Charles Haddon Spurgeon

Das Beharren bis ans Ende

Gehalten am Sonntag Morgen, den 24. Juli 1877

„Der Gerechte wird seinen Weg behalten.“
Hiob 17,9

Der Mann, der vor Gott gerecht ist, hat seinen eigenen Weg. Es ist nicht der Weg des Fleisches, noch der Weg der Welt; es ist ein Weg, der ihm durch göttlichen Befehl vorgezeichnet ist, auf dem er im Glauben wandelt. Es ist die göttliche Landstraße der Heiligkeit; der Unreine soll nicht darüber gehen, nur die Erlösten des Herrn sollen sie wandeln, und diese werden ihn einen Pfad der Absonderung von der Welt finden. Einmal auf dem Weg des Lebens muß der Pilger darauf beharren oder umkommen, denn so spricht der Herr: „Wer da weichet, an dem wird meine Seele keinen Gefallen haben.“ Beharren auf dem Pfad des Glaubens und der Heiligkeit ist eine Notwendigkeit für den Christen, denn nur „wer beharret bis ans Ende, der wird selig“. Es ist vergeblich, rasch aufzuschießen wie der Same, der auf den Fels gesät wurde, und dann nachher zu verdorren, wenn die Sonne aufkommt; es würde nur beweisen, daß solche Pflanze keine Wurzel in sich hat; aber „die Bäume des Herrn sind voll Saft“ und bleiben und bestehen und bringen Frucht, selbst im Alter, um zu zeigen, daß der Herr wahrhaftig ist. Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Namen- und dem wahren Christentum, und dieser wird gewöhnlich gesehen in dem Bankrott des einen und der Fortdauer des anderen. Nun, in dem Text wird erklärt, daß der Gerechte seinen Weg behalten soll; er soll nicht zurückgehen, er soll nicht über die Hecken springen und sich rechts oder links verirren, er soll nicht in Trägheit niederliegen, auch nicht ermatten oder aufhören, seine Reise fortzusetzen; sondern „er soll seinen Weg behalten“. Es wird oft schwierig für ihn sein, das zu tun, aber er wird solche Entschlossenheit haben, solche Macht innerlicher Gnade, daß er „seinen Weg behalten wird“, mit festem Willen, als wenn er mit den Zähnen etwas hielte, entschlossen, es niemals fahren zu lassen. Vielleicht wird er nicht immer mit gleicher Eile reisen; es ist nicht gesagt, daß er seinen Schritt behalten soll, sondern seinen Weg. Es gibt Zeiten, wo wir laufen und nicht matt werden, und andere, wo wir dankbar sind, wenn wir gehen und nicht umsinken; ja, und es gibt Perioden, wo wir froh sind, auf allen vieren mit Mühe hinan zu kriechen; aber doch erfahren wir, daß „der Gerechte seinen Weg behalten wird“. Unter allen Schwierigkeiten ist das Angesicht dessen, den Gott gerechtfertigt hat, stracks gen Jerusalem gerichtet; auch wird er sich nicht abwenden, bis er den König in seiner Schöne sehen wird. Dies ist ein großes Wunder. Es ist ein Wunder, daß ein Mensch überhaupt ein Christ ist, und ein größeres, daß er fortfährt, es zu sein. Erwägt die Schwachheit des Fleisches, die Macht des inwendigen Verderbens, die Wut der satanischen Versuchung, die Verführungen des Reichtums und des hoffärtigen Lebens, der Welt und ihres Wesens; all dieses ist gegen uns, und doch seht: „er ist größer, der mit uns ist, als alle, die gegen uns sind“, und Sünde, Satan, Tod und Hölle Trotz bietend, behält der Gerechte seinen Weg.

