Andreas Latossek

Kirche am Bahnhof, Frankenberg, 25.06.2023

welcome home my church – schmerzhaft

Das Video zur Predigt finden Sie hier.

Bevor wir mit dem Thema von heute beginnen möchte ich euch noch einmal einladen.
Ich habe es letzte Woche schon gesagt, dass wir als Gemeinde in einen Prozess einsteigen wollen, zu überlegen, was ist unser Traum von Gemeinde 2028. Wie soll unsere Gemeinde 2028 aussehen. Und ihr seid eingeladen, mitzubeten und mitzudenken und uns eure Gedanken mitzuteilen. Auf der nächsten MV am 3. Juli wollen wir das gerne vorstellen. Und wie könnt ihr das machen:
Schreibt eure Gedanken in Stichworten auf kleine Zettel, ein Stichwort, ein Satz, der selbsterklärend ist.
Zum Beispiel: Ich träume davon, dass 2028 mein Nachbar neben mir im Gottesdienst sitzt.
Oder: ich träume davon, dass ich 2028 eine Person als Mentor begleite usw.
Und dann legt diese Zettel in mein Gemeindefach hinten, oder wenn ihr nicht vor Ort seid schreibt mir einfach eine Mail. Meine email findet ihr auf unserer Homepage.

 

Wir sind letzte Woche eingestiegen in unsere neue Gottesdienstserie welcome home my church.
Jesus lädt uns ein: Willkommen zu Hause in meiner Gemeinde. Und wir laden andere Menschen ein: Willkommen zu Hause in meiner Gemeinde.
Letzte Woche ging es darum, dass Gott sich Gemeinde wunderschön ausgedacht hat,
dass sie geprägt ist von tiefer Gemeinschaft mit Jesus,  von Lehre, die sich im Alltagsleben auswirkt, von herzlicher Liebe, Zusammenhalt untereinander und Hilfsbereitschaft und dass Jesus die Kirche als seine Braut sieht, die er auf die Hochzeit mit ihm vorbereitet. Das ist mal ein cooles Bild.
Und ich erinnere mich, dass Benjamin uns Bilder von vielen Dingen gezeigt hat, um uns deutlich zu machen, dass er alles, was er sich ausdenkt, wunderschön macht. Aber das ist leider nur die halbe Wahrheit.
Denn wir bestaunen die wunderschöne Natur, unser Herz geht dabei auf, und machen sie auf der anderen Seite kaputt.
Wir erfreuen uns an schönen alten Häusern und gleichzeitig wohnen Menschen in heruntergekommenen Slums, die verdrecken und  Seuchen sich ausbreiten.
Vielleicht erfreust du dich auch an einem wunderschönen Auto oder Motorrad. Aber es ist auch schmerzhaft zu sehen, wenn die Dinge kaputt gehen, an denen wir uns erfreuen, und vielleicht dabei sogar noch Menschen zu Schaden kommen
Wir lieben süße Babys, aber der Weg dahin ist sehr schmerzhaft.
Und schließlich hat sich Gott etwas Wunderschönes mit Familie, mit Freundschaft und auch mit Ehe ausgedacht, aber sie haben auch ihre schmerzhaften Seiten.
Und da sind wir bei dem Bild, mit dem wir eingestiegen sind, mit der Gemeinde als Braut.
Und genauso hat auch Gemeinde, hat Kirche nicht nur wunderschöne Seiten, sondern sie ist auch schmerzhaft. Wir müssen darüber reden, wir können das nicht einfach verschweigen, denn es ist eine Not für die, die Schmerz erleben, damit umzugehen, und vielleicht gehörst du heute morgen auch dazu.

 

Schmerzhaft.

 

