Beweis seiner gnädigen Gesinnung, daß Er sein Antlitz zu uns neigt, um die irdischen Dinge zu beobachten. Gott könnte sich, wenn es Ihm gefiele, mit der Nacht wie mit einem Gewand umhüllen; Er könnte die Sterne um seinen Arm legen wie ein Armband und die Sonne um seine Stirn winden wie ein Diadem; Er könnte allein wohnen, weit, weit über dieser Welt, droben im siebenten Himmel, und mit ruhiger und stummer Gleichgültigkeit herabblicken auf alles Tun seiner Geschöpfe, und er könnte so, wie sich die Heiden ihren Jupiter dachten, in ewigem Stillschweigen sitzen, zuweilen mit dem furchtbaren Haupt nickend, damit die Parzen sich nach seinem Gefallen bewegten, aber nie an die kleinen Dinge dieser Erde denkend, sie seiner Beachtung nicht für wichtig genug halten, ganz von seinem eigenen Wesen eingenommen und in sich selbst aufgehen und allein und zurückgezogen leben; und ich, als eines seiner Geschöpfe, könnte bei Nacht auf einem Berggipfel stehen, auf die stillen Sterne schauen und sagen: „Ihr seid die Augen Gottes, aber ihr blickt nicht auf mich nieder; euer Licht ist die Gabe seiner Allmacht, aber eure Strahlen sind nicht das Lächeln seiner Liebe für mich. Gott, der mächtige Schöpfer, hat mich vergessen. Ich bin ein verächtlicher Tropfen in dem Ozean der Schöpfung, ein verdorrtes Blatt im Wald der Wesen, ein Atom in dem Berg des Daseins. Er kennt mich nicht; ich bin allein, allein, allein.“ Aber es ist nicht so, Geliebte. Unser Gott ist von anderer Art. Er bemerkt jeden von uns. Es gibt keinen Sperling, keinen Wurm, der nicht nach seinem Willen gesund wird. Es gibt keinen Menschen, auf den sein Auge nicht geheftet ist. Unsere geheimsten Handlungen sind Ihm bekannt. Was immer wir auch tun, tragen oder leiden, das Auge Gottes ruht auf uns, und sein Antlitz lächelt uns entweder an, – weil wir sein Volk sind – oder es blickt finster auf uns – weil wir von Ihm abgewichen sind.
Oh, wie zehntausendfach barmherzig ist Gott, daß Er, wenn Er auf das Menschengeschlecht herabblickt, es nicht aus dem Dasein herauslächelt. Wir sehen aus unserem Text, daß Gott auf die Menschen schaut, denn Er sagt von Ephraim: „Ich habe ihm die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben, aber sie wurden geachtet wie eine fremde Lehre.„ Aber seht, wie Er, wenn Er die Sünde des Menschen wahrnimmt, ihn nicht wegschleudert und mit dem Fuß fortstößt; Er schüttelt ihn nicht bei der Kehle über dem Höllenschlund, bis sein Gehirn hin und her schwankt, und läßt ihn dann auf ewig hineinfallen; Er kommt herab vom Himmel, um mit seinen Geschöpfen zu verhandeln; Er führt seinen Rechtsstreit mit ihnen; Er stellt sich gewissermaßen auf gleiche Stufe mit ihnen, spricht seine Beschwerden aus und macht seine Rechte geltend. Oh Ephraim, ich habe dir die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben, aber sie sind dir wie etwas Fremdes gewesen! Ich komme hier heute an Gottes Statt, meine Freunde, um mit euch als Gottes Botschafter zu verhandeln, viele von euch einer Sünde anzuklagen; sie euch durch die Macht des Geistes aufs Herz zu legen, so daß ihr überführt werdet von der Sünde, von der Gerechtigkeit und von dem zukünftigen Gericht. Das Verbrechen, dessen ich euch beschuldige, ist die Sünde des Textes. Gott hat euch die großen Dinge seines Gesetzes niederschreiben lassen, aber sie sind euch wie etwas Fremdes gewesen. Dieses teure Buch, die Bibel, ist es, über das ich heute reden will. Hier liegt mein Text – das Wort Gottes. Hier ist das Thema meiner Predigt, ein Thema, das mehr Beredsamkeit erfordert, als ich besitze; ein Gegenstand, über den tausend Redner zugleich sprechen könnten; ein mächtiges, weites, unergründliches Thema, das alle Beredsamkeit die Ewigkeit hindurch in Anspruch nehmen könnte und immer noch unerschöpft bleiben würde. Wegen der Bibel habe ich heute dreierlei zu sagen, und das alles ist in meinem Text. Zuerst ihr Verfasser, „ich habe geschrieben;„ zweitens ihre Gegenstände, die großen Dinge des Gesetzes Gottes; und drittens ihre gewöhnliche Behandlung, sie wird von den meisten Menschen wie etwas Fremdes angesehen.

 

I.
Zuerst also über dieses Buch – Wer ist der Verfasser?

 

Unser Text sagt, daß Gott es ist. ,Ich habe ihm die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben.“
Hier liegt meine Bibel – wer schrieb sie? Ich schlage sie auf und finde, daß sie aus einer größeren Anzahl von Schriften besteht. Die ersten fünf sind von einem Mann geschrieben, der Moses hieß. Ich blättere weiter und finde andere. Zuweilen sehe ich, daß David der Schreiber ist, dann wieder Salomo. Hier lese ich Micha, dann Amos, dann Hosea. Wenn ich weiter gehe, zu den leichteren Blättern des Neuen Testaments, sehe ich Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, Paulus, Petrus, Jakobus und andere; aber wenn ich das Buch schließe, so frage ich mich, wer ist der Verfasser?
