Archäologie in Samaria
Die antike Kultstätte auf dem Berg Ebal war Forschern lange ein Geheimnis. Heute glauben viele Juden und Christen, dass es sich um den Altar Josuas handelt. Geprägt hat diese Theorie der Archäologe Adam Zertal in den 1980er Jahren. Wegbegleiter Benny Katzover erinnert sich.
Vor etwa 40 Jahren besuchte mich ein Mann von der sozialistischen Jugendbewegung „HaSchomer HaZair“ aus dem Kibutz Ein Schemer. Adam Zertal erklärte, dass er eine archäologische Untersuchung zur Besiedlung des Bergs Menasche anstrebte. Die Forscher wollten den Hügel ablaufen. Sie wollten nicht graben, suchten nichts Spezifisches, wollten aber jeden Fund einzeln dokumentieren.
Abfällig sagte er: „Dabei geht es um die Zeit Josuas.“ An den Tanach, die jüdische Bibel, glaubte er nicht. Seit 150 Jahren untersuchten Archäologen aus aller Welt das gesamte Gebiet um den Berg Ebal. Bisher hatten sie nichts Wesentliches gefunden: Kein Gebäude, keine Wand, keinen Nachweis, dass die biblischen Geschichten so stattgefunden haben. Es gab kein einziges Tongefäß aus der Zeit Josuas.
Unerwarteter Fund
Das alles, sagte Zertal, sei ein weiteres Indiz, dass diese Ereignisse ausgedachte Geschichten seien. Für sein Doktorat ging er dann jeden einzelnen Meter ab. Und plötzlich fand er auf der nördlichen Seite des Ebals tausende Tonscherben – alle auf die Zeit Josuas datiert. Der skeptische Archäologe war erstaunt: „So eine Explosion erfolgt nicht einfach so. Die Ereignisse müssen sich so zugetragen haben, wie es im Tanach beschrieben ist.“
Etwa 1980 steckte Zertal ein Feld von 7 mal 9 Metern ab, wo er graben wollte. Nach einigen Jahren fand er einen Steinhaufen und darunter ein weißes Gebäude mitsamt Asche und Knochen. Ich sagte: „Vielleicht hast du nun Josuas Altar gefunden.“
Immer noch machte er sich über uns Bibelgläubige lustig: „Ihr Religiösen mit euren Träumereien! Das kann doch alles Mögliche bedeuten.“
„Und Mose und die levitischen Priester redeten mit ganz Israel und sprachen: Merke auf und höre, Israel! Am heutigen Tage bist du ein Volk des Herrn, deines Gottes, geworden, dass du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorsam seist und tust nach seinen Geboten und Rechten, die ich dir heute gebiete.“ (5. Mose 27,9f)
Mit dem Tanach war Adam nicht allzu vertraut, und vor allem erkannte er ihn nicht an. Doch als er diese Funde machte, begann er, die jüdischen Schriften zu studieren. Später, als Professor an der Universität Haifa, zitierte er immer wieder aus Tanach, Mischna, Midrasch und Talmud.
Im Laufe der Jahre hatten wir uns angefreundet. Eines Tages kam er zu mir: „Benny, ich weiß nicht, was ich machen soll. Zwischen dem Iran und Ägypten ist mir kein ähnliches Gebäude bekannt. Das ganze Gebäude ist so anders. Es gibt eine Rampe, aber keine Fenster und keine Türen. Es ist kein Grab, kein Haus und keine Farm. Ich habe keine Ahnung, wie das einzuordnen ist.“
„Als Archäologe kann ich mich nicht auf die jüdischen Schriften verlassen“
Nicht weit von hier, in Schavei Schomron, zeigte uns ein Fremdenführer in der Feldschule die Maße des Altars von Josua aus der Mischna, der grundlegenden Textsammlung des Talmud. Zwei Zeichnern zeigte er den Ort. Es stimmte alles. Zertal sagte: „Es tut mir leid, aber als Archäologe kann ich mich unmöglich auf die jüdischen Schriften verlassen.“ Am Berg Ebal gibt es einen Altar mit zwölf Steinen. In 5. Mose 27 und in Josua 8 gebietet Gott durch Mose, wie der Altar für den HERRN gebaut werden soll.
Anfangs war Jerusalem bedeutungslos. In der Tora kommt es nicht einmal vor. Die ersten drei Mose-Bücher nutzen lediglich die Bezeichnung „der Ort, den ich dir zeigen werde“. Erst als David König wird, erscheint auch der Name Jerusalem. Doch bis zu König David ist Josua die wichtige Person. Und Josua ist untrennbar mit Sichem (Nablus) verbunden.
Aber Adam glaubte immer noch nicht. Er nahm 800 Knochen und schickte sie in das DNA-Labor der Hebräischen Universität in Jerusalem. Nach zwei Tagen kam er aufgeregt zu mir: „Das Ergebnis wirst du mir nicht glauben!“ Er hielt einen Bericht aus dem Labor in der Hand. Alle fünfzehn Charakteristika stimmten mit dem jüdischen Glauben überein: So stammten alle Knochen von männlichen koscheren Tieren, die jünger als ein Jahr alt waren. Zudem wurden die Tiere auf offenem Feuer verbrannt.