In den letzten Jahren waren verschiedene Pastoren von Megachurches wegen ihres Fehlverhaltens in den Medien. Wann immer ein Leiter als Vorbild fällt, leidet auch der Glaube vieler anderer. Aktuell wird über ungesunde Strukturen bei Hillsong und ihren Umgang mit Mitarbeitern diskutiert. Immer wieder gibt es auch Aussteiger von Kirchen, die über ihre Probleme berichten. Ich möchte gar nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Ich glaube, jeder von uns ist gefährdet, ich auch, und es ist Gnade Gottes, dass wir bei ihm sind und bleiben und er uns vor manchem Fehler und mancher Schuld bewahrt. Und wir als Gemeinde und einzelne von uns haben auch unsere Geschichte.
Da gibt es den großen Schmerz, wo Gemeinden theologische Wege gehen, die ich nicht mitgehen kann.
Streit, der ganze Gemeinden spaltet.
Geistlicher und körperlicher Missbrauch.
Enge Lehre, die mir ein falsches Gottesbild malt aus Verboten und Geboten und Angst, nicht in den Himmel zu kommen und Gott durch Leistung gefallen zu müssen.
Mitarbeiter, die ausgenutzt und aufgerieben werden.
Aber es gibt auch den alltäglichen Schmerz, und der ist nicht geringer, wo Gemeinde eine Familie sein sollte, nach der ich mich sehne, sie aber nicht finde, weil es mir nicht gelingt, hineinzukommen und tiefe Beziehungen aufzubauen.
Da gibt es Missverständnisse, Meinungsverschiedenheiten, Streit, schlechtes Reden hinter dem Rücken, ich werde zurückgewiesen, übersehen, vergessen und verletzt.
All das sollte doch zu Hause nicht passieren. All das sollte doch in Gottes Kirche nicht sein.
Und doch passiert es, und es tut weh.
Und es führt dazu, dass in unseren Gemeinden Menschen sitzen, die verletzt sind, die kraftlos sind, die ihre Freude an der Gemeinde und an Jesus verloren haben und darum ringen, die sich vielleicht fragen, wo Jesus war oder gerade ist. Es gibt Menschen, die sich innerlich zurückgezogen haben und alles aus einer gewissen Distanz betrachten, Menschen, die eine Maske aufgezogen haben, die alles mitmachen und mitsingen, weil man das so macht, aber innerlich sieht es ganz anders aus. Und es gibt Menschen, die gehen und verlassen Kirche, leben Glaube alleine oder kehren dem Glauben ganz den Rücken zu.

 

Das erste, was ich dir heute Morgen sagen möchte, wenn du eine dieser Erfahrungen von Verletzung gemacht hast, die ich beschrieben habe oder vielleicht auch eine ganz anderes: Es tut mir leid.
Es tut mir so leid, dass du diese Schmerzen durch Kirche, durch Gemeinde erlebt hast. Und im Namen Gottes möchte ich dich um Vergebung bitten. Ich selber habe diese Schmerzen auch erlebt, aber ich weiß auch, dass ich genauso andere verletzt habe, und das tut mir leid. Es ist nicht das, wie Gott es sich vorgestellt hat.
Warum aber ist das so, dass Gemeinde nicht nur wunderschön ist sondern auch schmerzhaft?
Wir lesen in der Bibel auf den ersten Seiten, dass Sünde die Gemeinschaft von uns Menschen zu Gott und untereinander zerstört. Sünde, das ist meine Auflehnung gegen Gott, zu meinen, ich weiß es besser, das Leben selbst in der Hand haben zu wollen statt auf ihn zu vertrauen. Sünde, das ist alles Verhalten, das Gott nicht gefällt, das in seinen Augen nicht richtig ist und wir sehen die Auswirkungen davon in unserer Welt und in unserem eigenen Leben.
Sünde wirkt sich aus auf die Schöpfung. Paulus schreibt im Römerbrief, dass auch die Schöpfung stöhnt. Schaut um euch herum, wir erleben das.
Sünde wirkt sich negativ auf unseren Charakter aus.
Was die menschliche Selbstsucht hervorbringt, ist offenkundig, nämlich: Unzucht, Verdorbenheit und Ausschweifung, Götzenanbetung und magische Praktiken, Feindschaft, Streit und Rivalität, Wutausbrüche, Intrigen, Uneinigkeit und Spaltungen, Neid, Trunk- und Fresssucht und noch vieles dergleichen.
Die Menschen werden selbstsüchtig, geldgierig, prahlerisch und eingebildet sein. Sie werden Gott lästern, ihren Eltern nicht gehorchen und vor nichts mehr Ehrfurcht haben. Sie sind undankbar, lieblos und unversöhnlich, verleumderisch, unbeherrscht und gewalttätig, sie hassen das Gute, sind untreu und unzuverlässig und aufgeblasen vor Überheblichkeit. Sie kümmern sich nicht um das, was Gott Freude macht, sondern suchen nur, was ihre eigene Lust vermehrt. Sie geben sich zwar den Anschein der Frömmigkeit, aber von der wahren Lehre, von der Kraft, aus der echte Frömmigkeit lebt, wollen sie nichts wissen.