Beanspruchen diese Männer zusammen die Urheberschaft? Haben sie dieses umfangreiche Buch zusammengestellt? Teilen sie die Ehre, die Arbeit getan zu haben, unter sich? Unsere heilige Religion antwortet: Nein! Dieses Buch ist die Schrift des lebendigen Gottes: jeder Buchstabe wurde mit einem allmächtigen Finger geschrieben; jedes Wort darin fiel von heiligen Lippen, jeder Satz darin ist vom Heiligen Geist diktiert. Obwohl Moses seine Geschichten mit seiner feurigen Feder schrieb, so leitete doch Gott diese Feder. Es mag sein, daß David seine Harfe rührte und liebliche, melodische Psalmen von seinen Fingern strömten, aber Gott bewegte die Hände auf den lebendigen Saiten seiner goldenen Harfe. Es mag sein, daß Salomo das Hohelied der Liebe sang oder Worte vollendeter Weisheit sprach, aber Gott lenkte seine Lippen und machte den Prediger redegewandt.
Wenn ich dem donnernden Nahum folge, wie seine Rosse die Wasser pflügen, oder Habakuk, wenn er die Zelte der Chaldäer mit Betrübnis sieht; wenn ich Maleachi lese, wo die Erde wie ein Ofen brennt; wenn ich mich zu den sanften Blättern des Johannes wende, der von Liebe erzählt, oder zu den schroffen, feurigen Kapiteln des Petrus, der von dem Feuer spricht, das die Feinde Gottes verzehren wird: wenn ich mich zum Judasbrief wende, der Anathemas gegen die Feinde Gottes schleudert: überall höre ich Gott sprechen; es ist Gottes Stimme, nicht die der Menschen; die Worte sind Gottes Worte, die Worte des Ewigen, des Unsichtbaren, des Allmächtigen, des Herrn dieser Erde. Die Bibel ist Gottes Bibel; und wenn ich sie sehe, ist mir es, als hörte ich eine Stimme, die aus ihr heraus spricht und sagt: ,Ich bin das Buch Gottes: Mensch, lies mich. Ich bin Gottes Schrift: schlage meine Blätter auf, denn ich wurde von Gott geschrieben; lies mich, denn Er ist mein Verfasser, und du wirst Ihn überall fühlbar und deutlich erblicken. „Ich habe ihm die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben.“
Woher weißt du, daß Gott dieses Buch schrieb? Das ist es gerade, was ich jetzt versuchen will, euch zu beweisen. Ich könnte es, wenn ich wollte, in überzeugendster Weise dartun, denn es sind Beweise genug da, Gründe genug, falls ich heute eure Zeit damit in Anspruch nehmen wollte, sie euch vorzuführen; aber ich werde nichts derartiges unternehmen. Ich könnte euch sagen, daß die Großartigkeit des Stils über alle Schriften Sterblicher erhaben ist; daß alle Dichter, die je lebten, uns mit all ihren Werken, wenn sie vereint würden, keine so erhabene Poesie und keine so mächtige Sprache geben könnten, wie wir sie in der Schrift finden. Ich könnte mich darauf berufen, daß die Gegenstände, von denen sie handelt, über den menschlichen Verstand hinausgehen; daß der Mensch niemals die großen Lehren von der Dreieinigkeit in der Gottheit erfunden haben könne; der Mensch aus sich selbst nichts hätte von der Schöpfung des Weltalls sagen können, und niemals hätte er der Erfinder der majestätischen Idee der Vorsehung sein können; daß alle Dinge nach dem Willen eines höchsten Wesens geordnet sind und zusammen zum Guten wirken. Ich könnte mich über die Redlichkeit der Bibel auslassen, da sie die Fehler ihrer Verfasser erzählt; über ihre Einigkeit, da sie sich im Grunde nie widerspricht; ihre meisterhafte Einfachheit, so daß jeder sie lesen kann; ich könnte noch hundert Dinge mehr nennen, die alle überzeugend beweisen würden, daß das Buch von Gott ist.
Aber ich kam nicht hierher, um es zu beweisen. Ich bin ein christlicher Prediger, und ihr seid
Christen oder behauptet, es zu sein. Da ist es denn durchaus nicht notwendig, daß der christliche Prediger die Argumente der Ungläubigen herbeiholt, um sie zu widerlegen. Es ist die größte Torheit von der Welt. Die Ungläubigen, arme Geschöpfe, kennen ihre eigenen Argumente nicht, bis wir sie ihnen sagen, und dann schärfen sie die stumpf gewordenen Pfeile, um sie wieder gegen den Schild der Wahrheit zu schießen. Es ist Torheit, diese Feuerbrände der Hölle herbeizubringen, selbst wenn wir gut vorbereitet sind, sie zu löschen. Laßt die Weltmenschen ihre Irrtümer an anderen Weltmenschen lernen, aber wir wollen nicht die Verbreiter ihrer Unwahrheiten sein. Es ist wahr, es gibt Prediger. die wenig Vorrat haben und so etwas brauchen, um ihn zu vermehren, aber Gottes erwählte Männer haben es nicht nötig, dies zu tun; sie sind von Gott gelehrt, und Gott versorgt sie mit Stoff, mit Sprache und mit Einfluß. Es ist vielleicht heute jemand hier, der ohne Glauben gekommen ist, ein Mann der Vernunft, ein Freidenker. Mit ihm habe ich gar nicht zu verhandeln.
