Spurgeon, Charles Haddon – Das eheliche Verhältnis
„Kehrt wieder, ihr rückfälligen Kinder, spricht der Herr, denn ich bin euch ein Mann.“ (N. d. engl. Übers.)
Dies sind köstliche Worte, ein liebliches, schmerzstillendes Mittel für ein beunruhigtes Gewissen. Ein so besonderer Trost ist tauglich, die Seele zu erheitern und allen ihren Aussichten die hellste Farbe zu verleihen. Der, an den er gerichtet ist, hat eine ungemein glückliche Stellung. Satan wird heute mit dir, der du an Christum glaubst, sehr geschäftig sein. Er wird sagen: „Was für ein Recht hast du, zu glauben, daß Gott dir angetraut ist?“ Er wird dich an deine Unvollkommenheiten, an die Kälte deiner Liebe und vielleicht an den rückfälligen Zustand deines Herzens erinnern. Er wird sagen: „Was? kannst du mit all diesem vermessen genug sein, eine Verbindung mit dem Sohn Gottes zu beanspruchen? Kannst du wagen, zu hoffen, daß eine Vermählung zwischen dir und dem Heiligen stattfinden wird?“ Er wird dir sagen, als wäre er ein Anwalt der Heiligkeit, daß es nicht möglich sei, daß so einer, wie du deinem Gefühl nach bist, wirklich an einem so köstlichen und besonderen Vorrecht, wie das der Vermählung mit dem Herrn, teilhaben kann. Laßt dies als Antwort auf alle solche Eingebungen genügen: Der Spruch ist gerichtet, nicht an Christen in einem gedeihlichen Herzenszustand, nicht an Gläubige auf dem Verklärungsberge, die mit Christo verklärt, nicht an eine völlig keusche und schöne Braut, die unter dem Panier der Liebe sitzt, und mit ihrem Herrn ein Mahl hält; sondern er ist an die gerichtet, die „abtrünnige Kinder“ genannt werden. Gott spricht zu seiner Gemeinde in ihrem niedrigsten und elendsten Zustande, und obwohl Er nicht verfehlt, ihre Sünde zu tadeln, zu beklagen und sie dieselbe beklagen zu lassen, so spricht Er doch zu ihr in diesem Zustande: „Ich bin dir angetraut.“ O! es ist Gnade, daß Er mit irgend einem von uns vermählt ist, aber es ist Gnade auf ihrem höchsten Gipfel, es ist der Ozean der Gnade zur Flutzeit, daß Er so zu „abtrünnigen Kindern“ spricht.
Dass Er in Tönen der Liebe zu irgend welchen von dem gefallenen Geschlecht Adams spricht, ist „unbegreiflich seltsam, wundervoll“; aber daß Er diejenigen erwählt, die verräterisch an Ihm gehandelt haben, die Ihm den Rücken zugewandt und nicht das Angesicht, die falsch gegen Ihn gewesen sind, obwohl nichtsdestoweniger sein eigen, und daß Er zu ihnen spricht: „Ich bin euch ein Mann“; das ist Freundlichkeit über alles hinaus, was wir wähnen oder wissen konnten. Höre, o Himmel, und staune, o Erde, laßt jedes verstehende Herz in Gesang ausbrechen, ja, laßt jede demütige Seele die Herablassung des Höchsten loben und preisen! Ermuntert euch, arme, gebeugte Herzen. Hier ist für einige von euch, die niedergeschlagen und untröstlich sind und die allein sitzen, süße Ermutigung, lebendiges Wasser aus diesem Brunnen zu schöpfen. Laßt nicht den Lärm der Schützen euch von dem Orte des Wasserschöpfens zurückhalten. Seid nicht bange, daß ihr verflucht werdet, während ihr einen Segen erwartet. Wenn ihr nur auf Jesum vertraut, wenn ihr nur einen lebendigen Anteil an dem einst erniedrigten, jetzt erhöhten Heiland habt, so kommt mit heiliger Kühnheit zu dem Text, und empfangt allen Trost, der darin ist, und freut euch daran. Zu diesem Ende laßt uns aufmerksam das Verhältnis betrachten, von dem hier die Rede ist, und. fleißig forschen, wie weit wir. durch Erfahrung damit bekannt sind.
I. Bei der Betrachtung des Verhältnisses, von dem hier die Rede ist, werdet ihr bemerken, daß die Verwandtschaft der Ehe, obwohl außerordentlich nahe, doch keine der Geburt ist.
