Der Wahrheit auf der Spur –

Ist Gott grausam?

Andreas Latossek

Kirche am Bahnhof, Frankenberg, 19.05.2024

Das Video zur Predigt finden Sie hier

 

Der Gott des Alten Testaments ist die unangenehmste Gestalt in der gesamten Literatur:
Er ist eifersüchtig und auch noch stolz darauf; ein kleinlicher, ungerechter, nachtragender Überwachungsfanatiker; ein rachsüchtiger, blutrünstiger ethnischer Säuberer; ein frauenfeindlicher, homophober, rassistischer, Kinder und Völker mordender, ekliger, größenwahnsinniger, sadomasochistischer, launisch-boshafter Tyrann.
So schreibt Richard Dawkins in seinem Buch: „Der Gotteswahn“.
Ist Gott grausam?
So heißt das Thema der heutigen Predigt in unserer Reihe Der Wahrheit auf der Spur.
Richard Dawkins ist ein ganz bekannter Kritiker des christlichen Glaubens, der die Existenz Gottes ablehnt.
Wenn man seine Bücher liest, spürt man wie auch in dem eben genannten Zitat einen ganz großen Hass heraus auf Gott und man fragt sich dabei: Wie kann man jemanden so hassen, an dessen Existenz man doch gar nicht glaubt?
 
Nichtsdestotrotz, wenn wir in das Alte Testament schauen, begegnen uns beim Lesen eine Reihe von Bibelstellen, die Fragen aufwerfen.
 
Wir lesen von der Sintflut und einem scheinbar von Gott angeordneten Völkermord beim Einzug des Volkes Israel in das verheißene Land, wir lesen von Mord und Totschlag, ethisch fragwürdigen Verhalten wie Vielehe und Sklaverei, blutigen Ritualen mit Opfertieren, die sich bis ins Neue Testament hineinziehen mit Jesu Tod am Kreuz, und wir bekommen den Eindruck, dass der Gott, der uns im Alten Testament beschrieben wird, so ganz anders ist als der, der uns in Jesus im Neuen Testament vorgestellt wird.
Das führt dazu, dass Menschen diesen Gott ablehnen, es als Beleg nehmen, dass die Bibel erfundene Märchen sind, sich nur auf das Neue Testament konzentrieren und mit dem Alten nicht viel anfangen können oder sich fragen, wie sie einem solchen Gott überhaupt vertrauen können.
Wie also können wir mit diesen Themen umgehen?
Bevor wir einsteigen dazu ein paar Vorbemerkungen:
  1. Ich kann jeden verstehen, der diese Schwierigkeiten hat. Es gibt Bibelstellen, mit denen ich selber ringe und noch keine Antwort darauf habe.
  2. Ich möchte versuchen, heute ein paar große Linien aufzuzeigen, wie wir mit dieser Thematik umgehen können. Ich hoffe, dass auch euch das hilft, aber ich kann dabei nicht jedes einzelne Geschehen aufgreifen und begründen.
  3. Ich glaube, dass es wichtig ist, diese großen Linien zu sehen. Sich nur die schwierigen Stellen rauszusuchen und dann zu dem Schluss zu kommen, dass Gott grausam ist und ich deshalb nichts mit ihm zu tun haben will, kommt mir ein bisschen einseitig vor. Wir müssen verstehen, wie sich Gott im Ganzen vorstellt und warum er an manchen Stellen so anders handelt, als es vielleicht in unser Bild heute passt
  4. Manche Leute wie Richard Dawkins sagen: Mir gefällt nicht, was Gott tut, deshalb gibt es ihn nicht.
Gott ist uns aber keine Rechenschaft schuldig. Selbst wenn es uns nicht gefällt, ändert das nichts daran, dass Gott Gott ist und tun kann, was er will. Wenn dein Chef dir etwas sagt, was dir nicht gefällt oder du nicht verstehst, gehst du ja auch nicht einfach hin und sagst, dass er deshalb nicht existiert.
Das ist also kein Argument gegen die Existenz Gottes, aber trotzdem natürlich nicht hilfreich in der Frage, wie ich diese Dinge verstehen kann, was das mit meinem Bild von Gott und meinem Vertrauen zu ihm macht.