Ich bekenne, daß ich hier nicht als Polemiker stehe, sondern als Prediger der Dinge, die ich kenne und empfinde. Aber auch ich bin wie er gewesen. Es gab eine böse Stunde in meinem Leben, wo ich den Anker meines Glaubens lichtete; ich zerschlug das Kabel des Vertrauens; ich lag nicht mehr nahe der Küste der Offenbarung vor Anker. Ich ließ mein Schiff vor dem Wind treiben und sprach zum Verstand: „Sei du mein Steuermann; und zu meinem Gehirn: ,Sei du mein Ruder,“ und trat meine wahnwitzige Reise an. Gott sei Dank, jetzt ist alles vorüber; aber ich will die kurze Geschichte davon erzählen. Es war ein hastiges Segeln über den stürmischen Ozean des freien Denkens. Ich fuhr weiter, und im Weiterfahren begann der Himmel sich zu verdunkeln; aber um diesen Mangel auszugleichen, leuchtete das Wasser mit strahlender Pracht. Ich sah Funken aufwärts fliegen, die mir gefielen, und dachte: ,Wenn dies das freie Denken ist, so ist es etwas Beglückendes. Meine Gedanken schienen Juwelen, und ich streute mit beiden Händen Sterne aus; aber bald darauf sah ich statt jenes herrlichen Funkelns grimmige Teufel, wild und schrecklich, aus dem Wasser auftauchen, und als ich weiter eilte, knirschten sie mit den Zähnen und grinsten mich an; sie erfaßten das Vorderteil meines Schiffes und schleppten mich weiter, während ich mich freute über die Geschwindigkeit meiner Bewegung. Aber gleichzeitig schauderte mir vor der furchtbaren Schnelligkeit, mit der ich an den alten Grenzsteinen meines Glaubens vorüberfuhr. Als ich vorwärts eilte mit entsetzlicher Eile, begann ich, an meiner eigenen Existenz zu zweifeln; ich zweifelte, ob es eine Welt gäbe, ich zweifelte, ob ich selbst vorhanden sei. Ich ging bis an den äußersten Rand der öden Reiche des Unglaubens. Ich sank bis auf den Grund des Meeres der Glaubenslosigkeit. Ich zweifelte an allem. Aber hier war es, wo der Teufel sein Werk selbst zuschanden machte, denn eben das Übermaß des Zweifels bewies seine Abgeschmacktheit. Gerade als ich den Boden dieses Meeres sah, kam eine Stimme, die sprach: „Und kann dieser Zweifel wahr sein?„ Bei diesem Gedanken erwachte ich. Ich fuhr auf aus dem Todestraum, der, Gott weiß es, meine Seele hätte verdammen und meinen Leib ruinieren können, wenn ich nicht erwacht wäre. Als ich aufstand, nahm der Glaube den Helm in die Hand und von dem Augenblick an zweifelte ich nicht mehr. Der Glaube steuerte mich zurück; der Glaube rief: „Hinweg, hinweg!“ Ich warf meinen Anker auf Golgatha aus und hob mein Auge zu Gott empor; hier bin ich nun lebendig und außerhalb der Hölle.
Deshalb spreche ich, was ich weiß. Ich habe diese gefährliche Reise gemacht; ich bin sicher ans
Land gekommen. Sollte ich wieder ein Ungläubiger werden? Niemals! Ich habe es versucht und
fand es zuerst süß, nachher aber bitter. Nun, fester als je an Gottes Evangelium gebunden, stehe ich wie auf einem Felsen von Adamant und fordere die Argumente der Hölle heraus, mich davon abzubringen: „Ich weiß, an wen ich glaube und bin gewiß, daß Er mir meinen Glauben bewahren kann bis an jenen Tag.„ Aber ich werde heute weder etwas erörtern noch zu beweisen versuchen. Ihr bekennt, Christen zu sein, sonst wärt ihr nicht hier. Euer Bekenntnis mag eine Lüge sein; das, was ihr zu sein vorgebt, mag das gerade Gegenteil von dem sein, was ihr wirklich seid; aber dennoch setze ich voraus, daß ihr alle zugebt, daß dies das Wort Gottes ist. Einen oder zwei Gedanken möchte ich darüber äußern. „Ich habe ihm die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben.“ Zuerst, meine Freunde, steht still vor diesem Buch und bewundert seine Autorität. Dies ist kein gewöhnliches Buch. Hier sind nicht die Aussprüche der Weisen Griechenlands, nicht die Äußerungen der Philosophen vergangener Zeiten. Wenn diese Worte von Menschen geschrieben wären, so könnten wir sie verwerfen; aber, laßt mich den ernsten Gedanken festhalten, daß dieses Buch Gottes Buch ist, und daß es Worte Gottes enthält. Laßt mich auf das Datum blicken; es ist datiert von den Bergen des Himmels. Lese ich die Kapitel, so finde ich sie voll köstlichen Inhalts und unbekannter Geheimnisse. Wende ich mich zu den Weissagungen, so treten mir Wunder des Wissens entgegen, an die kein Mensch gedacht hat. Oh Buch der Bücher! Und bist du von meinem Gott geschrieben, dann will ich mich vor dir beugen. Du Buch voll hoher Autorität, du bist eine Proklamation vom Könige des Himmels; ich will niemals meinen Verstand gebrauchen, um dir zu widersprechen. Vernunft! Dein Platz ist, herauszufinden, was dieses Buch meint; nicht, zu behaupten, was dieses Buch sagen sollte. Komm du, meine Vernunft, mein Verstand, setze dich nieder und horche, denn diese Worte sind Worte Gottes. Ich weiß nicht, wie ich diesen Gedanken weiter ausführen soll. Oh, wenn ihr immer daran denken wolltet, daß diese Bibel tatsächlich und wirklich von Gott geschrieben wurde! Wenn ihr in die geheimen Kammern des Himmels hineingelassen worden wäret, wenn ihr gesehen hättet, wie Gott die Feder ergriff, um diese Briefe zu schreiben, dann würdet ihr sie mit Sicherheit achten. Aber sie sind ebensosehr Gottes Handschrift, als wenn ihr gesehen hättet, wie Er sie geschrieben hat.
Diese Bibel ist ein Buch voller Machtvollkommenheit; sie ist ein autorisiertes Buch, denn Gott hat sie geschrieben. Oh, zittert, zittert, daß keiner von euch sie verachte; beachtet ihre Autorität, denn sie ist das Wort Gottes.