Adam sagte: „Benny, ich kann nachts nicht mehr schlafen. Die Bedeutung dieses Schreibens aus dem Labor kommt dem wissenschaftlichen Beweis gleich, dass Gott am Sinai dem Mose die Tora gegeben hat. Den meisten Theorien nach hat die Geschichte von Josua so wenig stattgefunden wie die auf dem Sinai oder der Einzug ins Land Israel aus Ägypten. Die meisten Forscher gehen davon aus, dass es sich um ein kleines Beduinen-Volk von 2.000 bis 3.000 Menschen handelte. Sie nahmen Bräuche aus den umliegenden Völkern an, schrieben alles zusammen und nannten es Tanach. Aber was wir hier gefunden haben, wirft alle diese Theorien über den Haufen! Sogar ein kleines Kind könnte das nicht leugnen.“
Mathematische Überlegung
Zusätzlich zu den fünfzehn Laborfakten überzeugte Adam noch etwas anderes: „Hier ist nicht ein einziger mit Eisen behauener Stein. Nur Juden war es verboten, die Steine für einen Altar zu behauen. Schau dir außerdem die Rampe an. Nur Juden ist es verboten, Stufen zu einem Altar zu bauen.“ Er holte zwei Dinge aus seiner Hosentasche: „Das sind Skarabäen, Käfer-Nachbildungen aus Ägypten. Die waren von Ägypten aus unterzeichnet. Wie kommen zwei Skarabäen aus Ägypten hier an den Ebal? Ich habe sie gestern in einem Loch im Gebäude mit weiteren Gegenständen gefunden. Sie sind nicht zufällig da reingekommen.“
Er machte noch eine mathematische Überlegung: „Gemäß dem Tanach geschah die Einsetzung des jüdischen Volkes (5. Mose 27,9) auf dem Berg Ebal etwa 40 Jahre, nachdem es aus Ägypten kam und die Tora am Sinai erhielt. Wer damals 20 Jahre alt war, war nun etwa 60. Seine Großeltern waren auf dem Sinai dabei gewesen. Wäre das alles nur Bluff gewesen – wie hätte man Menschen dann überzeugen können, sich gemäß all der Gebote zu verhalten und dem allen zu glauben?“ Adam war plötzlich überzeugt: „Auf dem Berg Ebal erfolgte die Einsetzung des jüdischen Volkes. Das ganze Volk war da zusammengekommen.“
Später nannte Adam die Archäologen „die Bibelleugner“. Dabei war er selbst mal einer von ihnen gewesen. In Vorträgen erklärte er: „Ich habe meine Lektion gelernt. Der Tanach ist authentisch.“ Er hatte noch acht weitere Ausgrabungen gemacht, die die Geschichten aus dem Tanach bestätigen. Viele Archäologen leugnen seine Funde bis heute. Für uns, die wir hier nach dem Jom-Kippur-Krieg siedelten, war die Verbindung zu Zertal ein Wunder: Ausgerechnet der Junge vom HaSchomer HaZair machte diese Funde. Es war kein Nationalist und auch kein Religiöser. Trotz aller Beweise legte er sich nie fest. Er sagte immer: „Ich habe BEINAHE einen wissenschaftlichen Beweis erbracht.“ Kurz vor seinem Tod im Oktober 2015 sagte er: „Weißt du, in der Akademie ist es immer das gleiche Prinzip. Einer schreibt: So ist es passiert. Der nächste sagt: Nein, so nicht. Der dritte sagt: Doch, das ist es. Mich hat aber bis heute keiner widerlegt.“
Allein, dass er die Möglichkeit des Auszugs aus Ägypten als reales Ereignis in Betracht zog, ist ein Wunder. Eine besondere Begegnung: Ich war dabei, als der damals bekannteste Archäologe Jigael Jadin ihn auf dem Ebal traf. Adam zeigte ihm seine Funde und verwies auf den Talmud und die Mischna. Wütend fragte Jadin ihn: „Hast du etwa nicht gelernt, dass ein Archäologe sich nicht auf jüdische Quellen verlassen darf?“ Wie ein Schuljunge schaute Adam ihn an: „Genau diese habe ich doch infrage gestellt. Aber die Funde im Feld, die Untersuchungen, die Radiokarbonmethode – das alles gibt den Quellen doch recht.“ Jadin schwieg und sagte: „Darüber muss ich nochmal nachdenken.“
Widerspruch aus Deutschland
Der deutsche Bibelkundler Alexander Schick widerspricht der Darstellung Katzovers und Zertals. Die Datierung sei noch lange nicht ausdiskutiert. Auf Grundlage des 1. Königebuchs würde der Exodus auf 1440 vor Christus und die Landnahme auf 40 Jahre später datiert. „Wie kann aber der Altar vom Berg Ebal auf diese Zeit datiert werden, wenn er doch eindeutig aus der Eisenzeit, also etwa um 1200 vor Christus, stammt?“
Für religiöse Juden besteht darin kein Widerspruch. Sie berufen sich auf das Richterbuch und gehen davon aus, dass durch die parallelen Wirkungszeiten der Richter eine andere Zählung möglich ist und sich so der Unterschied von 200 Jahren erklärt.
Quelle: „Israelnetz | www.israelnetz.com“
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