Was dabei keine gute Methode ist, und das ist mir an vielen Stellen im Internet über den Weg gelaufen im Umgang mit schwierigen Bibelstellen, ist Geschehnisse im Text umzudeuten, so als wäre manches gar nicht Gottes Auftrag gewesen und die Israeliten hätten ihn nur falsch verstanden, oder den Berichten die Geschichtlichkeit abzusprechen. Das wäre dann problematisch mit unserem Verständnis, worüber wir vor zwei Wochen gesprochen haben, dass die Bibel wahr ist. Ein weiterer Umgang, was damit eng verbunden ist, alles nur auf eine geistliche Ebene zu ziehen und zu fragen, was die Bilder des AT für uns für eine Bedeutung haben. Natürlich haben die Geschichten auch eine geistliche Bedeutung für uns, aber eben nicht nur.
Schauen wir uns also die großen Linien der Bibel etwas näher an, die zum Verständnis und zur Beantwortung der Frage beitragen können, ob Gott grausam ist:
Meine erste Feststellung dazu:
  1. Wir Menschen sind grausam
Wir lesen zu Beginn, wie Gott diese Welt und uns Menschen schuf und alles sehr gut war.
Das Paradies war ein herrlicher Ort. Alles war am richtigen Platz und lebte in vollständiger Harmonie miteinander. Wenn wir an den Anfang schauen, lernen wir etwas darüber, wie Gott sich das Leben eigentlich gedacht hat und wir lernen etwas über Gott selber. In unserer zerbrochenen Welt ist gerade dieser Blick auf Gott ja gar nicht so einfach. Also wir lernen, wie gut Gott ist, wie kreativ, wie großzügig, dem nur das Beste für uns Menschen gut genug ist. Gott schafft einen wunderschönen Lebensraum für die Menschen, mit Vielfalt, mit Überfluss, mit Freiraum zum Leben. Er sorgt für den Menschen und versorgt ihn, er gibt ihm eine Aufgabe und Verantwortung.
Doch in diesen riesigen Garten setzt Gott einen Baum.
Nicht, weil er ein Masochist ist, sondern weil dieser Baum in einem riesigen Garten unsere Garantie für Freiheit ist.
Wenn du verliebt bist kennst du das. Du möchtest nicht, dass der andere dich liebt, weil er muss.  Liebe ist freiwillig, und so will Gott freiwillig geliebt und ernst genommen werden. Gott hat so viel Respekt vor seinen Geschöpfen, dass er ihnen die Wahlmöglichkeit gibt. Manche sagen, dass Gott das nicht hätte tun müssen, aber dann wären wir nur Marionetten.
So haben wir die Entscheidungsmöglichkeit bis heute. Und das ist nur fair. Wir können entscheiden, ob wir mit oder ohne Gott leben möchten, ob wir ihm vertrauen wollen oder nicht. Adam und Eva entschieden sich dagegen. Viele Menschen heute entscheiden sich dagegen.
 
Die Folgen sind dramatisch.
Als Gott sie zur Rede stellte, schoben sie sich gegenseitig die Schuld zu anstatt sie zu bekennen und seine Gnade und Vergebung zu suchen. Die Scham führte zu Distanz, die Distanz zu Missverständnissen und Konflikten. Das vertraute Miteinander von Menschen auf Augenhöhe wird getrübt durch Scham voreinander über ihre Nacktheit, ihre Bedürfnisse, ihre Schuld. Vorher waren sie eine Einheit, ein Team, jetzt geschehen Entzweiung, Konkurrenz, gegenseitige Schuldvorwürfe, Egoismus, Misstrauen. Nur ein Kapitel später der erste Mord, ein Mann nimmt zwei Frauen, Unterdrückung und Kriege beginnen.  Das Böse breitet sich aus und schnell wird deutlich, wie grausam die Menschen ohne Gott sind.
In 1. Mose 6,5 lesen wir Gottes Feststellung:
Der HERR sah, dass die Menschen auf der Erde völlig verdorben waren. Alles, was aus ihrem Herzen kam, ihr ganzes Denken und Planen, war durch und durch böse.
Wenn ich mir heute den Krieg zwischen Russland und Ukraine anschaue, das gegenseitige Abschlachten, den brutalen Überfall der Hamas auf Israel, dann wird doch genau das deutlich. Und auch in unserem Leben im Kleinen, wie wir miteinander oft umgehen.
Wir Menschen sind grausam!
  1. Gott nimmt sich der Menschen an dem Punkt an, an dem sie sich befinden, und offenbart seinen Willen auf dem Weg immer deutlicher
In der Bibel finden wir ja ein Altes und ein Neues Testament.