1. Die Ehe ist kein Verhältnis ursprünglicher Blutsverwandtschaft. Sie wird zwischen zwei Personen geschlossen, die während des ersten Teils ihres Lebens sich ganz fremd gewesen sein können; sie mögen sich kaum vorher gesehen haben, ausgenommen in den paar Monaten, die der Hochzeit vorangingen. Die Familien mögen vorher keine Bekanntschaft miteinander gehabt, sie mögen so weit voneinander gelebt haben, wie die Antipoden. Die eine mag reich und im Besitz großer Domänen sein und die andre mag unbemittelt und in beschränkten Umständen leben. Geschlechtsregister regulieren sie nicht, Ungleichheiten hindern sie nicht. Die Verbindung ist nicht eine der natürlichen Geburt, sondern eine des freiwilligen Kontrakts oder Bundes. Dieser Art ist das Verhältnis, das zwischen dem Gläubigen und seinem Gott stattfindet. Was für ein Verhältnis auch ursprünglich zwischen Gott und dem Menschen war, es wurde durch den Fall ausgetilgt und ausgelöscht. Wir waren Fremdlinge, sehr fern von Gott durch böse Werke. Wir hatten fortan kein Verhältnis zu dem Höchsten; wir waren von seinem Angesicht verbannt als Verräter an seinem Thron, als verurteilte Verbrecher, die sich gegen seine Macht empört hatten. Zwischen unsern Seelen und Gott konnte keine Gemeinschaft sein. Er ist Licht, und wir sind dunkel. Er ist Heiligkeit, und wir sind Sünde. Er ist Himmel, und wir sind weit mehr der Hölle verwandt. In Ihm ist vollendete Größe, und wir sind winzige Unbedeutendheit. Er füllt alle Welten mit seiner Stärke, und wir sind die Geschöpfe eines Tages, die nichts wissen und von den Würmern einst gefressen werden. Die Kluft zwischen Gott und einem Sünder ist etwas Schreckliches, wenn man sie betrachtet. Es ist ein ungeheurer Unterschied zwischen Gott und dem Geschöpf, selbst wenn das Geschöpf rein ist, aber zwischen Gott und dem gefallenen Geschöpf – o, wo ist die Schnur, welche diese unendlichen Meilen der Entfernung messen wird? Wo war ein Mittel, eine solche Kluft zu überbrücken, wenn nicht der Herr Jesus es in seiner eignen Person und in seinem eignen Leiden gefunden hätte? Wie hätten wir je den unendlichen Plan erkennen können, wenn er uns nicht als vollendete Tatsache offenbart wäre, durch welchen Er uns versöhnt und in Gemeinschaft mit sich selber gebracht hat, auf daß wir Ihm angetraut würden? Nun, Christ, erwäge einmal, was du und die herabgekommene Familie war, zu der du gehörtest, damit du den Reichtum seiner Gnade erhebst, die sich mit dir in deinem niedrigen Stand verlobte, und sich so mit allen Bürgschaften eines Gatten an dich gebunden, daß Er spricht: „Ich bin dir ein Mann.“ Was warst du? Es ist ein schwarzes Verzeichnis von Verbrechern, welches der Apostel im ersten Briefe an die Korinther gibt (6, 9. 11); ich unterlasse die Aufzählung der schmutzigen Laster – an deren Ende er sagt: „Aber ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt.“ An jenen Lastern, die er namhaft macht, hatten viele von uns einen Anteil, nein, wir alle! Was war unser Vater, und was war unseres Vaters Haus? Was war unser Ziel? Was war unser Tun? Was waren unsre Wünsche? Welcher Art waren unsre Neigungen? Sie waren irdisch, niederwärts, höllenwärts. Wir waren in einer Entfernung von Gott, und liebten diese Entfernung sehr. Aber der Herr Jesus nahm unsre Natur an sich: auf Ihn legte Gott alle Missetat seines Volkes. Und warum? Nicht bloß, um uns vor dem zukünftigen Zorn zu retten, sondern damit wir, kraft seiner Versöhnung, aus unsrer Erniedrigung emporgehoben, geheiligt und zubereitet werden und durch die Kraft des Geistes in ein Verhältnis zu Gott treten sollten, das die Natur nicht gebildet, sondern durch die staunenswerte Gnade zustande gebracht und vollendet wurde. Dem Herrn laßt uns heute danken, wenn wir an des Brunnens Gruft gedenken, daraus wir gegraben sind, und uns daran erinnern, daß wir mit Ihm durch Bande des Blutes und Bande der Liebe vereinigt sind.
2. Die Verbindung der Ehe ist das Ergebnis der Wahl. Alle Ausnahmen von dieser Regel, die man vorbringen könnte, ermangeln des Grundes, weil sie aus Torheit und Übertretung entspringen: es sollte keine Ausnahme da sein. Es ist überhaupt kaum eine wahre Ehe, wenn nicht von jeder Seite eine Wahl stattgefunden hat. Aber gewiß, wenn der Herr, unser Gott, uns und wir Gott angetraut sind, so ist die Wahl gegenseitig. Die erste Wahl ging von Gott aus. Diese Wahl war, wie wir glauben, vor Grundlegung der Welt getroffen:
„Der Grund der Welt war nicht geleget,
der Himmel war noch nicht gemacht,
so hat Gott schon den Trieb geheget,
der mir das Beste zugedacht.
Da ich noch nicht geschaffen war,
da reicht‘ Er mir schon Gnade dar.“
Gott begann nie, sein Volk zu lieben. Es wäre dem geistlichen Sinn unmöglich, einen so unwürdigen Gedanken zu hegen. Er sah sie in dem Spiegel seiner Ratschlüsse; Er sah sie mit dem Auge seines Vorherwissens in der Masse der Geschöpfe, gefallen und ganz verderbt; aber dennoch schaute Er sie, bemitleidete und liebte sie, erwählte sie und sonderte sie aus. „Sie sollen mein sein,“ spricht der Herr. Hierin stimmen wir alle überein, und wir sollten alle betreffs des zweiten Punktes übereinstimmen, nämlich, daß wir auch unsern Herrn erwählt haben. Brüder, kein Mensch wird gegen seinen Willen errettet. Wenn jemand sagte, daß er gegen seinen Willen errettet wäre, so würde das ein Beweis sein, daß er überhaupt nicht errettet sei; denn Widerwille oder Gleichgültigkeit verrät eine gänzliche Entfremdung aller Neigungen des Herzens. Wenn der Wille sich Gott widersetzt, so ist das ein Beweis, daß der ganze Mensch noch in Feindschaft wider Gott ist. Von Natur wählten wir Gott nicht; von Natur widerstrebten wir seinem Gesetz, und wandten uns von seiner Herrschaft weg.