 

Kirche besteht aus Menschen. Es gibt auch in der Kirche Menschen, die nicht nach Gottes Willen fragen, die ihre eigene Agenda durchziehen und die Bibel einfach als Machtinstrument missbrauchen.
Aber auch wir, die wir mit Jesus in einer Beziehung leben sind ja nicht deshalb auf einmal perfekte Menschen. Wir machen Fehler, auch wir fragen nicht immer nach Gottes Willen, unbewusst und manchmal auch bewusst.
Im Miteinander gibt es unterschiedliche Meinungen und überall da, wo Menschen miteinander unterwegs sind geschehen Verletzungen. Der Unterschied ist, dass in uns der Heilige Geist lebt, der uns leiten und verändern möchte und wo wir wissen, dass Gott unsere Schuld vergibt, wenn wir Fehler machen und ihn darum bitten. Gerade deshalb ist Jesus am Kreuz gestorben und wir dürfen das für uns ganz persönlich in Anspruch nehmen, immer wieder neu, aber vielleicht heute auch zum ersten Mal. Dass wir Jesus bekennen, dass wir Schuld auf uns laden und seine Vergebung in Anspruch nehmen und ihn einladen, uns zu leiten und zu verändern, Stück für Stück.
Es gibt noch eine weitere Dimension, warum auch in Kirche Verletzungen geschehen, weil der Teufel, der Gegenspieler Gottes, versucht, kaputt zu machen, was Gott an wunderschönem schafft. Er möchte nicht, dass wir persönlich und dass Gemeinde aufblüht und so anziehend für andere Menschen ist.
Gott sieht die Gemeinde als wunderschön, als seine Braut, an der er arbeitet. Diesen Blick dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Gleichzeitig aber wird Gemeinde in der Bibel noch mit einem anderen Bild beschreiben:
Als ein Bau.
Bei uns am Schwimmbad sind in den letzten Monaten 3 Häuser entstanden. Da wurde viel gearbeitet. Ein gutes Fundament gelegt, die Wände hochgezogen, das Dach aufgesetzt, Leitungen verlegt, der Innenausbau, Fenster rein, außen verputzt. Jetzt noch die Außenanlagen.
Wenn die Bibel von Gemeinde als einem Bau spricht, dann bedeutet das:
Ein Bau ist nicht fertig, wir sind nicht fertig. Ein Bau ist dreckig. Wo gehobelt wird, fallen Späne.
Aber es gibt eine Verheißung:
Denn ich bin gewiss, dass Gott sein Werk, das er bei euch begonnen hat, zu Ende führen wird, bis zu dem Tag, an dem Jesus Christus kommt.
Dann wird seine Braut in makelloser Schönheit vor ihm stehen. Jeder einzelne von uns und die weltweite Gemeinde Jesu. Gottes Wunsch ist es, zu heilen, zu verändern, unseren Charakter zu prägen, Freiheit zu schenken und ein neues Miteinander, das ihn widerspiegelt. Und das ist auch mein Wunsch für heute morgen und dafür haben wir gebetet, dass du ein Stück Heilung, Vergebung, Freiheit, Freude und neue Liebe für Gott und für den Nächsten gewinnst.
Ich habe mich gefragt, wie können wir mit diesen schmerzhaften Erfahrungen von Kirche umgehen und dazu möchte ich dir 5 Schritte an die Hand geben:
  1. Schau dahinter
Was meine ich damit?
Die Kirche ist nicht Gott, Menschen sind nicht Gott.
So wie im Mittelalter die Menschen dahinter schauen mussten bei allem, was Menschen im Namen der Kirche getan haben, so müssen wir lernen, dahinter zu schauen bei allem, was Menschen sagen, was Menschen tun. Wir müssen in die Bibel schauen und entdecken, wie Gott ist und wir müssen verstehen, wenn das Bodenpersonal Gottes manchmal so wenig von ihm widerspiegelt, ist Gott anders.
Ich weiß, dass das manchmal so schwer voneinander zu trennen ist, denn dann kommen all die Fragen auf, die auch im Zusammenhang mit Leid aufkommen, wo Gott denn gewesen ist und warum er das zugelassen hat. Da gibt es nicht immer eine Antwort darauf. Aber ich erinnere mich an einen starken Bericht einer Person, die schmerzvolles durch einen vermeintlichen Christen erlebt hat. Die jahrelang darunter gelitten hat und sich gefragt hat, wo Jesus war, bis er ihr ein inneres Bild davon geschenkt hat, dass Jesus sie in dem Moment auf den Arm genommen hat. Und sie konnte seine Tränen darüber sehen, was Menschen sich gegenseitig antun, weil Gott uns einen freien Willen lässt, aber wie er mitleidet und uns nicht alleine lässt. Diese Person hat Heilung erlebt, als sie angefangen hat, sich mit all den schmerzhaften Erfahrungen an Jesus zu wenden und nicht mehr vor ihm wegzulaufen.
König David hat selber viel Leid erlebt.
Er war zwar auch König, aber er musste erleben, bevor er König war, wie ihn seine Familie alleine gelassen hat, bei den Schafen, nachts, einsam, dunkel, im Kampf gegen Löwen und Bären. Später dann hat sein eigenes Sohn einen Putsch versucht und er musste aus seinem Palast fliehen.
Dieser David schreibt:

 

Psalm 23: Der Herr ist mein Hirte. Auch wenn ich durchs finstere Tal gehen muss, fürchte ich kein Unheil, denn du bist bei mir.

Psalm 34,9 Erprobt es doch selbst und erlebt es: Der HERR ist gütig! Wie glücklich sind alle, die bei ihm Zuflucht such

Die Psalmen sind ein gutes Buch, unserem Schmerz Ausdruck zu verleihen, wenn uns dafür vielleicht selber die Worte fehlen. Sie ermutigen uns, Gottes Nähe zu suchen. Er ist da.
Und so lädt uns Jesus persönlich ein: Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben. Matthäus 11,28
Er trug unsere Schmerzen, heißt es beim Propheten Jesaja. Jesus lädt dich ein heute Morgen, dahinter zu schauen und zu ihm zu kommen mit deinen schmerzhaften Erfahrungen von Gemeinde.
  1. Lerne zu unterscheiden
Lerne zu unterscheiden, woher die Schmerzen kommen, die du gerade empfindest. Denn es gibt Schmerzen in Gemeinde, die sind legitim, die haben ihre Berechtigung, die gehören sogar ein Stück weit zu Kirche dazu. Wenn Gemeinde wie ein Bau ist, dann sind nicht wir die Baumeister sondern Gott. Und es gibt gewisse Maßstäbe und Richtlinien, die er uns in seinem Wort gibt. Die sind anders, als die Menschen sie um uns herum haben. Die sind vielleicht sogar anders als unsere eigenen und wir stoßen irgendwann darauf, beim Bibellesen, in einer Predigt, beim Austausch in einer Kleingruppe.
Wichtig: Es sind Gottes Maßstäbe, nicht unsere menschengemachten Maßstäbe.

Und jetzt ist die Frage: Wie gehe ich damit um?

 

Römer 12,2 schreibt Paulus: Passt euch nicht den Maßstäben dieser Welt an. Lasst euch vielmehr von Gott umwandeln, damit euer ganzes Denken erneuert wird.

 

Das kann schmerzhaft sein, wenn ich das anders sehe, zu akzeptieren, dass Gott es anders sieht und das anzunehmen. Oder wenn ich das nicht will zu akzeptieren, dass es Grenzen von Einheit in einer Gemeinde gibt und man eventuell auch nicht zusammenfindet.
Jetzt ist aber ja nicht alles in der Bibel festgelegt. Formen, Stile, da herrscht eine ganz große Freiheit. Aber wenn 100 Menschen zusammenkommen, dann haben sie 100 Meinungen und Wege und vielleicht geht eine Gemeinde in einer Freiheit einen Weg, wo du es anders machen würdest. Und auch da kann es schmerzhaft sein, zu lernen, sich einzuordnen und sich nicht beleidigt zurückzuziehen, sondern anzuerkennen, dass es andere gute Wege als deine gibt. Aber wenn wir Jesus in den Blick bekommen und den Auftrag, den er uns gibt, dann ist Einheit möglich trotz und in aller Unterschiedlichkeit.
Ein Mann beim Training im Fitnessstudio.