Testament bedeutet übersetzt Bund. Das Alte Testament beschreibt den Bund, den Gott mit Israel schließt. Das Neue Testament beinhaltet den Bund, den Gott durch Jesus mit allen Menschen, auch mit uns schließt.
Das Alte Testament ist also zunächst einmal für Israel. Trotzdem können wir daraus lernen: Gottes Geschichte mit den Menschen, wie Gott ist, und warum wir überhaupt Jesus brauchen. Im Alten Testament finden wir viele Vorhersagen auf Jesus. Wir können aus den Psalmen lernen, wie wir beten können. Gott gibt seinem Volk Gebote und Jesus sagt, dass er nicht gekommen ist, diese abzuschaffen, sondern sie zu erfüllen. Für uns bedeutet es aber, weil Jesus einen neuen Bund mit uns schließt, dass nur die Gebote durchziehend auch für uns gelten, die Jesus selber wieder im Neuen Testament aufgreift. Dazu gehören die 10 Gebote und das größte Gebot, Gott zu lieben und den Nächsten wie uns selbst.
Andere Prinzipien ziehen sich durch die ganze Bibel hindurch und entwickeln sich.
So zum Beispiel das Thema Gewalt und Gegengewalt. Hier mal 4 Bibelstellen dazu:
Kain wird, nachdem er seinen Bruder Abel umgebracht hat, nicht etwa von Gott getötet, sondern sogar geschützt. Er hat jetzt Angst, wenn er frei umherläuft, dass er dafür von anderen getötet wird.
Nebenbei, wer sind die anderen? Adam und Eva hatten weitere Kinder, die miteinander Kinder hatten und damals lebten die Menschen ja noch sehr lange.
Gott schützt also Kain, indem er sagt: Wenn dich jemand tötet, wird er dafür siebenfach bestraft werden! 1.Mose 4,15
Hier geht es um Abschreckung und Schutz.
Kurze Zeit später macht Lamech daraus:
Lamech sagte zu seinen Frauen: »Ada und Zilla, meine Frauen, hört mich an: Wenn ein Mann mich verwundet, erschlage ich ihn – sogar einen Jungen töte ich für eine einzige Strieme! Wenn schon ein Mord an Kain siebenfach bestraft wird – für Lamech wird alles siebenundsiebzigmal gerächt!«
Das ist der menschliche Standard für Rache.
Jetzt kommt Gott und er fängt an, sich den Menschen, die sich so von ihm abgewandt haben, wieder vorzustellen.
Sie müssen lernen, Vertrauen zu fassen. Gott begegnet ihnen in ihrer Situation, in ihrer Kultur, auf ihrer Ebene, so dass sie ihn überhaupt verstehen können. Und dann gibt es ihnen gute Regeln für ihr Miteinander. Nicht, um ihnen den Spaß zu nehmen, sondern um sie zu schützen, damit ihr Leben gelingt.
Das Volk Israel war Sklave in Ägypten. Jetzt mussten sie lernen, als freie Menschen miteinander zu leben. Und eine Regel davon ist:
Du sollst nicht töten
Ein Kapitel weiter lesen wir dann aber:
Entsteht ein dauernder Schaden, so sollst du geben Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brandmal um Brandmal, Beule um Beule, Wunde um Wunde.
Wie passt das zusammen?
Wie passt das auch zusammen, dass Gott seinem Volk an verschiedenen Stellen den Auftrag gibt, Menschen umzubringen, z.B. bei der Landeinnahme unter Josua, das wird gleich noch wichtig?
Das Gebot, du sollst nicht töten, heißt eigentlich: du sollst nicht morden. Der Unterschied besteht darin, dass Morden ein unverhältnismäßiges unbegründetes Töten ist. Und was verhältnismäßig und begründet ist kann nur Gott sagen. Deshalb wäre ich immer auch gegen die Todesstrafe für Verbrecher, weil Gott davon nirgendwo im Neuen Testament spricht. Gott spricht in einzelne Situationen im Alten Testament und gibt Gebote für sein Volk in festgelegten Situationen.
Was wir gerade gesehen haben ist, dass er den menschlichen Standard von Lamech beschränkt auf ein „wie du mir so ich dir“ und nur in ganz seltenen Ausnahmefällen, die genau beschrieben sind.