Aber steht nicht geschrieben: „Mein Volk soll willig sein am Tage meiner Macht“?. (Ps. 110, 3 nach der englischen Übersetzung). Versteht ihr nicht, wie Gott ohne irgend welche Vergewaltigung eures freien Willens geeignete Beweise und Triebkräfte gebraucht hat, um euren Verstand zu beeinflussen? Durch unsern Verstand ist unser Wille überzeugt, und unsre Seelen sind freiwillig gezogen. Dann werfen wir die Waffen unsrer Empörung nieder, und demütigen uns vor dem Schemel des Höchsten; und nun wählen wir das frei, was wir einst böser Weise verabscheuten. Wählst du nicht, Christ, zu dieser Stunde von ganzem Herzen Christum als deinen Herrn und Heiland? Wenn es dir wieder freigestellt werden könnte, die Wahl zu treffen, ob du die Welt oder Christum lieben wolltest, würdest du nicht sagen: „O, mein Freund ist mir lieber, als zehntausend Welten! Er hält alle meine Liebe fest, nimmt alle meine Leidenschaft in Anspruch, ich gebe mich Ihm ganz frei hin; Er kaufte mich um einen großen Preis; Er gewann mich mit seiner großen Liebe; Er entzückte mich mit seinen unaussprechlichen Reizen, deshalb gebe ich mich Ihm ganz hin!“ Hier ist gegenseitige Wahl. Ich wünschte, einige unsrer Freunde ließen ab von ihrem Widerstand gegen die Lehre, daß Gott uns erwählt hat. Wenn sie nur die Schrift mit vorurteilsfreiem Sinn lesen wollten, so bin ich gewiß, sie würden dies da finden. Es scheint mir immer unerklärlich, daß die, welche so kühn den freien Willen für den Menschen beanspruchen, Gott nicht auch etwas freien Willen gestatten wollen. Ich nehme an, meine Brüder würden sich nicht gern mit einer verheiraten, die sie nicht gewählt hätten, und warum sollte Jesus Christus nicht das Recht haben, seine eigne Braut zu wählen? Warum sollte Er nicht seine Liebe zuwenden, wem Er will, und das Recht haben, nach seinem eignen, unumschränkten Sinn sein Herz und seine Hand zu verleihen, die niemand irgendwie verdienen kann?
Wisset dies, daß Er seine eigne Wahl haben wird, ob wir die Lehre bestreiten oder nicht, denn Er will gnädig sein, dem Er gnädig sein will, und will sich erbarmen, des Er sich erbarmen will. Indes wünsche ich, daß die Freunde, welche diese Wahrheit glauben, ebenfalls die andre annehmen möchten, die ebenso wahr ist. Wir wählen auch unserseits Christum, und das ohne irgend eine Vergewaltigung unseres freien Willens. Einige Leute können nicht zwei Wahrheiten zu gleicher Zeit sehen; sie können nicht verstehen, daß Gott alle Wahrheit so machte, daß sie eine doppelte ist. Die Wahrheit ist vielseitig. Während die göttliche Vorherbestimmung wahr ist, ist die menschliche Verantwortlichkeit auch wahr; während es wahr ist, daß Christus uns erwählt, ist es auch wahr, daß die unerneuerte Seele Ihn nicht erwählt! „Ihr wollt nicht zu mir kommen, daß ihr das Leben haben möchtet.“ Dies ist die Sünde und die Verdammnis des Menschen, daß „das Licht in die Welt gekommen ist; und die Menschen liebten die Finsternis mehr, denn das Licht, denn ihre Werke waren böse.“ Laßt es jedoch in eurem Herzen fest stehen, daß, wenn Gott sagt: „Ich bin euch angetraut“, dies einschließt, daß auf beiden Seiten eine Wahl gewesen ist; und daß es eine wahre Ehe ist:
3. Unsre dritte Betrachtung ist, daß die Ehe durch gegenseitige Liebe fest gekittet ist. Wo diese gegenseitige Zuneigung nicht ist, da verdient sie nicht den Namen Ehe. Der dunkle Schatten eines Segens, den sie nicht verwirklichen können, muß für beider Herzen eine schwere Last sein; aber wo wahre und echte Liebe ist, da ist es die lieblichste und glücklichste Lebensweise. Es ist eine der Segnungen des Paradieses, die uns nach dem Falle noch erhalten ist. Ohne Liebe muß das Leben in der Ehe ein wahres Fegefeuer auf Erden sein. In dem feierlichen Kontrakt, der unsre Seelen heute zu Gott gebracht hat, wird die Ehe durch gegenseitige Liebe erhalten, befestigt, gestärkt und glücklich gemacht. Ist es nötig, zu euch von der Liebe Gottes zu reden?
Es ist ein Thema, von dem wir kaum fähig sind zu reden. Ihr müßt niedersitzen und vor Freude darüber weinen; Freude, die das Herz füllt und das Auge überfließen läßt, aber fast die Zunge kettet, denn sie ist unaussprechlich und unergründlich tief. „Er hat mich geliebt und sich selbst für mich dahin gegeben.“ „Seht, welch eine Liebe hat der Vater uns erzeigt!“ „Gleichwie mich mein Vater liebt, also liebe ich euch auch.“ O, die Liebe Gottes! Es würde über die Kräfte eines Engels hinausgehen, sie darzustellen. Gewiß, es wird die selige Beschäftigung für uns in den langen Zeitaltern der Ewigkeit sein, sie zu begreifen; und vielleicht werden wir, wenn Myriaden von Zeitaltern über unsre glücklichen Seelen dahin gerollt sind, noch ebenso sehr von Staunen darüber ergriffen sein, wie wir es zuerst waren. Das Wunder vermindert sich nicht bei näherer Einsicht; Vertrautheit kann es nicht zu etwas Gewöhnlichem machen. Je näher wir kommen, desto tiefer unsre Ehrfurcht. Daß Gott solche kalte, solche treulose, solche unwürdige Wesen liebt, wie wir es sind, wird am Ende von zehntausend Jahren eine ebenso große Überraschung sein, als es zuerst war, vielleicht noch mehr so. Je gründlicher wir uns selber kennen lernen, desto völliger werden wir die Güte des Herrn verstehen; so wird unsre Verwunderung wachsen und zunehmen. Selbst im Himmel werden wir in Staunen und Bewunderung über die Liebe, die Gott zu uns hat, verloren sein. Das Entzücken wird die Ehrfurcht vermehren, die wir fühlen. Aber, geliebte Brüder, ich hoffe, daß wir Ihn auch wiederum lieben! Fühlt ihr niemals eine sanfte Rührung nach der andern aufkommen, wenn ihr über den Christ Gottes nachsinnt? Wenn ihr zuweilen eine Predigt anhört, in welcher des Heilands Liebe euch dargestellt wird, fühlt ihr nicht, daß die ungebetene Träne eure Wange netzt?