Ich nehme unseren Text als einen, der genau die Lehre von dem endlichen Beharren aller Heiligen darstellt. „Der Gerechte soll seinen Weg behalten“. Vor Jahren, als ein ernster, selbst bitter Kampf zwischen Calvinisten und Arminianern war, war es die Gewohnheit jeder Partei, die andere zu karikieren. Vieles von der Beweisführung war nicht gegen die wirkliche Meinung der entgegenstehenden Partei gerichtet, sondern gegen das, was ihr beigelegt wurde. Man machte einen Strohmann und verbrannte ihn dann, was ein ziemlich leichtes Ding ist, aber ich hoffe, wir haben diese Dinge hinter uns. Die herrliche Wahrheit von dem endlichen Beharren der Heiligen hat den Kampf überlebt und ist in der einen oder anderen Form der wertgehaltene Glaube der Kinder Gottes. Nehmt euch aber in Acht, daß ihr klar darüber seid, was sie ist. Die Schrift lehrt nicht, daß ein Mensch ans Ziel seiner langen Reise gelangen wird, ohne daß er fortfährt, die Straße zu wandern; es ist nicht wahr, daß ein Glaubensakt alles sei, und daß kein tägliches Glauben, Beten und Wachen nötig tue. Unsere Lehre ist die gerade entgegengesetzte, nämlich, daß der Gerechte seinen Weg behalten soll, oder mit anderen Worten, er soll fortfahren mit Glauben, mit Buße, mit Gebet und unter dem Einfluß der Gnade Gottes. Wir glauben nicht an ein Heil durch äußere Gewalt, die den Menschen wie einen toten Klotz behandelt und ihn, ob er will oder nicht, gen Himmel trägt. Nein, er „behält“, er ist persönlich tätig in der Sache und arbeitet sich vorwärts, Berg auf, Berg ab, bis er das Ziel seiner Wanderung erreicht. Wir dachten nie, träumten nicht einmal, daß ein Mensch bloß, weil er voraussetzt, daß er einmal diesen Weg betrat, schließen dürfe, daß er der Seligkeit gewiß sei, selbst wenn er den Weg sogleich verläßt. Nein, sondern wir sagen, daß der, der wirklich den Heiligen Geist empfängt, so daß er an den Herrn Jesus Christus glaubt, nicht zurück gehen soll, sondern auf dem Glaubensweg beharren. Es steht geschrieben: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden“, und dies kann er nicht werden, wenn er zurück ginge und an seiner Sünde Gefallen hätte wie zuvor; und deshalb soll er durch die Macht Gottes bewahrt werden durch den Glauben zur Seligkeit. Obwohl der Gläubige zu seinem Schmerz manche Sünde begehen wird, so wird doch der Grundton seines Lebens „Heiligkeit des Herrn“ sein, und er wird auf dem Weg des Gehorsams beharren. Wir verabscheuen die Lehre, daß ein Mensch, der einmal an Christus geglaubt hat, selig wird, auch wenn er ganz den Pfad des Gehorsams verließe. Wir verneinen es, daß ein solches Abwenden für den wahren Gläubigen möglich ist, und deshalb ist die Vorstellung, die uns beigelegt wird, ganz klar eine Erfindung des Gegners. Nein, Geliebte, ein Mensch wird, wenn er in Wahrheit an Christus glaubt, nicht nach dem Willen des Fleisches leben. Wenn er in eine Sünde fällt, wird es sein Schmerz und Kummer sein, und er wird nie ruhen, bis er von der Schuld gereinigt ist; aber ich will dies von dem Gläubigen sagen, daß, wenn er leben könnte, wie er möchte, so würde er ein vollkommenes Leben leben. Wenn ihr ihn fragt, ob er, nachdem er zum Glauben kam, leben könne, wie es ihm gefalle, wird er antworten: „Wollte Gott, ich könnte leben, wie ich will, denn ich möchte ganz ohne Sünde leben. Ich möchte vollkommen sein, wie mein Vater im Himmel vollkommen ist.“ Die Lehre ist nicht die zügellose Vorstellung, daß ein Gläubiger in Sünde leben dürfe, sondern daß er dies nicht kann und nicht will. Dies ist die Lehre, und wir wollen sie zuerst beweisen und zweitens, in dem puritanischen Sinne des Wortes, wollen wir sie kurz anwenden.

I.

Laßt uns die Lehre beweisen. Folgt mir, bitte, mit der offenen Bibel vor euch. Die Meisten von euch, liebe Freunde, haben als eine Glaubenssache die Lehre von der Gnade angenommen, und deshalb bedarf die Lehre von dem Beharren bis ans Ende bei euch keines Beweises, weil sie aus allen anderen Lehren folgt. Wir glauben, daß Gott ein auserwähltes Volk hat, daß er zum ewigen Leben bestimmt hat, und diese Lehre schließt notwendig das Beharren in der Gnade ein. Wir glauben an spezielle Erlösung, und diese sichert das Heil und das daraus folgende Beharren der Erlösten. Wir glauben an wirksame Berufung, die mit Rechtfertigung eng verbunden ist, eine Rechtfertigung, die die Seligkeit zusichert. Die Lehren von der Gnade sind gleich einer Kette: Wenn man die eine glaubt, so müßt ihr die andere glauben, denn jede schließt die übrigen in sich ein; deshalb sage ich, daß ihr, die ihr irgendwelche Lehren von der Gnade annehmt, diese auch als darin eingeschlossen annehmen müßt. Aber ich will jetzt versuchen, dieses denen zu beweisen, die nicht die Lehren von der Gnade annehmen; ich wünsche keinen Zirkelbeweis zu führen, um eine Sache, die ihr bezweifelt, durch eine andere, die ihr bezweifelt, zu beweisen, sondern wir wollen uns in dieser Sache „auf das Gesetz und das Zeugnis“, auf die wirklichen Worte der Schrift berufen.

Ehe wir zu dem Beweis schreiten, wird es gut sein, zu bemerken, daß die, die die Lehre verwerfen, uns häufig sagen, daß viele Warnungen vor dem Abfall in dem Wort Gottes sind, und daß diese Warnungen keine Bedeutung hätten, wenn es wahr wäre, daß der Gerechte seinen Weg behalten solle. Aber wie, wenn diese Warnungen in Gottes Hand die Mittel sind, sein Volk vor dem Abirren zu bewahren? Wie, wenn sie gebraucht werden, eine heilige Furcht in den Herzen seiner Kinder zu erregen und so das Böse verhindern, gegen das sie zeugen? Ich möchte euch auch erinnern, daß in der Epistel an die Hebräer, die die feierlichsten Warnungen vor Abfall enthält, der Apostel immer Sorge trägt, Worte hinzuzufügen, die zeigen, daß er nicht glaubte, diejenigen, die er warnte, würden wirklich abfallen. Schlagt Hebräer 6,9 auf. Er hat diesen Hebräern gesagt, wenn die, die einmal erleuchtet wären, abfielen, wäre es unmöglich, sie wieder zu erneuern zur Buße, und er fügt hinzu: „Wir versehen uns aber, ihr Liebsten, Besseres zu euch, und daß die Seligkeit näher sei, obwohl wir also reden.“ Im 10. Kapitel gibt er uns eine ebenso große Warnung, indem er erklärt, daß die, die den Geist der Gnade verachten, härtere Strafe verdienen würden, als die, die Moses Gesetz verachteten, aber er schließt das Kapitel mit den Worten: „Der Gerechte aber wird des Glaubens leben. Wer aber weichen wird, an dem wird meine Seele keinen Gefallen haben. Wir aber sind nicht von denen, die da weichen und verdammt werden, sondern von denen, die glauben und die Seele erretten.“ So zeigt er, was die Folgen des Abfalls sein würden, aber er ist überzeugt, daß sie sich nicht ein so furchtbares Schicksal zuziehen werden.