Beachtet auch die Wahrhaftigkeit der Bibel. Hätte ich sie geschrieben, dann würde es nur kurze Zeit gedauert haben, bis eine Menge Kritiker sich ihrer bemächtigt und mit ihrem verderblichen Laich bedeckt haben würden; hätte ich sie geschrieben, dann würde es nicht an Menschen gefehlt haben, die sie sofort, und vielleicht nicht mit Unrecht, in Stücke zerrissen hätten. Aber dies ist Gottes Wort: kommt, durchforscht es, ihr Kritiker, und seht, ob ihr einen Mangel entdecken könnt; prüft es, vom 1. Buch Moses an bis zur Offenbarung Johannes, ob ihr vielleicht einen Irrtum findet. Dies ist eine reine Goldader, unvermischt mit Quarz oder irgendeinem irdischen Stoff. Dies ist ein Stern ohne eine dunkle Stelle, eine Sonne ohne Flecken, ein Licht ohne Finsternis, ein Mond ohne Blässe. Oh Bibel! von keinem anderen Buch kann gesagt werden, daß es vollkommen sei; aber von dir können wir erklären, daß alle Weisheit in dir gesammelt ist ohne ein Atom von Torheit. Du bist der Richter, der den Streit endet, wo Scharfsinn und Klugheit nichts vermögen; du bist das Buch, das von keinem Irrtum befleckt ist; es ist reine, unvermischte, vollkommene Wahrheit. Warum? Weil Gott es schrieb. Ah! klagt Gott des Irrtums an, wenn es euch gefällt; sagt Ihm, sein Buch sei nicht, was es sein sollte. Ich habe Menschen von spröder und falscher Sittsamkeit gehört, welche die Bibel gern ändern möchten; und (ich erröte fast es zu sagen) ich habe Prediger Gottes Bibel ändern hören, weil sie ängstlich vor ihr waren. Habt ihr einen Mann sagen hören: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der„ – was sagt die Bibel? „wird verdammt werden.“ Aber das ist nach ihrer Anschauung nicht höflich genug, darum sagen sie „wird verurteilt werden.„ Meine Herren! reißt den Samt aus eurem Munde; sprecht Gottes Wort; wir brauchen keine eurer Änderungen. Ich habe Leute im Gebet sagen hören, anstatt: „Macht euren Beruf und Erwählung fest“ – „Macht euren Beruf und Seligkeit fest.„ Schade, daß sie nicht geboren wurden, als Gott lebte, vor langer, langer Zeit, daß sie Gott hätten lehren können, wie Er schreiben soll. Oh grenzenlose Unverschämtheit. Oh maßloser Dünkel! Sie versuchen, dem Allweisen zu diktieren, den Allwissenden zu belehren und den Ewigen zu unterweisen.
Sonderbar, daß es Menschen gibt, die das Federmesser des Jojakim gebrauchen, um Stellen aus dem Worte Gottes herauszuschneiden, weil sie unschmackhaft sind. Oh ihr, die ihre gewisse Teile der Heiligen Schrift nicht mögt, seid gewiß, daß euer Geschmack verdorben ist, und daß Gott sich um eure Meinung nicht kümmern wird. Euer Mißfallen ist gerade der Grund, aus dem Gott es schrieb, weil es euch nicht angenehm gemacht werden sollte; ihr habt kein Recht, es nach eurem Wunsch zu haben. Gott schrieb das, was ihr nicht mögt; Er schrieb die Wahrheit. Oh, laßt uns in Ehrfurcht davor beugen, denn Gott hat es eingegeben. Es ist reine Wahrheit. Hier aus dieser Quelle strömt aqua vitae – ,das Wasser des Lebens“, ohne irgendwelche fremden Bestandteile darin; von dieser Sonne her kommen Strahlen des Glanzes ohne die Beimischung von Finsternis. Gesegnete Bibel; du bist ganz Wahrheit.
Doch ehe wir diesen Punkt verlassen, wollen wir noch einmal einhalten und die Barmherzigkeit Gottes untersuchen, die sich darin zeigt, daß Er uns eine Bibel geschrieben hat. Ach! Er hätte uns ohne sie lassen können, so daß wir nach unseren dunklen Wegen tasteten wie die Blinden nach der Mauer; Er hätte uns herumirren lassen können mit der Vernunft als unserem einzigen Führer. Ich erinnere mich einer Geschichte Hume’s , welcher wiederholt die Behauptung aufgestellt hat, daß das Licht des Verstandes in jedem Falle genüge. Eines Abends befand er sich in dem Haus eines befreundeten christlichen Predigers, wo er diese Frage auch erörterte und seinen festen Glauben an die Hinlänglichkeit dieses Lichts behauptete. Beim Verlassen des Hauses wollte sein Wirt ihm die Treppe hinableuchten. Er aber sagte: „Nein, das Licht der Natur genügt, das Licht des Mondes reicht hin.„ Nun ereignete es sich, daß der Mond gerade von einer dunklen Wolke bedeckt war und er deshalb die Treppe hinunterfiel. „Ah“, sagte der Prediger, „ein wenig Licht von oben würde doch gut gewesen sein, Herr Hume.„ Nehmen wir an, wir betrachteten auch das Licht der Natur als ausreichend, so würden wir doch besser tun, ein bißchen Licht von oben zu haben, denn dann sind wir sicher, daß es richtig mit uns steht. Es ist besser, zwei Lichter zu haben als nur eins.
Das Licht der Schöpfung ist ein helles Licht. Gott kann in den Sternen gesehen werden; sein Name steht in goldenen Lettern auf der Stirn der Nacht geschrieben; ihr könnt seine Herrlichkeit in den Wellen des Ozeans entdecken, ja, auch in den Bäumen des Waldes, aber es ist besser, in zwei Büchern zu lesen als in einem. Ihr werdet es hier noch klarer geoffenbart finden, denn Er hat dieses Buch selbst geschrieben, und Er hat auch den Schlüssel zu seinem Verständnis gegeben, wenn ihr den Heiligen Geist habt. Ach, Geliebte, laßt uns Gott für diese Bibel danken, sie lieben und sie für köstlicher halten als feines Gold.