Schwillt nicht euer Herz zuweilen an, als wäret ihr unfähig, eure Empfindungen zurück zu halten? Ist nicht eine „unaussprechliche und herrliche Freude“ da, die über euch kommt? Könnt ihr nicht sagen:
„O Jesus, Schmuck des Engelchors,
entzückender Gesang des Ohrs,
dem Munde honigsüße Lust
und Wonn‘ und Himmel in der Brust?“
Ich hoffe, ihr braucht heute nicht zu singen:
„Lieb‘ ich den Herrn? lieb ich Ihn nicht?“
sondern ich vertraue darauf, daß ihr in der feierlichen Stille eurer Seele sagen könnt: „Du weißt, daß ich Dich lieb habe;“ trauernd, daß die Frage getan wird, aber doch bereit, mit Petrus zu antworten: „Herr, Du weißt alle Dinge, Du weißt, daß ich Dich lieb habe.“ Nun, es ist unmöglich für euch, Gott zu lieben ohne starken, überzeugenden Beweis, daß Gott euch liebt. Ich kannte einst eine gute Frau, die viel an Zweifeln zu leiden hatte, und als ich der Sache auf den Grund kam, war es dies: sie wußte, daß sie Christum liebte, aber sie fürchtete, daß Er sie nicht liebe. „O!“ sagte ich „,das ist ein Zweifel, der mich nie beunruhigen wird; niemals wäre das möglich, weil ich dessen gewiß bin, daß das Herz von Natur so verderbt ist, daß die Liebe zu Gott niemals da hinein käme, ohne daß Gott sie hineinlegt.“ Ihr könnt ganz gewiß sein, daß, wenn ihr Gott liebt, dies eine Frucht ist und keine Wurzel. Es ist die Frucht der Liebe Gottes zu euch, und gelangte nicht in euer Herz vermöge irgend etwas Gutem in euch selber. Ihr könnt mit absoluter Gewißheit schließen, daß Gott euch liebt, wenn ihr Gott liebt. Von seiner Seite. war nie eine Schwierigkeit da. Sie war stets von eurer Seite, und nun sie da gewichen ist, bleibt überhaupt keine mehr nach. O, laß unsre Herzen sich freuen und voll Wonne sein, weil der Heiland uns geliebt hat und sich selbst für uns gegeben. So laßt uns die Wahrheit des Textes empfinden: „Ich bin euch angetraut.“
4. Meine vierte Bemerkung ist, daß diese Vermählung gewisse gegenseitige Beziehungen notwendig macht. Ich kann nicht „Pflichten“ sagen, denn das Wort scheint auf beiden Seiten nicht am Platze. Wie kann ich von dem großen Gott sagen, daß Er Bürgschaften der Treue gibt, und doch läßt mich mit Ehrfurcht es so ausdrücken, denn in meinem Wörterbuche habe ich kaum Worte, es darzustellen. Wenn Gott ein Ehemann wird, so unternimmt Er, als solcher zu handeln. Wenn Er spricht: „Der dich gemacht hat, ist dein Mann“, so mögt ihr sicher sein, daß Er dieses Verhältnis nicht eingeht, ohne, (nun, ich muß es sagen) alle Verantwortlichkeiten auf sich zu nehmen, die mit dieser Stellung verbunden sind. Es ist Gottes Sache, diejenigen, mit denen Er in unendlicher Barmherzigkeit sich herabläßt, eine Verbindung einzugehen, zu nähren, zu pflegen, zu schirmen, zu schützen, zu segnen. Als der Herr Jesus Christus der Mann seiner Gemeinde wurde, fühlte Er, daß Er unter einer Verpflichtung gegen uns war, und weil Schulden da waren, bezahlte Er sie:
„Hier bin ich“, sprach zu Gott der Sohn,
ich will für sie erdulden.