Wiederum führen die Gegner manchmal Beispiele von Abfall an, die im Worte Gottes erwähnt werden, aber beim genaueren Zusehen entdeckt man, daß dies Fälle sind, wo Leute nur behaupten, Christus zu kennen, aber das göttliche Leben nicht wirklich besaßen. Johannes beschreibt in seinem 1. Brief 2,19 völlig diese Rückfälligen: „Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wo sie von uns gewesen wären, so wären sie ja bei uns geblieben; aber auf daß sie offenbaret würden, daß sie nicht alle von uns sind.“ Dasselbe gilt von der merkwürdigen Stelle im Johannes, wo unser Heiland von den Reben am Weinstock spricht, die abgeschnitten und ins Feuer geworfen werden; diese werden als Zweige in Christo, die keine Frucht bringen, bezeichnet. Sind dies wirkliche Christen? Wie können sie das sein, wenn sie keine Frucht tragen? „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“ Die Rebe, die Frucht bringt, wird gereinigt, aber niemals abgeschnitten. Die, die keine Frucht tragen, sind nicht Bilder wahrer Christen, sondern sie stellen sehr passend bloße Namenschristen dar. Unser Herr sagt uns in Mat. 7,22, daß er zu den Vielen, die an jenem Tage „Herr, Herr“ sagen werden, sprechen wird: „Ich habe euch noch nie erkannt.“ Nicht: „Ich habe euch vergessen,“ sondern „Ich habe euch noch nie erkannt“; sie waren nie wirklich seine Jünger.

Aber nun zu dem Beweis selbst. Zuerst beweisen wir das Beharren der Heiligen sehr deutlich aus der Natur des Lebens, das bei der Wiedergeburt mitgeteilt wird. Was sagt Petrus von diesem Leben? (1.Pet. 1,23) Er spricht von dem Volk Gottes als „die da wiederum geboren sind, nicht aus vergänglichem Samen, sondern aus unvergänglichem Samen; nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da ewiglich bleibet.“ Das neue Leben, das in uns gepflanzt wird, wenn wir wiedergeboren werden, ist nicht gleich der Frucht unserer ersten Geburt, denn die ist dem Tod unterworfen, sondern es ist ein Göttliches, das weder sterben noch verwesen kann, und deshalb muß der, der es besitzt, ewig leben, muß auf immer sein, wozu der Geist ihn in der Wiedergeburt gemacht hat. So haben wir 1.Joh. 3,9 denselben Gedanken in anderer Form: „Wer aus Gott geboren ist, der tut nicht Sünde, denn sein Same bleibet bei ihm, und er kann nicht sündigen, denn er ist aus Gott geboren.“ Das heißt, die ganze Richtung des Christenlebens geht nicht auf Sünde. Es würde keine richtige Beschreibung seines Lebens sein, daß er in Sünden lebt, im Gegenteil, er streitet und kämpft wider die Sünde, weil ein inneres Leben in ihm ist, das nicht sündigen kann. Das neue Leben sündigt nicht; es ist aus Gott geboren und kann nicht übertreten; und obwohl die alte Natur dagegen streitet, so überwiegt doch das neue Leben in dem Christen, daß er vor dem „Leben in Sünden“ bewahrt bleibt. Unser Heiland in seiner einfachen Belehrung des samaitischen Weibes, sagte zu ihr: „Wer dieses Wasser trinkt, den wird wieder dürsten. Wer aber des Wassers trinken wird, das ich ihm gebe, den wird ewiglich nicht dürsten; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm ein Brunn des Wassers werden, das in das ewige Leben quille.“ Nun, wenn unser Heiland ein armes, sündiges und unwissendes Weib dies lehrte bei seinem ersten Gespräch mit ihr, so meine ich, daß diese Lehre nicht für einen inneren Kreis von geförderten Heiligen aufbewahrt, sondern allgemein den gewöhnlichen Leuten gepredigt werden soll und als ein seliges Vorrecht gepriesen. Wenn ihr die Gnade empfangt, die Jesus euren Seelen mitteilt, so wird es gleich dem guten Teil sein, das Maria erwählte, sie soll nicht von euch genommen werden; sie soll in euch bleiben, nicht wie das Wasser in einer Zisterne, sondern als ein lebendiger Brunnen, der ins ewige Leben quillt.

Wir wissen alle, daß das in der neuen Geburt gegebene Leben nahe mit dem Glauben verbunden ist. Nun ist der Glaube an sich eine überwindende Kraft. In der ersten Epistel Johannes, die eine große Schatzkammer von Beweisen ist (1.Joh. 5,4), heißt es: „Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet wie Welt, und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Wer ist, der die Welt überwunden hat, ohne der da glaubet, daß Jesus Gottes Sohn ist?“ Seht also, das, was aus Gott in uns geboren ist, nämlich das neue Leben, ist eine überwindende Kraft; es ist keine Andeutung gegeben, daß es je unterliegen könnte; und der Glaube, der das äußere Zeichen desselben ist, ist auch an sich immer triumphierend, Deshalb schließen wir mit Notwendigkeit, weil Gott ein so wunderbares Leben in uns gepflanzt hat, indem er uns aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht brachte, weil er uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, weil der ewige und hochgelobte Gott gekommen ist, um in uns zu wohnen, so wird das göttliche Leben in uns niemals sterben. „Der Gerechte wird seinen Weg behalten.“