Aber laßt mich noch eins sagen, ehe ich zum zweiten Teil übergehe. Wenn dies das Wort Gottes ist, was wird aus einigen von euch werden, die es im letzten Monat nicht gelesen haben? ,Monat! ich habe es seit einem Jahr nicht gelesen.“ Ja, es sind einige von euch, die es noch gar nicht gelesen haben. Die meisten Leute behandeln die Bibel sehr höflich. Sie haben eine kleine Taschenbibel, hübsch gebunden, um diese legen sie ein weißes Taschentuch und nehmen sie mit sich ins Gotteshaus; wenn sie nach Haus kommen, legen sie sie in die Schublade bis zum nächsten Sonntagmorgen, dann kommt sie wieder auf ein Weilchen heraus und geht mit zur Kirche, und das ist alles, was die arme Bibel an frischer Luft bekommt. Das ist eure Art, diesen himmlischen Boten zu behandeln. Es ist Staub genug auf einigen eurer Bibeln, um das Wort ,Verdammnis„ mit euren Fingern zu schreiben. Es sind einige unter euch, die ihre Bibel seit langer, langer, langer Zeit nicht aufgeschlagen haben, und was denkt ihr?
Ich sage euch scharfe, aber wahre Worte. Was wird Gott zuletzt sagen? Wenn du vor Ihn trittst, wird Er fragen: „Hast du meine Bibel gelesen?“ „Nein.„ „Ich schrieb dir einen Brief der Barmherzigkeit, hast du ihn gelesen?“ „Nein.„ „Empörer! Ich sandte dir einen Brief, der dich zu mir einlud: hast du ihn je gelesen?“ „Herr, ich erbrach niemals das Siegel; ich hielt ihn geschlossen.„ „Elender!“ spricht Gott, „dann verdienst du die Hölle; wenn ich dir einen liebevollen Brief sandte und du nicht einmal das Siegel erbrechen wolltest; was soll ich dir tun?„ Oh, daß das bei euch nicht zutreffen möge! Seid Bibelleser; seid Bibelforscher.

II.
Unser zweiter Punkt hat mit den Themen zu tun, von denen die Bibel handelt.
Die Worte des Textes lauten: „Ich habe ihm die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben.“ Die Bibel handelt von großen Dingen und nur von großen Dingen. Es ist nichts in dieser Bibel, was unwichtig ist. Jeder Vers hat einen tiefen Sinn, und wenn wir ihn noch nicht herausgefunden haben, so hoffen wir doch, es noch zu tun. Ihr habt Mumien gesehen, die rund herum mit Leinwandstreifen umwickelt waren. Wohl, Gottes Bibel ist so; es ist eine ungeheure Rolle von weißer Leinwand auf dem Webstuhl der Wahrheit gewoben; ihr müßt sie abwickeln Rolle für Rolle, bis ihr ihre wahre Bedeutung aus der Tiefe verstehen lernt; und wenn ihr glaubt, einen Teil dieser Bedeutung gefunden zu haben, so müßt ihr fortfahren abzuwickeln und abzuwickeln, und die ganze Ewigkeit hindurch werdet ihr an den Worten dieser wunderbaren Buchrolle abzuwickeln haben. Doch sind nur große Dinge in der Bibel. Laßt mich sie einteilen, um kürzer zu sein. Zuerst, alle Dinge in dieser Bibel sind groß; aber zweitens, einige Dinge sind die größten von allen. Alle Dinge in der Bibel sind groß. Einige Leute meinen, es mache nichts aus, welche Lehren man glaube; das sei unwesentlich, welcher Gemeinde man angehöre, alle Konfessionen seien gleich. Nun, ich habe eine große Abneigung gegen die Bigotterie und sage ihr nie ein Kompliment oder ein Lob; aber es gibt etwas anderes, was ich ebenso sehr hasse, und das ist die Weitherzigkeit, die die Entdeckung gemacht hat, daß wir alle gleich sind. Ich glaube, daß ein Mensch in jeder Kirche gerettet werden kann. Einige sind gerettet worden in der römischen Kirche – einige glückliche Männer, deren Namen ich hier nennen könnte. Ich weiß, Gott sei gelobt, daß sehr viele in der Kirche von England gerettet werden: sie hat ein Heer von frommen, betenden Männern in ihrer Mitte. Ich denke, alle Abteilungen der protestantischen Christen haben „Übriggebliebene nach der Wahl der Gnade„; und einigen von ihnen wäre es zu wünschen, daß sie ein wenig mehr Salz hätten, damit sie nicht in Fäulnis übergehen. Aber wenn ich das sage, meint ihr, daß sie nun damit alle auf gleicher Stufe stehen? Sind sie alle gleich wahrhaftig? Eine Sekte sagt, daß die Kindertaufe recht, eine andere, daß sie unrecht sei, dennoch sagt ihr, daß sie beide recht haben. Ich kann das nicht sehen. Einer lehrt, daß wir durch freie Gnade gerettet werden; ein anderer sagt, daß wir das nicht werden, sondern durch freien Willen, und doch glaubt ihr, daß beide recht haben. Ich verstehe das nicht. Einer sagt, daß Gott sein Volk liebt und niemals aufhört, es zu lieben; ein anderer sagt, daß Er die Seinen nicht liebte, ehe sie Ihn liebten, daß Er sie oft liebt und dann aufhört sie zu lieben und sie verstößt. Sie mögen beide in der Hauptsache im Rechte sein; aber können sie beide recht haben, wenn einer „Ja“ sagt und der andere „Nein„ sagt? Ich muß eine Brille haben, die mich fähig macht, vorwärts und rückwärts zu gleicher Zeit zu blicken, ehe ich das sehen kann. Es kann nicht sein, meine Teuren, daß beide recht haben. Aber einige sagen, daß sie über Unwesentliches verschiedener Meinung sind. Dieser Text sagt: „Ich habe ihm die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben.“ Es ist nichts in Gottes Bibel, was nicht groß ist. Hat sich je einer von euch niedergesetzt, um zu untersuchen, welches die reinste Religion sei? „Oh,„ sagt ihr, „wir nahmen uns nie die Mühe. Wir gingen gerade dahin, wohin unser Vater und unsere Mutter gingen.