Was Deine Rechte ihnen droh’n,
bezahlen ihre Schulden.„
Er scheute sich nie, jene Liebeswerke zu tun, die dem Manne seiner Erkorenen gegenüber zukommen. Er erhob das Wort „Ehemann“ und machte es noch bedeutungsvoller, als es je zuvor war, so daß der Apostel es in einem neuen Lichte glänzen sah und sagen konnte: „Ihr Männer, liebt eure Weiber, gleichwie Christus geliebt hat die Gemeinde und sich selbst für sie gegeben.“
O ja, liebe Freunde, es gibt eine Verantwortlichkeit, die aus diesem Verhältnis entspringt, aber Er, von dem wir reden, hat sie nicht aus den Augen gesetzt; ihr wißt, Er hat es nicht. Und nun, was von unsrer Seite? Das Weib hat den Mann zu ehren und ihm in allen Dingen untertan zu sein. Das ist genau unsre Stellung gegen den, der sich uns anvermählt hat. Sein Wille sei unser Wille. Sein Wunsch sei unser Gesetz. Es sollte nicht nötig sein, daß wir zum Dienst gepeitscht werden, sondern laßt uns sagen:
„Einer ist es, dem ich lebe,
den ich liebe früh und spat,
Jesus ist es, dem ich gebe,
was Er mir gegeben hat.“
O Christ, wenn der Meister sich herabläßt, zu sagen: „Ich bin euch ein Mann“, so wirst du nicht länger fragen: „Was ist meine Pflicht!“ sondern du wirst sprechen: „Was kann ich für Ihn tun?“ Das liebende Weib sagt nicht: „Was ist meine Pflicht?“ sie steht nicht kalt und fragt, wie weit sie gehen soll und wie wenig sie tun darf, sondern alles, was sie für ihn tun kann, der ihr Mann ist, tut sie, und alles, woran sie nur denken kann, alles, dem sie sich widmen kann, um ihm in allen Dingen zu gefallen, das wird sie sicherlich tun und vollbringen. Und ihr und ich, wir werden das Gleiche tun, wenn wir unsre Verbindung mit Christo als etwas Wirkliches empfinden.
O Geliebte, werdet nicht sentimental und vergeudet nicht eure Kraft mit phantastischen Tändeleien, wie einige es getan haben. Sprecht ihr von einem Weibe? – wo die Familie zahlreich, das Werk schwer und die Verantwortung groß ist. Ich möchte euch gern, wenn die Zeit es erlaubte, an die Worte des Königs Lemuels erinnern und die Weissagung, die seine Mutter ihn lehrte. Ertrage es wenigstens, daß ich dich ermahne, eine solche zu sein, daß deines Mannes Herz sich auf dich verlassen kann. Trage Sorge, deinem Hause Speise zu geben. Laß deine Finger die Spindel fassen; laß deinen Fleiß nicht aufhören; iß nicht das Brot der Faulheit.. Breite deine Hände aus zu dem Armen und reiche deine Hand dem Dürftigen. Tue deinen Mund auf mit Weisheit und auf deiner Zunge sei holdselige Lehre. Ja, und halte bei dir selbst darauf, daß du in deiner Rücksicht alle Pflichten deiner Stellung wie eingegangene Verbindlichkeiten gegen deinen Herrn erfüllst. Kurze Worte, aber mächtige, unvergleichliche Taten haben uns gesagt, wie Jesus uns liebte. Unsre Sache sei es, unser Lied der Liebe zu Ihm in die Herzen einiger zarter Pfleglinge einzugraben, die in unsren Weg geworfen und unsrer Sorge anbefohlen werden. O, daß das Leben, das ich jetzt im Fleische lebe, durch den Glauben an den Sohn ein Gedicht werden möge und eine dankbare Antwort an Ihn, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahin gegeben. Ich hoffe also, wir wissen, daß, wenn Gott sagt: „Ich bin euch angetraut“, dies gegenseitige Beziehungen notwendig macht.
5. Fünftens, es schließt auch gegenseitiges Vertrauen ein. Wie können wir das eine Ehe nennen, wo Mann und Weib noch zwei Personen sind und ihre Individualität aufrecht halten, als wenn das eine peinliche Bedingung des Kontraktes sei?. Das ist der göttlichen Idee gänzlich fremd. In einer wahren Ehe werden Mann und Weib eins. Fortan erheben und vereinen ihre Freuden und ihre Sorgen, ihre Hoffnungen und ihre Arbeiten, ihre Leiden und ihr Vergnügen sich zu einem Strom. Brüder, der Herr, unser Gott hat es gesagt: „Das Geheimnis des Herrn ist unter denen, die Ihn fürchten, und seinen Bund läßt Er sie wissen.“ „Spricht zu ihm Judas, nicht der Ischariot: Herr, was ist es, daß Du uns Dich willst offenbaren und nicht der Welt?“
Da war das Geheimnis, weil eine Verbindung zwischen Christo und seinem Volke ist, die nicht zwischen Christo und der Welt ist. Wie fröhlich lauten jene Worte, – es ist ein Silberklang darin – „Ich sage hinfort nicht, daß ihr Knechte seid, denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, daß ihr Freunde seid; denn alles, was ich habe von meinem Vater gehört, habe ich euch kund getan.“ Christus hält nichts von euch zurück. Gedenkt an ein andres seiner Worte:
„Wenn es nicht so wäre, würde ich es euch gesagt haben.“ O, wie wonnevoll! Er sagt: „Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten.“ Er sagt ihnen, daß Er ihnen eine Stätte bereiten will, und dann spricht Er: „Wenn es nicht so wäre, würde ich es euch gesagt haben – ich halte keine Geheimnisse vor euch zurück; ihr seid mir nahe, mein Fleisch und mein Bein. Ich verließ meines Vaters Haus in der Herrlichkeit, damit ich eins mit euch würde und mich euch offenbarte, und ich halte nichts von euch zurück, sondern offenbare euch mein ganzes Herz und meine Seele.“