Der zweite Beweis, auf den ich eure Aufmerksamkeit lenken will, soll unseres Herrn eigenen ausdrücklichen Erklärungen entnommen werden. Hier wollen wir wieder in das Evangelium Johannes blicken, und in jenem schönen dritten Kapitel, wo unser Herr in der allereinfachsten Art dem Nikodemus das Evangelium erklärt, finden wir ihn großen Nachdruck darauf legen, daß das Leben, was durch den Glauben an ihn empfangen wird, ewig ist. Seht auf jenen köstlichen 14. Vers: „Wie Moses in der Wüste eine Schlange erhöhet hat, also muß des Menschen Sohn erhöhet werden, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.“ Glauben Menschen denn an ihn und kommen doch um? Glauben sie an ihn und empfangen ein geistliches Leben, das ein Ende nimmt? Es kann nicht sein, denn „Gott hat seinen eingebornen Sohn gegeben, auf daß, wer an ihn glaubt, nicht verloren gehe“; aber er würde verloren gehen, wenn er nicht bis ans Ende beharrte und deshalb muß er beharren. Der Gläubige hat ewiges Leben; wie kann er dann sterben, so daß er aufhört, ein Gläubiger zu sein? Wenn er nicht in Christus bleibt, hat er offenbar nicht ewiges Leben, deshalb soll er in Christus bleiben bis ans Ende. „Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Hierauf erwidern einige, ein Mensch könne ewiges Leben haben und es verlieren. Worauf wir antworten, die Worte können das nicht bedeuten. Eine solche Behauptung ist ein klarer Widerspruch. Wenn das Leben verloren ist, so ist der Mensch tot; wie könnte er denn ewiges Leben haben? Es ist klar, daß er ein Leben hatte, das nur eine Weile anhielt; er hatte sicher kein ewiges Leben, denn wenn er es gehabt hätte, müßte er ewig leben. „Wer an den Sohn glaubet, der hat ewiges Leben.“ Die Heiligen im Himmel haben ewiges Leben, und niemand erwartet, daß sie umkommen. Ihr Leben ist ewig; aber ewiges Leben ist ewiges Leben, ob der, der es besitzt, auf Erden weilt oder im Himmel.

Ich brauche nicht alle die Stellen zu lesen, in denen dieselbe Wahrheit gelehrt wird; aber weiter hin, in Joh. 6,47, sagt unser Herr den Juden: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben“; nicht „zeitweiliges Leben“, sondern „ewiges Leben“. Und im 51. Vers sagt er: „Ich bin das ewige Brot, vom Himmel gekommen; wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit.“ Dann kommt jene bekannte Erklärung des Herrn Jesu Christi, die, wenn es gar keine andere gäbe, allein genug wäre, diesen Punkt zu beweisen, Joh. 10,28: „Und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Der Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer denn alles, und niemand kann sie aus meines Vaters Hand reißen.“ Was kann er meinen als dies, daß er sein Volk ergriffen hat und beabsichtigt, es sicher in seiner mächtigen Hand zu behalten? Er

„Gibt uns in keines Ander’n Hand,
Er hat zu viel an uns gewandt.“

Neben und über der Hand Jesu, die durchbohrt wurde, kommt die Hand des allmächtigen Vaters wie ein zweiter Griff. „Mein Vater, der sie mir gegeben, ist größer denn alles, und niemand wird sie aus meines Vaters Hand reißen.“ Gewiß, dies muß zeigen, daß die Heiligen vor Allem und Jedem sicher sind, das sie verderben könnte, und deshalb sicher vor gänzlichem Abfall.

Eine andere Stelle spricht dasselbe aus, sie findet sich Mat. 24,34, wo der Herr Jesus von den falschen Propheten spricht, die viele verführen werden: „Es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder tun, daß verführt werden in den Irrtum, wo es möglich wäre, auch die Auserwählten“; was zeigt, daß es unmöglich für die Auserwählten ist, von ihnen verführt zu werden. Von Christi Schafen heißt es: „Einem Fremden aber folgen sie nicht, sondern fliehen von ihm, denn sie kennen der Fremden Stimme nicht“, aber durch göttlichen Instinkt kennen sie die Stimme des guten Hirten und folgen ihm.

So hat unser Heiland erklärt, so deutlich, wie Worte es nur ausdrücken können, daß die, die sein Volk sind, ewiges Leben in sich haben und nicht umkommen sollen, sondern in die ewige Seligkeit eingehen. „Der Gerechte wird seinen Weg behalten.“

Ein sehr lieblicher Beweis für die Sicherheit des Gläubigen findet sich in unseres Herrn Fürsprache. Ihr braucht die Stelle nicht aufzuschlagen, denn ihr kennt sie gut, die den Zusammenhang zwischen der lebendigen Fürsprache Christi und dem Beharren seines Volkes zeigt: „Daher er auch selig machen kann immerdar, die durch ihn zu Gott kommen, und lebet immerdar und bittet für sie.“ Unser Herr Jesus ist nicht tot; er ist auferstanden, er ist in die Herrlichkeit eingegangen, und nun vor dem ewigen Thron macht er das Verdienst seines vollkommenen Werkes geltend, und wie er da für sein ganzes Volk bittet, deren Namen auf seinem Herzen geschrieben steht wie die Namen Israels auf dem Brustschild des Hohenpriesters, so macht seine Fürbitte sein Volk auf ewig selig. Wenn ihr ein Beispiel dazu wollt, so lest vom Petrus, Luk. 22,31, wo unser Herr spricht: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat euer begehrt, daß er euch möchte sichten wie den Weizen; ich aber habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre, und wenn du dich dermaleinst bekehrest, so stärke deine Brüder.“ Die Fürbitte Christi rettet sein Volk nicht vor Versuchung und Prüfung und davon, daß sie hin und her geschleudert werden, wie der Weizen in einem Siebe, sie bewahrt sie nicht einmal vor einem gewissen Maß Sünde und Leiden, aber sie bewahrt sie vor gänzlichem Abfall. Petrus wurde bewahrt, und obwohl er seinen Meister verleugnete, so war dies doch eine Ausnahme von der großen Regel seines Lebens. Durch Gnade blieb er auf dem Weg, weil er nicht nur damals, sondern manches Mal außerdem, obwohl er sündigte, doch einen Fürsprecher bei dem Vater hatte, Jesus Christus, den Gerechten.