Jetzt kommen wir zu Jesus und lesen, wie er sagt:
Ihr habt gehört, dass gesagt ist : »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.
Und dann spricht er von der Feindesliebe Matthäus 5,44
Wir sehen hier also eine Entwicklung und bei Jesus wird deutlich, was eigentlich Gottes Maßstab ist.
Und dieser Maßstab gilt auch für uns heute. So ist das auch bei anderen Geboten und auch bei manchen anderen Themen wie z.B. wo wohnt Gott: In der Stiftshütte, im Tempel, und im Neuen Testament heißt es: wir sind der Tempel Gottes wenn denn Gottes Geist in uns wohnt.
Warum aber macht Gott das so?
Im Zusammenhang mit dem Thema Scheidung sagt Jesus, dass das Gesetz des MoseScheidung erlaubt „wegen der Härte  eures Herzens“. Weil Gott sich den Menschen nähert und einen Weg mit ihnen geht, damit sie ihn verstehen und ihm folgen können.
Und so macht Gott das doch auch mit uns: Er zeigt uns Stück für Stück seinen Willen. Wenn er uns alles auf einmal vor Augen hält, was in unserem Leben in seinen Augen Schuld ist, dann brechen wir zusammen, weil wir überfordert sind. Aber Gott geht einen Weg, mit uns und auch mit der ganzen Menschheit. Deshalb sind die Standards des Alten Testamentes nicht unsere, sondern das, was Jesus uns sagt.
Ein dritter Punkt:
  1. Gott ist geduldig und gerecht
Wenn wir in das Alte Testament schauen sticht uns unter anderem Gottes Gerechtigkeit ins Auge.
Gott ist ein gerechter Gott, der zornig wird über all das Böse, das wir Menschen uns gegenseitig antun. Er leidet mit den Menschen, denen Unrecht widerfährt. Er wünscht sich, dass seine Maßstäbe umgesetzt werden, weil sie Menschen zum Aufblühen bringen. Schon am Anfang habe ich gesagt, wie grausam wir Menschen ohne Gott miteinander umgehen, und dass Gott vor der Sintflut gesagt hat, dass wir Menschen durch und durch böse sind.
Als Gott Sodom und Gomorra vernichtet, da sagt Abraham:
Sollte der Richter aller Welt nicht gerecht richten? 1.Mose 18,25
Als die Israeliten das Land Kanaan einnehmen spricht Gott davon, dass das Maß der Sünde voll ist.
Die Kanaaniter waren nämlich nicht die netten Nachbarn von nebenan sondern bekannt dafür, dass sie äußerst blutrünstig waren. Sie mordeten auf grausamste Weise, entführten Jungfrauen, vergewaltigten sie, raubten ihnen die Neugeborenen, brachten sie ihren Göttern als Menschenopfer dar, die bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Aus der Überlieferung weiß man, das das Geschrei der Babys dabei durch Mark und Bein drang, so dass man es mit Trommeln versuchte zu übertönen.
Als Josua mit seinem Volk vor Jericho liegt, da geht er aus dem Lager und begegnet einem Krieger und er fragt ihn:
Josua 5,13-14: Gehörst du zu uns oder zu unsern Feinden? Er sprach: Nein, sondern ich bin der Fürst über das Heer des HERRN und bin jetzt gekommen. Da fiel Josua auf sein Angesicht zur Erde nieder, betete an und sprach zu ihm: Was sagt mein Herr seinem Knecht?
Gott selber erscheint hier Josua und er sagt: Ich bin unparteiisch, ich stehe auf keiner Seite. Und so sind es nicht nur die anderen Völker sondern auch Israel selber, die immer wieder von Gott zur Rechenschaft gezogen werden.
 
Gott schaut nicht einfach nur zu, was wir Menschen uns gegenseitig antun, sondern er wird darüber zornig.
Eben weil es ihm nicht egal ist sondern weil er uns liebt und sich wünscht, dass unser Leben aufblüht.
Nicht nur das Alte Testament sondern auch das Neue Testament sprechen über diesen Zorn Gottes.
Dass sich Menschen von Gottes guten Gedanken und von ihm selber abgewandt haben und dass Gott eines Tages richten wird. Nach diesem Leben muss sich jeder für seine Taten vor Gott verantworten. Und wir können nicht vor Gott, der vollkommen ist, bestehen. Und so werden die Menschen verurteilt werden, Gerechtigkeit wird geübt. Menschen, die von Gott nichts wissen wollten, werden an einem Ort weiterleben, den die Bibel als Hölle bezeichnet. Auch darüber werden wir noch eine Predigt in dieser Serie haben.