Nun, Christ, siehe her: Du stehst in dem Verhältnis eines Ehegemahls, und du mußt dein ganzes Herz vor Christo ausschütten. Nein, gehe nicht hin und sage es deinen Nachbarn oder deinen Freunden, denn wie es auch ist, das teilnehmende Herz kann nicht in all deinen Kummer eingehen. Es gibt einen Kummer, in den der Fremde sich nicht mischen kann; aber es gab nie einen Schmerz, in den Jesus nicht eingehen konnte. Mache einen Vertrauten aus dem Herrn Jesu – sage Ihm alles. Du bist Ihm angetraut; sei wie ein Weib, das keine Geheimnisse zurückhält, keine Leiden, keine Freuden, sage Ihm alles. Ich war gestern in einem Hause, wo ein kleines Kind war, und man sagte mir: „Es ist so ein sonderbares Kind.“ Ich fragte weshalb, und die Mutter sagte: „Wenn es in der Küche fällt und sich wehe tut, so geht es immer weinend die Treppe hinauf und erzählt es jemandem, und dann kommt es herunter und sagt: Ich habe es jemand erzählt; und wenn es oben ist, so geht es hinunter und erzählt es jemandem, und wenn es zurückkommt, sagt es immer: Ich habe es jemand erzählt, und dann weint es nicht mehr.“ Ach wohl! ich dachte, wir müssen es jemandem erzählen: es ist die menschliche Natur, Teilnahme zu wollen, aber wenn wir immer zu Jesu gingen und Ihm alles erzählten und es dort ließen, so könnten wir oft die Bürde abwerfen und durch ein kostbares Lied erfrischt werden. Laßt uns das tun und mit all unsern Freuden und all unsern Leiden zu Ihm gehen, der da spricht: „Ich bin euch angetraut.“ Ich weiß, der Teufel wird sagen: „Du mußt dem Herrn nicht dein gegenwärtiges Leid erzählen, es ist zu klein, und außerdem, du weißt, du tatest Unrecht und zogst es dir selber zu.“ Wohl, aber du würdest deinem Manne es erzählen, nicht wahr, und willst du es nicht deinem Herrn erzählen? Du könntest es nicht einem Gebieter sagen, aber du kannst es deinem Manne erzählen. O! gehe nicht zurück in den alten gesetzlichen Stand, Christum „Baali“ (mein Herr) zu nennen, sondern nenne ihn „Jischi“: „Mein Mann“, und setze das Vertrauen auf Ihn, das ein Weib auf einen Mann setzen sollte, der sie sehr liebt.
6. Wir müssen zu einem sechsten Punkte übergehen. Diese Ehe schließt Gemeinschaft in all ihren Beziehungen ein. Was immer ein Mann besitzt, wird seines Weibes. Sie kann nicht arm sein, wenn. er reich ist; und das Wenige, was sie hat, was immer es ist, kommt zu ihm. Wenn sie in Schulden ist, so werden ihre Schulden die seinen. Als Jesus Christus sein Volk. nahm, gab Er ihm alles, was Er hatte. Christus hat nichts, was Er uns nicht gegeben hat. Es ist bemerkenswert, daß Er seiner Gemeinde seinen eignen Namen gegeben hat! „Wo?“ fragt ihr. Nun, es sind zwei Stellen in Jeremia, welche dies in merkwürdiger Weise veranschaulichen. (Kapitel 23, 6 und Kapitel 33, 16.) In der einen heißt es: „Dies ist sein Name, dabei man ihn nennen wird“‘, und in der andern: „Man wird sie nennen.“ In beiden ist der Name der gleiche. „Jehovah Tsidkenu, Herr, unsre Gerechtigkeit.“ Was? daß man sie nennen wird? Ja, als spräche Er: „Sie soll meinen Namen annehmen“ und mit dem Namen natürlich die ganze offene Anerkennung seines Anteils an ihr und ihres Anteils an Ihm. Als solche ist sie Teilnehmerin an all seiner Herrlichkeit: wenn Er ein König ist, so ist sie eine Königin; wenn Er im Himmel ist “,so hat Er uns samt Ihn auferweckt und samt Ihm in das himmlische Wesen versetzt;„ wenn Er himmlisch ist, so soll sie auch das Bild des Himmlischen tragen; wenn Er unsterblich ist, so soll sie es auch sein; und wenn Er zur Rechten des Vaters ist, so soll auch sie hoch mit Ihm erhöht werden. Nun, es sagt sehr wenig, wenn ich hinzufüge, daß alles, was wir haben, Ihm gehört – o! es ist so wenig, so sehr wenig, aber man wünscht, es wäre mehr. „O, daß Christus nicht so herrlich wäre, wie Er ist“ – habe ich zuweilen gedacht. Es war halbwegs ein schlechter Wunsch, aber ich meinte es gut, damit ich helfen könnte, ihn zu verherrlichen. O, daß Er noch arm wäre, daß man Ihn zu einem Feste einladen könnte! O, daß Er noch in dieser Welt wäre, daß man das Glas einer köstlichen Salbe zerbrechen und sie auf sein Haupt schütten könnte! Aber Du bist so groß, hochgelobter Meister, daß wir nichts tun können, Dich zu vergrößern! Du bist so hoch, wir können Dich nicht erhöhen! Du bist so glücklich, daß wir Dir nicht wohltun können!. Doch, was sage ich? Es ist alles ein Irrtum! Er ist noch hier. Er nennt alle, die zu seinem Volk gehören, „Glieder seines Leibes“; und wenn ihr wünscht, Ihn zu bereichern, so helft den Armen; wenn ihr Ihn speisen wollt, so speist die Hungrigen. Die, welche Kleider um die Nackenden binden, legen Gewänder um den Herrn selber. „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Ich hoffe, wir können ohne Lüge jene Zeilen singen:
„Ich lieb‘ so innig meinen Herrn,