“ Ach! das ist wirklich ein sehr tiefsinniger Grund. Ihr gingt dahin, wohin Vater und Mutter gingen? Ich dachte, ihr seid vernünftige Leute, und dachte nicht, daß ihr dahin geht, wohin andere Leute euch ziehen, sondern dahin, wohin ihr euch gezogen fühlt. Ich liebe meine Eltern über alle anderen, die atmen, und der bloße Gedanke, daß sie etwas für wahr halten, veranlaßt mich anzunehmen, daß es richtig sei; aber ich bin ihnen nicht gefolgt; ich gehöre einer anderen Konfession an und ich danke Gott, daß ich es tue. Ich kann sie als christliche Brüder und Schwestern aufnehmen; aber ich dachte nie, daß, weil sie das eine waren, ich es auch sein müßte. Nichts dergleichen. Gott gab mir Vernunft, und die will ich gebrauchen, und wenn ihr irgendwelchen Verstand habt, so gebraucht ihn. Sagt nie, es kommt nicht darauf an. Es kommt sehr wohl darauf an. Alles, was Gott hierher gesetzt hat, ist von großer Wichtigkeit: Er hat nichts geschrieben, was gleichgültig wäre. Was immer hier ist, ist von einigem Wert; deshalb erforscht alle Fragen, prüft alle bei dem Wort Gottes. Ich fürchte mich nicht, das, was ich predige, nach diesem Buch prüfen zu lassen. Gebt mir ein freies Feld, keine Gunst, aber dieses Buch; wenn ich etwas sage, was nicht mit ihm übereinstimmt, will ich es am nächsten Sonntag zurücknehmen. Hier stehe ich, hier falle ich. Forscht und seht, aber sagt nicht: „Es kommt nicht darauf an.„ Wenn Gott etwas sagt, so muß es immer von Wichtigkeit sein. Aber während alle Dinge in Gottes Wort wichtig sind, sind nicht alle gleich wichtig. Es gibt gewisse Grundwahrheiten, die geglaubt werden müssen, sonst würde niemand gerettet werden. Wenn ihr wissen wollt, was ihr glauben müßt, um gerettet zu werden, so findet ihr die großen Dinge des Gesetzes Gottes in diesem Buch; sie sind alle hier enthalten.
Einst sagte ein alter Freund zu mir: „Ach! Sie predigen die drei großen Haupttatsachen, und Gott wird Sie immer segnen.“ Ich fragte: „Welche drei?„ Und er antwortete: „Verderben, Erlösung und Wiedergeburt.“ Sie enthalten den Kern und das Wesen aller wahren Theologie.

1. Verderben
Das Verderben ist durch den Fall über uns alle gekommen; wir waren alle verloren, als Adam
sündigte, und wir sind alle durch unsere eigenen Übertretungen ins Verderben gekommen; wir sind alle im Verderben durch unser eigenes böses Herz und unsern eigenen bösen Willen; und wir werden alle ins Verderben gehen, wenn die Gnade uns nicht gerettet.

2. Erlösung
Erlösung ist das zweite. Wir sind erlöst durch das Blut Christi, als eines unschuldigen und
unbefleckten Lammes; gerettet durch seine Macht; losgekauft durch sein Verdienst; erlöst durch seine Kraft.

3. Wiedergeburt
Das dritte ist die Wiedergeburt. Wenn wir Vergebung haben wollen, müssen wir wiedergeboren
sein; denn kein Mensch kann an der Erlösung teilhaben, wenn er nicht wiedergeboren ist. Er mag so gut sein, wie er will; er mag nach seiner Meinung Gott dienen, so viel es ihm gefällt; wenn er nicht wiedergeboren ist und ein neues Herz, eine neue Geburt hat, so ist er immer noch im Verderben.
Diese drei enthalten die Summe des ganzen Erlösungsplanes. Ich glaube, daß in den fünf Punkten des Calvinismus eine andere und bessere Zusammenfassung gegeben ist – Erwählung auf Grund göttlichen Vorherwissens, natürliche Verderbtheit und Sündhaftigkeit des Menschen, besondere Erlösung durch das Blut Christi, wirksame Berufung durch die Macht des Geistes, und Beharren im Gnadenstand bis ans Ende durch die Kraft Gottes. Ich denke, daß man all dies glauben muß, um selig zu werden; aber ich möchte nicht ein Glaubensbekenntnis schreiben wie das Athanasianische, beginnend mit: „Wer da will selig werden, der muß vor allen Dingen den katholischen Glauben haben,„ – wenn ich so weit gekommen wäre, würde ich aufhören, weil ich nicht wissen würde, was weiter zu schreiben ist. Ich habe den katholischen Glauben der Bibel, die ganze Bibel und nichts als die Bibel. Es ist nicht meine Sache, Glaubensbekenntnisse aufzusetzen; aber ich bitte euch, in der Heiligen Schrift zu forschen, denn sie ist das Wort des Lebens. Gott sagt: „Ich habe ihm die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben.“ Zweifelst du an ihrer Größe? Meinst du, sie seien deiner Aufmerksamkeit nicht wert? Denke einen Augenblick nach. Wo stehst du jetzt? Du stehst auf einer schmalen Landzunge zwischen zwei grenzenlosen Meeren, ein Zoll breit Zeit, ein einziger Augenblick kann dich in den Himmel bringen oder in die Hölle einschließen. Ich erinnere mich, daß ich einst am Meeresufer auf einer Landzunge stand und nicht daran dachte, daß die Flut kommt. Sie kam fortwährend von beiden Seiten näher, und in Gedanken vertieft stand ich da, bis ich zuletzt die größte Schwierigkeit hatte, ans Ufer zu gelangen, denn die Wellen hatten sich zwischen mich und das Ufer gedrängt. Ihr und ich steht jeden Tag auf einer schmalen Landzunge, und hier kommt eine Welle heran; seht, wie nah sie bei euren Füßen ist, und sieh, eine andere folgt bei jedem Ticken der Uhr: „Unsere Herzen schlagen wie gedämpfte Trommeln den Trauermarsch zum Grabe.„ Wir wandern jeden Augenblick, den wir leben, hinab zur Gruft. Dieses Buch sagt mir, daß, wenn ich bekehrt bin, ein Himmel voll Freude und Liebe da ist, um mich bei meinem Tode zu empfangen; es sagt mir, daß Engelschwingen ausgebreitet werden sollen und ich, von starken Cherubimsflügeln getragen, hinaufsteigen soll zum Throne Gottes, um für immer bei dem Herrn zu sein.