Manche sagen, das ist grausam.
Ja, der Ort wird grausam sein, aber einfach weil Gott dort mit seiner Liebe nicht anwesend sein wird.
Einen Vorgeschmack davon haben wir doch schon hier auf der Erde überall da, wo Menschen nicht nach Gott fragen. Und so ist auch die Hölle ein Ort, den die Menschen selber wählen, wenn sie mit Gott nichts zu tun haben wollen. Gott lässt jedem die freie Wahl und wenn wir nicht an diesen Ort wollen können wir uns heute Gott zuwenden.
Wir lesen im Römerbrief, wie Gott die Menschen machen lässt ohne ihn.
Er lässt ihnen ihren Willen. Einige wenige Male aber greift Gott schon vorher ein und sorgt für Gerechtigkeit. Er ist eben kein zahnloser, ohnmächtiger Opagott.
Wir alle wünschen uns Gerechtigkeit. Wie oft fragen wir uns, warum Gott nicht eingreift, warum er nicht die grausamen Mörder der heutigen Zeit bestraft. Wenn er es dann aber doch tut, wie im Alten Testament, dann sind wir damit auch nicht zufrieden.
Dabei ist Gottes Zorn anders als wenn wir zornig sind.
Er wird in der Bibel menschlich umschrieben, damit wir verstehen, dass Gott nicht kalt lässt, was wir tun. Und doch lässt sich Gott nie hinreißen, handelt nicht ungerecht und auch nicht unberechenbar und unvorhersehbar. Im Gegenteil, er ist geduldig und kündigt an, was passieren wird. Die Menschen hatten vor der Sintflut genügend Zeit, umzukehren. Stattdessen lachten sie Noah nur aus.
Er gab dem Pharao und dem ganzen ägyptischen Volk 10 Gelegenheiten, umzukehren, doch sie wollten nicht.
Die fremden Völker hatten 400 Jahre, bevor das Volk Israel das Land einnahm. 400 Jahre zur Umkehr und vielleicht fragen wir uns, wie sie denn von Gott wissen sollten.
Abraham begegnet einer seltsame Person, dem Priester Melchisedek. Wir lesen nicht, woher er kam, wir lesen nur, dass er ein Priester Gottes war und in diesem Land lebte. Scheinbar schreibt Gott auch mit anderen Menschen Geschichte, von denen uns in der Bibel nicht viel erzählt wird.
Ein Missionar hat einmal berichtet, dass er zu einem unerreichten Volk mitten im Dschungel kam, das keinen Kontakt zur Außenwelt gehabt hatte, aber so lebte, wie s die Bibel sagt und einen Gott verehrte, der am Kreuz gestorben war. Er musste ihnen nur noch den Namen Jesu vorstellen.
Auch heute erleben wir, wie Gott zum Beispiel zu Muslimen mitten in Mekka durch Träume spricht und sie anfangen, Jesus nachzufolgen. Als das Volk Israel in das verheißene Land einzog, da war ihnen die Kunde von Gottes großen Taten schon vorausgelaufen, lesen wir. Die Landeinnahme beginnt mit der Geschichte einer Umkehr der Hure Rahab und ist wie ein Wegweiser der deutlich macht, Umkehr war möglich. Als Jericho umrundet wurde, da hätten die Bewohner kapitulieren und umkehren können. Auch Israel selber wurde immer wieder durch seine Propheten gewarnt. Wann immer sie auf diese hörten, wurde das Unheil schon im Voraus abgewandt.
Gott sagt durch den Propheten Hesekiel:
23 Meinst du, dass ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen, spricht Gott der HERR, und nicht vielmehr daran, dass er sich bekehrt von seinen Wegen und am Leben bleibt?
27 Wenn sich der Ungerechte abkehrt von seiner Ungerechtigkeit, die er getan hat, und übt nun Recht und Gerechtigkeit, der wird sein Leben erhalten.
Und zu Jeremia spricht er, nachdem das Volk Israel sich von Gott abgewandt hatte und in die Gefangenschaft nach Babylonien geführt wurde:
Denn ich allein weiß, was ich mit euch vorhabe: Ich, der HERR, habe Frieden für euch im Sinn und will euch aus dem Leid befreien. Ich gebe euch wieder Zukunft und Hoffnung. Mein Wort gilt!