ich gäbe alles für Ihn gern.“
7. Eine siebente Bemerkung, und dann werde ich nicht länger bei diesem Punkt verweilen. Die eigentliche Krone der Ehe ist wechselseitiges Ergötzen und Wohlgefallen. Die Frau eines persischen Edelmannes, die zu einem Feste gegangen war, das von dem großen Darius gegeben wurde, wurde von ihrem Gatten gefragt, ob sie nicht dächte, Darius sei der schönste Mann der Welt. Nein, sagte sie, das dächte sie nicht, sie hätte nie einen in der Welt gesehen, der mit ihrem Manne zu vergleichen sei. Und ohne Zweifel ist das. gerade die Meinung, die ein Mann von seinem Weibe hat und ein Weib von ihrem Manne, wo die Ehe so ist, wie sie sein sollte. Nun, sicherlich legt Christus einen sehr hohen Wert auf uns. Ich erinnere mich, daß ich jene Stelle im Hohenliede aufschlug, sie betrachtete und mich wunderte, daß sie wahr sein könne. – es glaubte, und doch nicht imstande war, es zu begreifen – wo Christus spricht: „Du bist allerdings schön, meine Freundin, und ist kein Flecken an dir.“ O, was für Augen muß Er haben! Wir sagen, daß Liebe blind ist; aber das kann nicht von Christus wahr sein, weil Er alle Dinge sieht. Aber es verhält sich so: „Er sieht sich selbst in uns. Er sieht uns nicht, wie wir sind, sondern in seiner unendlichen Gnade sieht Er uns, wie wir sein werden:
„Nicht, wie durch Adams Fall wir sind,
Verderbt und unrein voller Sünd‘,
Nein, wie dereinst wir werden sein:
Weit heller als der Sonne Schein.“
Der Bildhauer sagt, er könne eine Büste in einem Marmorblock sehen und alles, was er zu tun hätte, sei, den überflüssigen Marmor hinweg zu meißeln, um die Büste erscheinen zu lassen. So kann Christus ein vollkommenes Wesen in jedem von uns sehen, wenn wir sein Volk sind, und was Er jeden Tag an uns tut, das ist, die Auswüchse hinwegnehmen, um uns sich gleich zu machen. Er kann uns sehen, wie wir eines Tages droben vor dem Thron Gottes im Himmel sein werden, ohne Flecken, Runzel und dergleichen. Ach, Geliebte, Er setzt großen Wert auf uns. Seine Lust ist bei den Menschenkindern. Er liebt es, unsern Lobgesang zu hören und auf unsre Gebete zu merken. Die Lieder seines Volkes sind sein süßer Wohlgeruch, und Gemeinschaft mit seinem Volke ist gleich den Würzgärtlein, den Rosengärtlein, wo Er weidet. Und wir, die wir sein Volk sind, können sagen, des bin ich gewiß, daß es keine Wonne gibt, die der Gemeinschaft mit Christo gleichen kann. Wir haben andre Genüsse gesucht – Schande über uns! – wir haben einige von ihnen versucht, aber nachdem wir das getan, finden wir, daß nichts unserm Herrn gleicht. „Eitelkeit der Eitelkeit, es ist alles eitel,“ spricht der Prediger, aber wenn wir zu Christo kommen, finden wir keine Eitelkeit, sondern können sagen:
„So lieblich schallet kein Gesang,
So süß ertönt kein Saitenklang.
Die ganze Welt hat keinen Lohn,
Wie Du, Erlöser, Gottes Sohn.“
Des Christen Herz ist wie Noahs Taube: sie fliegt über die weite Wüste und findet keine Ruhe für ihren Fuß, bis sie zu Christo zurückkommt. Er ist der wahre Noah, der seine Hand ausstreckt, und die müde, flatternde Taube einnimmt und ihr Ruhe gibt. Es gibt in der ganzen Welt keinen Frieden als bei Christo.
„Nein, ihr Geschöpfe seid es nicht,
ich bleib‘ bei euch nicht stehen.
Dich, Schöpfer, selbst muß mein Gesicht
in Geist und Wahrheit sehen.“
So viel denn, um gleichsam die Oberfläche dieses freudenvollen Wortes: Ich bin euch ein Mann,“ zu berühren.
II.
Zwei oder drei Sätze nur über den zweiten Punkt. Wie weit verstehen ihr und ich dies aus Erfahrung? Mir ist bange, einige von euch halten mich heute für halb verrückt. Du sagst: „Nun, ich begreife dies nicht, wovon redet der Mann? Gott mit uns vermählt! Christus mit uns vermählt! Ich begreife es nicht!“ Gott habe Erbarmen mit dir, mein armer Hörer, und bringe dich dahin, es zu kennen!
Aber laß mich dir sagen, wenn du es nur kennen würdest, es ist ein Geheimnis hier, das dich tausendmal glücklicher machen würde, als alle Freuden der Welt. Du erinnerst mich an den Hahn in der Fabel, der einen Diamant auf dem Dunghaufen fand, und als er ihn umkehrte, sagte er: „Ich hätte lieber ein Gerstenkorn gefunden.“ Das war seiner Natur gemäß. Und somit euch. Diese köstliche Perle der Vereinigung mit Gott wird euch nichts scheinen; ein kleines weltliches Vergnügen wird nach eurem Geschmack sein. Man möchte bei dem Gedanken an solche Unkenntnis der wahren Freude und Wonne weinen. O, blinde Augen, die keine Schönheit in dem Heiland sehen können! O, steinkalte Herzen, die keine Lieblichkeit in Ihm sehen können! Jesus, sie sind betört, sie sind wahnwitzig, die Dich nicht lieben können! Es ist eine sonderbare Verblendung der Menschenkinder, zu denken, daß sie Dich entbehren können, daß sie irgend ein Licht sehen können ohne Dich, Du Sonne der Gerechtigkeit, oder irgend welche Schönheit in allen Gärten der Welt ohne Dich, Du Rose Sarons, Du Lilie des Tals! O, daß sie Dich kennen!