Wenn ihr zu wissen wünscht, wie Jesus bittet, lest mit Muße zu Hause das 17. Kapitel des Johannes, des Herr Gebet. Was für ein Gebet ist es! „Dieweil ich bei ihnen war in der Welt, erhielt ich sie in deinem Namen. Die du mir gegeben hast, die habe ich bewahret, und ist keiner von ihnen verloren ohne das verlorene Kind, daß die Schrift erfüllet würde.“ Judas war verloren, aber er war Christus nur gegeben als ein Apostel und nicht als eins seiner Schafe. Er hatte einen zeitweiligen Glauben und machte ein zeitweiliges Bekenntnis, aber er hatte nie das ewige Leben, sonst würde er fortgelebt haben. Jene Seufzer und Schreie des Heilandes, mit denen sein Flehen in Gethsemane verbunden war, wurden im Himmel gehört und erhört. „Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast“; der Herr erhält sie durch sein Wort und seinen Geist und will sie erhören; wenn das Gebet Christi in Gethsemane erhört wurde, wie viel mehr das, was nun von dem ewigen Thron hinauf geht! Ach, wenn mein Herr Jesus für mich bittet, kann ich mich vor Erde und Hölle nicht fürchten; jene lebendige, fürbittende Stimme hat Macht, die Heiligen zu bewahren, und der lebendige Herr hat auch Macht, denn er spricht: „Weil ich lebe, sollt ihr auch leben!“

Nun ein vierter Beweis. Wir fassen feste Zuversicht für das Beharren der Heiligen auf Grund der Person und des Werkes Christi. Ich will davon wenig sagen, denn ich hoffe, mein Herr ist euch so wohl bekannt, daß er kein Wort der Empfehlung von mir zu euch bedarf, sondern wenn ihr ihn kennt, so werdet ihr sprechen wie der Apostel 2.Tim. 1,12: „Ich weiß, wenn ich glaube, und bin gewiß, daß er mir bewahren kann, was ich ihm anvertraut habe bis an jenen Tag (engl. Ueb.)“. Er sagt nicht, „ich weiß, an wen ich glaube“. Er kannte Jesus, er kannte sein Herz und seine Treue, er kannte sein Sühnopfer und dessen Kraft, er kannte seine Fürsprache und ihre Macht; und er befahl seine Seele Jesu durch den Glauben und fühlte sich sicher. Mein Herr ist so herrlich in allen Dingen, daß ich euch nur einen Schimmer von ihm zu geben brauche, und ihr werdet sehen, was er war, als er unter den Menschen weilte. Am Anfang von Joh. 13 lesen wir: „Wie er geliebt hatte die Seinen, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.“ Wenn er seine Jünger nicht bis ans Ende geliebt hätte, als er hier war, so hätten wir schließen können, er sei jetzt veränderlich wie damals; aber wenn er seine Auserwählten bis zum Ende liebte in seiner Erniedrigung, so gibt uns das die süße und selige Zuversicht, daß er, nun er im Himmel ist, alle die bis zum Ende lieben wird, die auf ihn vertrauen.

Fünftens schließen wir aus das Beharren der Heiligen von dem Inhalt des Gnadenbundes. Wollt ihr den für euch selber lesen? Dann schlagt das Alte Testament auf, Jer. 32, und da werdet ihr den Gnadenbund ziemlich ausführlich dargestellt finden. Wir können nur den 40. Vers lesen: „Und will einen ewigen Bund mit ihnen machen, daß ich nicht will ablassen, ihnen Gutes zu tun, und will ihnen meine Furcht ins Herz geben, daß sie nicht von mir weichen.“ Er will nicht von ihnen weichen, und sie sollen nicht von ihm weichen – kann es eine größere Zusicherung ihres Beharrens bis ans Ende geben? Nun, daß dieses der Gnadenbund ist, unter dem wir leben, ist klar aus der Epistel an die Hebräer, denn der Apostel führt im 8. Kapitel die Stelle gerade zu diesem Zweck an. Die Stelle lautet so: „Siehe, es kommen die Tage, spricht der Herr, daß ich über das Haus Israel und über das Haus Juda ein neues Testament machen will; nicht nach dem Testament, das ich gemacht habe mit ihren Vätern an dem Tage, da ich ihre Hand ergriff, sie auszuführen aus Ägyptenland. Denn sie sind nicht geblieben in meinem Testament; so habe ich ihrer auch nicht wollen achten, spricht der Herr. Denn da ist das Testament, das ich machen will dem Hause Israel nach diesen Tagen, spricht der Herr; ich will geben meine Gesetze in ihren Sinn und in ihr Herz will ich sie schreiben, und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein.“ Im Alten Bund war ein „wenn“, und deshalb litt er Schiffbruch; es war: „Wenn ihr gehorsam sein wollt, dann sollt ihr gesegnet sein“; und da kam ein Mangel von Seiten des Menschen und der ganze Bund endete im Elend. Es war der Bund der Werke, und unter ihm waren wir in Knechtschaft, bis wir davon befreit und in den Bund der Gnade gebracht wurden, der kein „wenn“ hat, sondern auf der Verheißung fußt: es ist „Ich will“ und „Ihr sollt“ überall. „Ich will euer Gott sein und ihr sollt mein Volk sein“. Ehre sei Gott, dieser Bund wird nie vergehen, denn seht, wie er erklärt, daß er dauern soll, im Buch des Jesaja 54,10: „Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer!“ Und wieder Jes. 55,3: „Ich will mit euch einen ewigen Bund machen, nämlich die gewissen Gnaden Davids.“ Die Vorstellung von ihrem gänzlichen Fallen aus der Gnade ist ein Überbleibsel des alten gesetzlichen Geistes, es ist ein Weggehen von der Gnade, um wieder unter das Gesetz zu kommen, und ich bitte und ermahne euch, die ihr einst freigelassene Sklave waret und denen die Fesseln gesetzlicher Knechtschaft von den Händen gestreift wurden, tragt nie diese Bande von neuem. Christus hat euch errettet, wenn ihr in der Tat an ihn glaubt, und er hat euch nicht errettet für eine Woche oder einen Monat oder ein Vierteljahr oder ein Jahr oder zwanzig Jahre, sondern er hat euch ewiges Leben gegeben und ihr sollt niemals umkommen, noch soll jemand euch aus seiner Hand reißen. Freut euch in diesem segensvollen Bund der Gnade.