Oh, es läßt mich weinen, es macht mein Herz zu groß für meinen Körper, und mein Gehirn wird schwindlig bei dem Gedanken an ,Jerusalem, die hochgebaute Stadt.“ Oh, der liebliche Anblick jenseits der Wolken; liebliche Landschaften in lebendiges Grün gekleidet und Ströme des Glücks. Sind dies nicht große Dinge? Aber auf der anderen Seite, arme, nicht wiedergeborene Seele, sagt die Bibel; Wenn du verloren bist, so bist du auf ewig verloren; sie sagt dir, daß, wenn du ohne Christus, ohne Gott stirbst, keine Hoffnung für dich da ist, daß es einen Ort ohne einen Strahl von Hoffnung gibt, wo du mit flammenden Buchstaben lesen kannst: ,Ihr kanntet eure Pflicht, aber ihr tatet sie nicht;„ sie sagt euch, daß ihr von seinem Angesicht vertrieben werden sollt mit einem: „Weicht von mir, ihr Verfluchten.“ Sind das nicht wichtige Dinge? Ja, geliebte Zuhörer! So sicher der Himmel wünschenswert, die Hölle schrecklich, die Zeit kurz, die Ewigkeit unendlich, die Seele wertvoll, der Schmerz zu meiden, der Himmel zu suchen, Gott ewig und sein Wort wahr ist, so gewiß sind das Dinge, auf die ihr unbedingt achten sollt.

III.
Unser letzter Punkt hat es mit der Behandlung, die die arme Bibel in dieser Welt erfährt, zu tun. Sie wird als etwas Fremdes angesehen. Was soll das heißen – die Bibel als ein Fremdes ansehen? Zuerst heißt es, daß sie einigen Leuten fremd ist, weil sie nicht in ihr lesen. Ich erinnere mich, daß ich bei einer Gelegenheit die Geschichte von David und Goliath vorlas, und daß jemand anwesend war, der schon reiferen Alters war und zu mir sagte: „Was für eine interessante Geschichte; in welchem Buch ist sie?„ Und ich erinnere mich einer Person, die einst zu mir kam, um mich allein zu sprechen. Als ich mit ihr über ihr Seelenheil sprach, erzählte sie mir, wie beunruhigt sie sei, sie hätte einen Wunsch, Gott zu dienen, aber sie fände ein anderes Gesetz in ihren Gliedern. Ich schlug eine Stelle im Römerbrief auf und las sie vor: „Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ Sie sagte: „Ist das in der Bibel? Das wußte ich nicht.„ Ich tadelte sie nicht, denn sie hatte bis dahin kein Interesse an der Bibel; aber es wundert mich, daß es Leute geben kann, die von einem solchen Spruch nichts wissen. Oh, ihr wißt mehr aus euren Geschäftsbüchern, als von dem, was Gott geschrieben hat. Viele von euch lesen einen Roman von Anfang bis zu Ende, und was habt ihr, wenn ihr damit fertig seid? Einen Mund voll Schaum. Aber ihr könnt die Bibel nicht lesen; diese kernige, dauerhafte, feste und nahrhafte Kost bleibt ungegessen, verschlossen im Schrank der Vergessenheit; während alles, was Menschen schreiben, ob es auch von noch so vorübergehendem Interesse ist, gierig verzehrt wird. „Ich habe ihm die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben, aber sie wurden geachtet wie ein Fremdes.“ Ihr habt sie nie gelesen.
Ich bringe die allgemeine Anklage gegen euch vor. Ihr sagt vielleicht, ich sollte euch dessen doch nicht beschuldigen. Ich halte es immer für besser, eine zu schlechte Meinung von euch zu haben, als eine zu gute. Ich beschuldige euch, ihr lest eure Bibel nicht. Einige von euch haben sie nie durchgelesen. Ich weiß, ich spreche aus, was euer Herz als volle Wahrheit anerkennen muß: Ihr seid keine Bibelleser. Ihr sagt, ihr habt eine Bibel zu Haus: halte ich euch für solche Heiden, die keine Bibel zu Haus haben? Aber wann habt ihr zuletzt darin gelesen? Woher wißt ihr, ob die Brille, die ihr verloren habt, nicht schon seit drei Jahren in ihr liegt? Viele Leute haben seit langer Zeit die Blätter ihrer Bibel nicht umgeblättert, und Gott kann zu ihnen sagen: ,Ich habe euch die großen Dinge meines Gesetzes geschrieben, aber ihr habt sie geachtet wie ein Fremdes.„ Es gibt aber andere, die zwar die Bibel lesen; doch sagen sie, sie sei so schrecklich trocken. Jener junge Mann dort drüben sagt, sie sei „langweilig,“ das ist das Wort, das er gebraucht. Er sagt: „Meine Mutter sagte mir, wenn du in die Stadt kommst, dann lies jeden Tag ein Kapitel. Ihr zu Gefallen wollte ich es tun und versprach es ihr. Aber ich wollte, ich hätte es ihr nicht versprochen. Ich las gestern und vorgestern kein Kapitel. Wir hatten so viel zu tun. Ich konnte es nicht ändern.„ Du liebst die Bibel nicht, nicht wahr? „Nein, es ist nichts Interessantes darin.“ Ah, das dachte ich mir. Es ist erst kurze Zeit her, daß ich auch nichts darin sehen konnte. Weißt du, warum? Blinde können nichts sehen, nicht wahr? Aber wenn der Heilige Geist die Schuppen anrührt, so fallen sie vom Auge, und wenn Er die Augensalbe darauf legt, dann wird die Bibel köstlich. Ich denke an einen Predigers, der eine alte Dame besuchte und ihr einige köstliche Verheißungen aus dem Worte Gottes geben wollte. Als er eine aufschlug, sah er am Rande ein „K„ stehen und fragte, was dies bedeute. Das bedeute „Köstlich “. Weiter unten sah er ein „V“ und ein „E„ und fragte, was diese Buchstaben bedeuteten. „Das,“ antwortete sie, „bedeutet Versucht und Erprobt, denn ich habe es versucht und erprobt.„ Wenn ihr Gottes Wort versucht und erprobt habt, wenn es euren Seelen köstlich ist, dann seid ihr Christen; aber Leute, die die Bibel verachten, haben weder „Teil noch Anteil in der Sache.“ Wenn sie euch trocken ist, so werdet ihr zuletzt trocken in der Hölle sein. Wenn ihr sie nicht für besser haltet als nur notwendige Nahrung, dann ist keine Hoffnung für euch, denn euch fehlt der größte Beweis eures Christentums.