„Von Liebe nur durchdrungen
hast Du so viel getan,
und doch bist Du verklungen
und keiner denkt daran!“
Rede ich heute zu einigen, die, während sie behaupten, religiöse Leute zu sein, doch es mit ihrer Treue gegen den Herrn leicht nehmen? Es gibt viele solche, und gelegentlich treffen wir sie hier an. Sie können ihr Gewissen ohne irgend eine Bezeugung von Religion nicht beruhigen, deshalb vereinigen sie sich mit uns als Hörer und Zuschauer in der feierlichen Versammlung; aber sie verbinden sich nie mit der Gemeinde, weil sie ihre Herzen nicht Christo hingegeben haben. Fragt sie um die Gründe, so lautet ihre Antwort bescheiden, und doch ist der Vorbehalt, den sie einschließt, durchaus nicht keusch. Sagt ihr uns, ihr wäret bange, daß ihr nicht eurem Bekenntnis gemäß wandeln könnt? Wäre es nicht wahrhafter, einzuräumen, daß euer Verhältnis zur Welt, euer Mammonsdienst, eure gewöhnlichen Zeitvertreibe und eure gelegentlichen Schwelgereien, harmlos, wie ihr euch zu überreden sucht, daß sie seien, doch in dem Lichte der Vermählung mit Christo als eine wahre Schande bezeichnet werden müssen? Soweit es die Grundsätze des Christentums anlangt, so stimmt ihr diesen in eurem Privatglaubensbekenntnis bei, und ihr seid „protestantisch“ genug, die am meisten evangelischen Lehren vorzuziehen, aber der Vorbehalt in eurem Wandel ist ein klarer Fingerzeig eines sehr verhängnisvollen Vorbehalts in eurem Charakter. Ihr mögt zulassen, daß Gott der Höchste, aber nicht der ausschließliche Herr eures Herzens ist. Ihr möchtet des Herrn Altar mehr Ehre als jedem andern Altar geben, aber doch wollt ihr nicht die Höhen entfernen, die das Land entweihen. Eure Meinung ist, daß kein Gott in allen Landen ist, ohne in Israel, aber eure Praxis ist, euch im Hause Rimmons zu beugen. Ihr wünscht, daß alle Verheißungen Gottes euch gewährt würden, aber ihr habt entschieden etwas dagegen, irgend welche Gelübde in seinem Heiligtum zu machen. Solchen, wie ihr seid, sind diese zarten Mahnungen widerwärtig. „Kehrt wieder, ihr rückfälligen Kinder, spricht der Herr, denn ich bin ein Ehemann.“ Nichts in eurer Erfahrung entspricht diesem. Ihr steht ferne, als wäret ihr gekränkt. Ich muß euch daher warnen, daß Gott nur in diesen Banden der Bundesvereinigung euer Gott sein kann. Aber Christ, ich spreche zu dir. Gewiß, du weißt etwas hiervon, daß Gott mit dir vermählt ist? Wenn du es tust, kannst du dann nicht mit mir sprechen? „Ja, und Er ist mir ein sehr treuer Ehemann gewesen.“ Es ist keiner unter euch, der das beanstanden kann. Soweit ist Er sehr treu gegen dich gewesen, und wie bist du gegen Ihn gewesen? Wie freundlich und milde ist Er gewesen; wie treu, wie großmütig, wie teilnehmend! In jedem deiner Leiden hat Er gelitten, und der Engel, so vor Ihm ist, half dir. Grade in deiner äußersten Not ist Er dir zur Hilfe gekommen. Er hat dich durch jede Schwierigkeit hindurch getragen, bis zu diesem Augenblick. O, du kannst gut von Ihm sprechen, nicht wahr? Und was seine Liebe betrifft, Christ, seine Liebe, was denkst du von ihr? Ist es nicht der Himmel auf Erden für dich? Sprichst du nicht:
„Schon Deines Namens Süßigkeit
gibt Freude, Trost und Seligkeit,
noch süßer bist Du, Jesus Christ,
dem Herzen, das Dich selbst genießt.“
Nun, dann sprich gut von Ihm, sprich gut vor Ihm! Laß die Welt sein Lob hören! Laß diese Silberglocke in den tauben Ohren dieses Geschlechts ertönen! Laß sie wissen, daß dein Freund der Schönste unter den Schönen ist, und zwinge sie, zu fragen: „O, du schönste unter den Weibern, was ist dein Freund vor andern Freunden?“
An euch, die ihr Ihn nicht kennt, möchte ich diese Frage richten, beantwortet sie euch selber. Wollt ihr mit Christo vermählt werden? Wünscht ihr, Ihn zu haben? O, dann werden keine Schwierigkeiten der Verbindung im Wege stehen. Wenn dein Herz sich nach Christo sehnt, so will Er dich haben. Wenn du zu Hause in deinem Kämmerlein zu Ihm sprichst: „Lieber Heiland, hier ist mein Herz, nimm es, wasche es, errette mich,“ so wird Er dich hören. Wer du auch sein magst, Er wird dich nicht zurückweisen. O! Er sucht dich, Er sucht dich! Und wenn du Ihn suchst, so ist das ein sicheres Zeichen, daß Er dich gefunden hat. Obwohl du Ihn noch nicht gefunden haben magst, hat Er dich doch schon gefunden. Der Trauring ist bereit. Der Glaube ist der goldene Ring, welcher das Zeichen des Ehebundes ist. Traue dem Heiland! Traue Ihm! Höre auf, deinen guten Werken zu vertrauen. Höre auf, dich auf dein Verdienst zu verlassen. Nimm seine Werke, sein Verdienst, und verlaß dich allein auf Ihn, denn jetzt spricht Er zu dir: „Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit, ich will mich mit dir vertrauen in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit. Ja, im Glauben will ich mich mit dir verloben und du wirst den Herrn erkennen.“ So möge Er mit jedem von euch tun, und möge Christi Name auf ewig verherrlicht werden. Amen.