Der sechste sehr starke Beweis ist von der Treue Gottes hergenommen. Blickt auf Römer 11,29, was sagt der Apostel durch den Heiligen Geist? „Gottes Gaben und Berufung mögen ihn nicht gereuen“, das bedeutet, daß er einem Menschen nicht Leben und Vergebung gibt und ihn durch die Gnade beruft und nachher bereut, was er getan hat, und das Gute zurücknimmt, was er verlieh. „Gott ist nicht ein Mensch, daß er lügen solle, noch ein Menschenkind, daß ihn etwas gereuen sollte.“ Wenn er seine Hand ausstreckt, um zu erretten, so zieht er sie nicht ab, bis das Werk vollendet ist. Sein Wort ist: „Ich bin der Herr, ich ändere mich nicht, und es soll mit euch Kindern nicht gar aus sein.“ Mal. 3,6 „Auch lügt der Held in Israel nicht und gereuet ihn nicht.“ Der Apostel will, daß wir unsere Zuversicht des Beharrens auf die Bestätigung gründen, die die göttliche Treue uns sicher verleihen wird. Er sagt 1.Kor. 1,8: „Welcher euch auch fest behalten wird bis ans Ende, daß ihr unsträflich seid auf den Tag unseres Herrn Jesu Christi. Denn Gott ist treu, durch welchen ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes, Jesu Christi, unseres Herrn.“ Und ähnlich spricht er 1.Thess. 5,24: „Getreu ist er, der euch rufet, welcher wirds auch tun!“ Es war von jeher der Wille Gottes, das Volk zu retten, das er Jesus gab, und diesen änderte er nie, denn unser Herr sagt Joh. 6,39: „Das ist aber der Wille des Vaters, der mich gesandt hat, daß ich nichts verliere von allem, das er mir gegeben hat, sondern daß ichs auferwecke am jüngsten Tage.“ So seht ihr aus diesen Stellen, und es sind viele andere mehr, daß Gottes Treue die Bewahrung seines Volkes sichert und „der Gerechte wird seinen Weg behalten.“

Der siebente und letzte Beweis soll hergeleitet werden von dem, was schon in uns getan worden ist. Ich kann wenig mehr tun, als die Schrift anführen, und es ihr überlassen, sich in eure Herzen einzusenken. Eine köstliche Stelle ist die in Jer. 31,3: „Der Herr ist mir erschienen von ferne; ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.“ Wer er nicht uns ewig lieben wollte, so würde er uns überhaupt nie gezogen haben, aber weil diese Liebe ewig ist, so hat er uns mit Güte gezogen. Der Apostel beweist dies ausführlich Röm. 5,9.10: „So werden wir vielmehr durch ihn behalten werden vor dem Zorn, nachdem wir durch sein Blut gerecht geworden sind. Denn so wir Gott versöhnet sind durch den Tod seines Sohnes, da wir noch Feinde waren, vielmehr werden wir selig werden durch sein Leben, so wir nun versöhnet sind.“ Ich kann nicht dabei weilen, zu zeigen, wie nachdrücklich jedes Wort dieses Spruches ist, aber es ist so: wenn Gott uns versöhnte, da wir seine Feinde waren, so wird er uns sicher retten, nun wir seine Freunde sind, und wenn unser Herr Jesus uns durch seinen Tod versöhnt hat, so wird er uns noch vielmehr durch sein Leben erretten; so daß wir gewiß sein können, er wird die, die er berufen hat, nicht verlassen noch versäumen. Habt ihr noch nötig, daß ich euch in Erinnerung bringe jenes goldene Kapitel, das achte der Römer, das Erhabenste, was je von einer menschlichen Feder geschrieben wurde? „Welche er zuvor versehen hat, die hat er auch verordnet, daß sie gleich sein sollten dem Ebenbild seines Sohnes. Welche er aber verordnet hat, die hat er auch berufen, welche er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; welche er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch herrlich gemacht.“ Es ist keine Unterbrechung in der Kette zwischen Rechtfertigung und Herrlichkeit, und keine solche kann stattfinden, denn der Apostel stellt das Ganze außer Frage, indem er hinzufügt: „Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der da gerecht macht. Wer will verdammen? Christus ist hie, der gestorben ist, ja, vielmehr, der auch auferweckt ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns.“ Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Dann häuft er alle Dinge auf, die als scheidend gedacht werden könnten, und sagt: „Denn ich bin gewiß, daß weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem Herrn.“ In derselben Art schreibt der Apostel, Phil. 1,6: „Und bin desselbigen in guter Zuversicht, daß, der in euch angefangen hat das gute Werk, der wirds auch vollführen bis an den Tag Jesu Christi.“ Ich kann mich nicht dabei aufhalten, die vielen andern Schriftstellen zu nennen, wo das, was getan ist, als Beweis gebraucht wird dafür, daß das Werk vollendet werden wird, aber es ist die Weise des Herrn, das durchzuführen, was er unternimmt. „Er wird Gnade und Herrlichkeit geben“ und uns vollenden.