Ach! Ach! das Schlimmste kommt noch. Es gibt Leute, die die Bibel hassen, und verachten. Ist so ein Mensch hier hereingekommen? Einige von euch sprachen: „Laßt uns gehen und hören, was der Prediger uns zu sagen hat.„ Dies ist es, was er euch zu sagen hat: „Seht, ihr Verächter, und wundert euch und werdet zunichte.“ Dies ist es, was er euch zu sagen hat: „Die Gottlosen werden zur Hölle gekehrt werden, und alle, die Gottes Wort vergessen.„ Und dies hat er euch auch noch zu sagen: „Und wißt, daß in den letzten Tagen Spötter kommen werden wie ihr, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln.“ Aber mehr noch, er sagt euch heute, daß, wenn ihr gerettet werden sollt, ihr hier Errettung finden müßt, in diesem Buch. Deshalb verachtet nicht die Bibel, sondern forscht in ihr, lest sie und kommt zu ihr. Sei versichert, du Spötter, daß dein Lachen die Wahrheit nicht ändern kann, daß deine ungesalzenen Witze dein unvermeidliches Geschick nicht abwenden werden.
Obwohl du in deiner Verhärtung einen Bund mit dem Tode machtest und einen Vertrag mit der
Hölle unterschriebst, soll doch schnelle Gerechtigkeit dich ereilen und starke Rache dich niederwerfen. Vergeblich höhnst und spottest du, denn die ewigen Wahrheiten sind mächtiger als deine Sophistereien, und deine beißenden Äußerungen können nicht die göttliche Wahrheit eines einzigen Wortes dieses geoffenbarten Buches ändern. Oh, warum zankst du mit deinem besten Freunde und behandelst deine einzige Zuflucht so schlecht? Doch bleibt noch Hoffnung selbst für den Spötter. Hoffnung auf das Blut des Heilandes. Hoffnung auf des Vaters Barmherzigkeit. Hoffnung auf des Geistes allmächtige Kraft.
Noch ein Wort, und ich bin fertig. Mein Freund, der Philosoph, meint, daß es am Platze sei, daß ich die Leute zum Bibellesen ansporne, daß es aber nach seiner Meinung sehr viele Wissenschaften gebe, die sowohl interessanter als auch unterhaltender sind als die Theologie. Ich bin Ihnen, mein Herr, außerordentlich verbunden für Ihre Meinung. Welche Wissenschaft haben Sie dabei besonders im Sinn? Die Wissenschaft, Käfer zu sezieren und Schmetterlinge zu klassifizieren? „Nein,„ sagter, „gewiß nicht.“ Die Wissenschaft Steine nach ihrem Alter zu ordnen und uns von den Schichten der Erde zu erzählen? „Nein, nicht gerade das.„ Welche Wissenschaft denn? „Oh, alle Wissenschaften sind besser als die Wissenschaft der Bibel.“ Ah, mein Herr, das ist Ihre Meinung; und Sie sprechen so, weil Sie fern von Gott sind. Aber die Wissenschaft von Jesus Christus ist die beste von allen Wissenschaften. Möge sich niemand von der Bibel abwenden, weil sie kein Buch der Gelehrsamkeit und Weisheit sei. Sie ist es. Wollt ihr Astronomie kennenlernen? Sie ist hier: sie erzählt euch von der Sonne der Gerechtigkeit und dem Stern von Bethlehem. Wollt ihr etwas von der Botanik wissen? Sie ist hier: sie erzählt euch von der ,berühmten Pflanze„ – von der Lilie des Tals und der Rose zu Saron. Wollt ihr Geologie und Mineralogie kennenlernen? Ihr könnt sie hier lernen: denn ihr könnt hier von dem Fels des Heils lesen und von dem weißen Stein, mit einem Namen darauf geschrieben, den niemand kennt als der, der ihn empfängt (Off. 2, 17). Wollt ihr Geschichte studieren? Hier ist der älteste aller Berichte über die Geschichte des Menschengeschlechts. Was auch eure Wissenschaft ist, kommt und beugt euch über das Buch; eure Wissenschaft ist hier. Kommt und trinkt aus dieser Quelle der Erkenntnis und Weisheit, und ihr werdet finden, wie ihr weise zur Seligkeit werdet. Weise und Törichte, Kinder und Männer, grauhaarige Greise, Jünglinge und Jungfrauen – ich spreche zu euch, ich streite mit euch, ich bitte euch, habt Ehrfurcht vor eurer Bibel, und forscht in ihr, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben in ihr, und sie ist es, die von Christus zeugt. Ich bin am Ende. Laßt uns nach Haus gehen und das tun, was wir gehört haben. Ich habe von einer Frau gehört, die, als sie gefragt wurde, was sie von der Predigt behalten habe, antwortete: ,Ich weiß nichts mehr davon. Sie war über leichtes Gewicht und falsches Maß, und ich weiß nichts mehr davon, als daß ich nach Haus ging und den Scheffel verbrannte.“ Also, wenn ihr es nicht vergessen wollt, nach Haus zu gehen und den Scheffel zu
verbrennen; wenn ihr nach Haus gehen wollt, um die Bibel zu lesen, so habe ich genug gesagt. Und möge Gott in seiner unendlichen Barmherzigkeit, wenn ihr eure Bibel lest, in eure Herzen die erleuchtenden Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit gießen durch die Kraft des ewig anbetungswürdigen Geistes; dann werdet ihr sie zu eurem Nutzen und zu eurer Seelen Seligkeit
lesen.