An dieser Stelle ein kurzer Einschub als 4. Punkt:
  1. Genau hinschauen
Was meine ich damit?
Ich möchte die Texte der Bibel nicht relativieren, und doch lohnt es sich, genauer hinzuschauen.
  1. werden wir feststellen, dass Israel auch manches tat, nicht nur in kriegerischer sondern auch in ethischer Sicht, ohne jegliche Einbeziehung Gottes aus sich heraus.
  2. Und hier musste auch ich genauer hinschauen, weil mir das nicht bewusst war, aber viele Theologen sind sich einig, dass an manchen Stellen des Buches Josua militärische Sprache verwendet wird, wie das in der damaligen und auch heutigen Zeit üblich ist.
Wir kennen das aus anderen Gegebenheiten, bspw. vom Fußball. Da heißt es, dass der Gegner überrannt, platt gemacht, vernichtend geschlagen und aus dem Stadion geschossen wurde.
So wenig, wie der Reporter seine Leute in die Irre führen will, so wenig wollte das der Schreiber des Buches Josua oder der Bücher Mose machen. Es war bekannte Sprache der damaligen Zeit. Wie anders ist es zu erklären, dass es beispielsweise in Josua 10,37 heißt, dass alle Menschen in Hebron umgebracht wurden, und nur 5 Kapitel später Kaleb aus Hebron weitere Sippen aus Hebron vertrieb.
Oder in 5. Mose 7 es erst heißt, dass manche Völker ausgerottet werden sollen und wenige Verse später es dann heißt, dass du dich nicht mit ihnen vermischen und niemanden aus dem Volk heiraten sollst.
  1. Wenn wir die Psalmen lesen, die gesungene Gebete waren, werden wir feststellen, dass auch dort der Dichter manchmal eine sehr brutale Wortwahl gebraucht und wir werden uns fragen: Wie kann das sein.
Wenn wir uns den Überfall der Hamas auf Israel vor Augen führen und vorstellen, wir hätten unsere ganze Familie verloren, vielleicht fällt es uns dann leichter, den Ruf nach Vergeltung, auch den Hass, der manchmal durchkommt, zu verstehen. Wie gut, dass wir Gott all das sagen können.
Und wie gut, dass sich im Reden mit Gott darüber auch seine Sichtweise einstellen darf und wir diesen Hass eben nicht in die Tat umsetzen, sondern bei Gott abgeben dürfen.
Mein ist die Rache, spricht der Herr. Ich werde richten. Römer 12,19
Ein letzter Punkt:
  1. Sünde hat einen Preis – aber Gott ist gnädig
Der Lohn der Sünde ist der Tod. So steht es in Römer 6,23
Also Sünde wird mit dem Tod bezahlt. Sie hat einen Preis. Das ist schon das, was Gott Adam und Eva im Paradies sagt. Wenn ihr von dem Baum esst, müsst ihr sterben.
Doch Adam und Eva sterben zunächst nur einen geistlichen Tod, sie werden von Gott aus dem Paradies geworfen.
Sie sind getrennt von ihm. Sünde bewirkt Trennung von Gott, denn Gott ist vollkommen und wir würden es mit unserer Unvollkommenheit in seiner Nähe nicht aushalten. Außerdem werden wir nicht nur aneinander schuldig sondern immer auch an Gott, der als Schöpfer hinter jedem seiner Geschöpfe steht.
Adam und Eva bedecken sich aus Scham mit Blättern.
Sie versuchen, ihre Schuld so zu bedecken. Und Gott ist gnädig. Er selber tötet das erste Tier und macht aus den Fellen Kleidung für die Menschen. Er selbst bedeckt ihre Schuld und macht so deutlich, dass das, was wir Menschen tun, nie ausreicht, um die Trennung zu Gott zu überwinden.
So sind auch die Tieropfer zu verstehen, die Gott seinem später Volk aufträgt.
Dabei ist Gott nicht blutrünstig. Er braucht nicht das Blut der Tiere, die Menschen brauchen es für die Vergebung ihrer Schuld. Denn Schuld ist nicht nur so klein klein. Ein paar nette Worte oder Blumen reichen da nicht aus, damit alles wieder in Ordnung kommt. Sie hat einen Preis, denn sie schafft Trennung zu Gott und für die Vergebung der Schuld muss Blut fließen:
Hebräer 9,22 Denn ohne Blut ist eine Vergebung der Schuld nicht möglich.