Ein wunderbares Vorrecht, das uns verliehen ist, ist von besonderer Bedeutung: wir sind eins mit Christus durch eine enge, lebendige, geistliche Verbindung. Uns hat der Geist gelehrt, daß wir mit Christus Jesus vermählt sind – soll diese Verbindung aufgelöst werden? Hat er je einen Scheidebrief gegeben? Es hat nie einen Fall gegeben, wo er himmlische Bräutigam eine erwählte Seele, mit der er durch die Bande der Gnade vereinigt gewesen, von seinem Herzen schied. Hört die Worte der Weissagung Hosea 2,19.20: „Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit; ich will mich mit dir vertrauen in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit. Ja, im Glauben will ich mich mit dir verloben und du wirst den Herrn erkennen.“

Die wunderbare Vereinigung ist dargestellt in dem Bild von dem Haupt und den Gliedern; wir sind Glieder des Leibes Christi. Faulen die Glieder seines Leibes ab? Wird Christus verstümmelt? Wird er mit neuen Gliedern versehen, wenn die alten verloren gehen? Nein, da wir Glieder seines Leibes sind, sollen wir nicht von ihm getrennt werden. „Wer dem Herrn anhanget,“ sagt der Apostel, „ist ein Geist mit ihm“, und wenn wir ein Geist mit dem Herrn sind, so gestattet diese geheimnisvolle Einheit nicht die Voraussetzung einer Trennung.

Der Herr hat ein anderes großes Werk an uns getan, denn er hat uns mit dem Heiligen Geist versiegelt. Der Besitz des Heiligen Geistes ist das göttliche Siegel, das früher oder später auf alle Erwählten gesetzt wird. Es gibt viele Stellen, in denen von diesem Siegel gesprochen und es als ein Pfand, ein Pfand des Erbes beschrieben wird. Aber wie ein Pfand, wenn wir, nachdem wir es erlangt, nicht den erkauften Besitz erhalten? Denkt nach über die Worte des Apostels, 2.Kor. 1,21.22: „Denn dieweil die Welt in ihrer Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben, sintemal die Juden Zeichen fordern und die Griechen nach Weisheit fragen.“ Ähnlich spricht der Heilige Geist Eph. 1,13.14: „Durch welchen auch ihr gehöret habt das Wort der Wahrheit, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit; durch welchen ihr auch, da ihr glaubtet, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheißung, welcher ist das Pfand unseres Erbes zu unserer Erlösung, daß wir sein Eigentum würden zum Lobe seiner Herrlichkeit.“ Geliebte, wir fühlen sicher, daß, wenn der Heilige Geist in uns wohnt, der, der Jesus Christus von den Toten erweckte, unsere Seelen bewahren wird und auch unsere sterblichen Leiber wieder lebendig machen und uns völlig darstellen wird vor der Herrlichkeit seines Angesichtes am letzten Tage.

Deshalb fassen wir alle Beweise zusammen mit dem zuversichtlichen Ausspruch des Apostels, wenn er sagt 2.Tim. 4,18: „Der Herr aber wird mich erlösen von allem Übel und aushelfen zu seinem himmlischen Reich, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

II.

Nun, wie sollen wir die Lehre anwenden zum Nutzen für unser Tun und Handeln?

Die erste Nutzanwendung ist zur Ermutigung dessen, der sich auf dem Weg zum Himmel befindet. „Der Gerechte wird seinen Weg behalten.“ Wenn ich eine sehr weite Reise zu machen hätte, wir wollen annehmen von London zu John o’Groats, mit meinen armen, schlotternden Gliedern und einem solchen Gewicht zu tragen, könnte ich anfangen, zu verzweifeln, und nach dem ersten Tagemarsch würde in der Tat schon meine Kraft erliegen; aber wenn ich eine göttliche Zusicherung hätte, die ganz unmißverständlich sagte: „Du wirst auf deinem Weg ausharren und wirst ans Ziel deiner Reise gelangen,“ so würde ich alle Kraft anspannen, die Aufgabe zu vollführen. Man würde kaum eine schwierige Reise unternehmen, wenn man nicht glaubte, sie zu beenden, aber die süße Versicherung, daß wir die Heimat erreichen sollen, läßt uns Mut fassen. Das Wetter ist regnerisch, trübe, stürmisch, aber wir müssen aushalten, denn das Ende ist sicher. Die Straße ist sehr rauh und geht bergauf, bergab; wir keuchen nach Luft und unsere Glieder schmerzen, aber da wir ans Ziel gelangen sollen, so streben wir weiter. Wir sind geneigt, in eine Hütte hineinzukriechen und uns vor Müdigkeit niederzulegen und zu sagen: „Ich werde nie meine Aufgabe vollenden“; aber das Vertrauen, das wir haben, richtet uns wieder auf unsere Füße und vorwärts gehen wir wieder. Für den, der die rechte Gesinnung hat, ist die Zusicherung des Erfolgs der beste Antrieb zur Arbeit. Wenn es so ist, daß ich die Welt überwinden soll und die Sünde besiegen, daß ich kein Abtrünniger werden, meinen Glauben nicht aufgeben, meinen Schild nicht wegwerfen, daß ich heimkommen soll als Überwinder – dann will ich ein Mann sein und wie ein Held fechten. Dies ist einer der Gründe, warum die britischen Truppen so oft im Kampf gesiegt haben, weil die Trommelschläger nicht verstanden, zum Rückzug zu schlagen und die Krieger nicht an die Möglichkeit einer Niederlage glaubten. Sie wurden oft von den Franzosen geschlagen, so erzählen diese uns, aber sie wollten es nicht glauben und wollten deshalb nicht weglaufen. Sie fühlten, als wenn sie gewönnen, und standen deshalb wie Felsen unter dem furchtbaren Geschütz des Feindes, bis der Sieg sich für sie entschied. Brüder, wir werden dasselbe tun, wenn wir fühlen, daß wir in Christus Jesus bewahrt sind, gehalten durch Gottes Macht im Glauben zur Seligkeit. Jeder wahre Gläubige soll ein Überwinder sein, und deshalb haben wir Ursache zur guten Kriegführung. Es ist uns im Himmel eine Krone des Lebens vorbehalten, die niemals welkt. Die Krone ist für uns aufbewahrt, nicht für zufällig Kommende. Die Krone, die für uns bewahrt wird, ist so, daß kein Anderer sie tragen kann; und wenn es so ist, dann will ich kämpfen und ringen bis ans Ende, bis der letzte Feind überwunden und der Tod selber tot ist.

Eine andere Nutzanwendung ist dies: Welche Ermutigung ist es für Sünder, die nach der Seligkeit verlangen. Es sollte sie dahin bringen, zu kommen und sie mit dankbarer Freude anzunehmen. Die, die diese Lehre leugnen, bieten den Sündern eine armselige Dreigroschen-Seligkeit an, die des Habens nicht wert ist, und es ist kein Wunder, daß sie sich davon abwenden. Wie der Papst England dem spanischen König gab – wenn er es bekommen könnte – so bieten sie Christi Seligkeit an, wenn ein Mensch sie durch seine eigene Treue verdienen kann. Nach der Meinung einiger ist ewiges Leben schon gegeben, aber es ist vielleicht nicht ewig; ihr könnt abfallen, es mag nur eine Zeitlang dauern. Als ich noch ein Kind war, pflegte es mich zu beunruhigen, weil ich sah, daß einige meiner jungen Kameraden, wenig älter als ich selbst, wenn sie nach London in die Lehre kamen, lasterhaft wurden; ich hörte ihrer Mütter Klagen und sah ihre Tränen darüber; ich hörte Väter den bittersten Schmerz über ihre Söhne aussprechen, von denen ich wußte, daß sie in unserer Klasse eben so gut waren, wie ich je gewesen, und es erfüllte mich mit Grauen, daß ich vielleicht sündigen könnte, wie sie es taten. Sie wurden Sabbatschänder; einer bestahl die Ladenkasse, um zum Sonntagsvergnügen zu gehen. Mir schauderte bei dem bloßen Gedanken; ich wünschte, meinen unbefleckten Charakter zu bewahren, und als ich hörte, daß, wenn ich mein Herz Christus gebe, er mich bewahren würde, so war es gerade das, was mich gewann; es schien eine himmlische Lebensversicherung für meinen Charakter, daß, wenn ich mich wahrhaft Christus anvertrauen wollte, er mich vor den Irrungen der Jugend bewahren würde, mich schützen unter den Versuchungen des Mannesalters und mich bis ans Ende behalten. Ich fühlte hohe Freude bei dem Gedanken, daß ich, wenn ich durch den Glauben an Christus Jesus gerecht gemacht wäre, auf meinem Weg behalten werden sollte durch die Macht des Heiligen Geistes. Das, was mich fesselte in meiner Knabenzeit, ist noch anziehender für mich im mittleren Alter; ich bin froh, euch eine sichere und ewige Seligkeit zu predigen. Ich fühle, daß ich euch heute Morgen etwas vorzustellen habe, das der begierigen Annahme jedes Sünders wert ist. Ich habe weder „Wenn“ noch „Aber“, um das reine Evangelium meiner Botschaft zu verdünnen. Hier ist es: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden.“ Ich ließ gestern ein Stück Eis auf den Boden fallen und sagte zu einem, der im Zimmer war: „Ist das nicht ein Diamant?“ „Ah,“ sagte er, „Sie würden es nicht auf dem Boden liegen lassen, wenn es ein Diamant von der Größe wäre, dafür stehe ich.“ Nun, ich habe einen Diamanten hier – ewiges Leben, immerwährendes Leben! Mir scheint, ihr werdet Eile haben, ihn sofort aufzunehmen, jetzt errettet zu werden, errettet im Leben, errettet im Tode, errettet in der Auferstehung, auf ewig und immer, durch die ewige Macht und unendliche Liebe Gottes. Ist dies nicht des Habens wert? Ergreife es, arme Seele; du kannst es haben, wenn du nur an Jesus Christus glaubst, oder mit anderen Worten, ihm deine Seele anvertraust. Lege dein ewiges Geschick in diese göttliche Bank, denn du kannst sagen: „Ich weiß, wem ich glaube, und bin gewiß, daß er das bewahren kann, was ich ihm anvertraut habe, bis an jenen Tag.“ Der Herr segne euch um Christi willen. Amen.

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