Und die Begründung dafür:
Denn im Blut ist das Leben, und ich selbst habe angeordnet, dass es auf dem Altar dargebracht wird, um euch von eurer Schuld zu befreien. Weil im Blut das Leben ist, darum werdet ihr durch das Blut mit mir, dem Herrn, versöhnt. 3. Mose 17,11-12
Übrigens wurde bei den meisten Tieropfern nur ein kleiner Teil verbrannt und der Großteil den Priestern aus dem Stamm Levi als Versorgung gegeben, da sie zunächst in der Stiftshütte und später im Tempel arbeiteten und sonst keinen Verdienst hatten. Nur die Brandopfertiere wurden komplett verbrannt. Es ist auch ein bisschen ein Phänomen unserer heutigen Zeit, dass wir mit der Schlachtung der Tiere ein Problem haben. Wann immer wir in den Supermarkt gehen und Wurst oder Fleisch kaufen, wurden die Tiere genauso geschlachtet.
Für die Israeliten wurde die Tragweite ihrer Schuld deutlich im stellvertretenden Tod eines Tieres.
Vielleicht würde uns das manchmal auch helfen, den wahren Stellenwert unserer Schuld zu erkennen und dann damit nicht so leichtfertig umzugehen.
Diese Tieropfer weisen jedoch über sich hinaus auf das Opfer, das eines Tages kommen würde: Jesus Christus. Er wurde auf grausame Weise am Kreuz getötet. Er sagte ja zu diesem Weg aus Liebe zu uns.
Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.
Gott schafft Gerechtigkeit, indem er selbst für unsere Schuld stirbt. Auch das ist eine Entwicklung vom Alten zum Neuen Testament. Wir brauchen keine wiederkehrenden Tieropfer mehr, weil Jesus ein für alle Mal für unsere Schuld bezahlt hat. Jeder, der das für sich annimmt, erfährt Vergebung seiner Schuld und kann wieder neu in einer Beziehung mit Gott leben.
Und so sehen wir auch, dass sich die großen Linien durch das Alte und das Neue Testament hindurchziehen und auch Gott derselbe ist.
Er ist heilig und gerecht und er wird eines Tages richten. Gleichzeitig ist er auch ein Gott voller Liebe, Gnade und Geduld. Als Mose Gott auf dem Berg begegnet und Gott an ihm vorübergeht, da lesen wir über ihn:
Ich bin der Herr, der barmherzige und gnädige Gott. Meine Geduld ist groß, meine Liebe und Treue kennen kein Ende! Ich lasse Menschen meine Liebe erfahren über Tausende von Generationen. Ich vergebe die Schuld und die Bosheit derer, die sich gegen mich aufgelehnt haben, doch ich strafe auch, denn Gott ist gerecht.
Wie gut, dass die Strafe auf Jesus liegt, wenn wir das für uns in Anspruch nehmen.
Wenn wir heute so Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit vor Augen geführt bekommen haben, dann ist es eine Einladung an uns, mit unserer Schuld zu Gott zu kommen und sie so ernst zu nehmen, wie er es tut.
Die Möglichkeit zur Rettung und Vergebung steht uns offen, Jesus hat den Weg am Kreuz vollbracht.
Er ist auferstanden und lebt, um uns zu retten. Wir brauchen ihn nicht zu fürchten, er liebt uns. Aber wir dürfen Ehrfurcht vor ihm haben, denn er ist der allmächtige Gott und sein Gericht über die Sünde ist Realität. Das wiederum darf uns unruhig werden lassen, den Menschen die rettende Botschaft weiterzugeben, die ohne ihn verloren gehen.
Wir Menschen sind grausam.
Gott aber nimmt sich der Menschen an dem Punkt an, an dem sie sich befinden, und offenbart seinen Willen auf dem Weg immer deutlicher. Gott ist geduldig und gerecht. Sünde hat einen Preis – aber Gott ist gnädig
Deshalb wollen wir mit den nächsten Liedern auch zu ihm kommen, ihm unsere Schuld bekennen und ihn anbeten und ihm danken für das, was er getan hat aus Liebe zu uns.
Lasst uns dazu aufstehen.
Bibelverweise mit freundlicher Genehmigung: ERF Bibelserver