Ein dritter Bereich, wo Schmerzen sozusagen zu Kirche dazugehören:

Da habe ich euch nochmal ein Bild mitgebracht: Ein Mann beim Training im Fitnessstudio.
Wir haben vorhin gesehen, dass Gott unseren von der Sünde geprägten Charakter verändern möchte. Und Veränderung tut immer weh. Das ist wie Muskelaufbau. Ohne Training funktioniert das nicht.
Gottes Geist wirkt in uns, wenn wir ihn lassen, aber wir müssen ihn dabei unterstützen. Es tut manchmal weh, mit mir selber konfrontiert zu werden, zu merken, was da alles in mir steckt, und dann auf Gottes Reden zu hören im Alltag, beim Bibellesen, und zu tun, was er mir sagt.
Und oft gebraucht er andere Menschen, an denen ich lernen darf.

 

Sprüche27,17: Eisen wird mit Eisen geschärft, und ein Mensch bekommt seinen Schliff durch Umgang mit anderen.
Das ist nicht immer angenehm. Aber Liebe lerne ich zum Beispiel nicht da, wo alle Menschen um mich herum sowieso liebenswert und nett sind sondern genau da, wo ich herausgefordert bin, den anderen zu lieben, weil er anders ist als ich und vielleicht sogar ein bisschen komisch. Diese Formen von Schmerzen gehören zu Kirche dazu und es ist wichtig, dass wir lernen, sie von den anderen zu unterscheiden.
  1. Tu es für Jesus
Als wirklicher Fan einer Mannschaft ist man total leidenschaftlich. Man unterstützt die Mannschaft, man versucht, bei den Spielen dabeizusein, man kauft sich Fanartikel. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass man mit seiner Mannschaft besonders mitleidet. Wenn sie absteigt, wenn sie knapp die Meisterschaft verpasst. Das lässt einen nicht kalt.
Anders sind da so die Mitläufer-Fans. Die betrachten alles eher distanziert. Die freuen sich ein bisschen und leiden ein bisschen, aber es macht ihnen nicht viel aus.
Wenn du Jesus liebst, dann liebst du auch seine Gemeinde, weil er sie liebt. Es ist dir nicht egal, wie es der Gemeinde geht, wie sie sich entwickelt. Du bringst dich ein und versuchst, etwas mit zu bewegen. Du übernimmst Verantwortung und leitest vielleicht sogar eine Arbeit, einen Bereich.
 Aber gerade, wenn du so engagiert bist, leidest du vielleicht besonders.
Mir sind bei diesem Gedanken direkt die Propheten im Alten Testament eingefallen. Die waren so leidenschaftlich. Und was die gelitten haben darüber, dass das Volk Israel nichts von ihrer, von Gottes Botschaft hören wollte.
Was die gelitten haben darüber zu sehen, wie das Volk in sein Verderben rennt.
Was die gelitten haben darüber, verspottet und sogar eingesperrt zu werden für die Botschaft Gottes.
Erst letzte Woche hatte ich so ein Gespräch mit jemand. Da engagiert man sich und keiner sagt danke. Es wird als selbstverständlich angesehen. Im schlimmsten Fall wird man im Stich gelassen, andere fallen einem in den Rücken, man wird ungerechtfertigt kritisiert. Man versucht etwas zu bewegen und keiner zieht mit. Man leidet, hofft und wird enttäuscht. Und die Gefahr ist groß, dass man aufgibt und hinschmeißt.
Natürlich kann es sein, dass man über seine Grenzen gegangen ist und darüber reden muss, was gesund ist. Natürlich muss man das ansprechen, was nicht richtig war oder nicht gut gelaufen ist. Natürlich brauchen wir Lob und ein Danke von anderen.
Aber letztlich, möchte ich dich ermutigen, und das habe ich der Person auch gesagt: Tu es für Jesus.
Ich merke immer wieder: Wenn ich es nur für Menschen mache, dann ist das auf Dauer zu wenig.
Ich möchte gerne von Jesus hören, wenn ich eines Tages vor ihm stehe, dass er sagt:

 

Gut gemacht, du tüchtiger und treuer Diener. Matthäus 25,23

 

Darum geht es. Nicht um das, was Menschen sagen, sondern um das, was Jesus sagt. Unser Lohn wartet im Himmel auf uns.
Ich glaube, dass wir uns diese Motivation immer wieder vor Augen halten müssen. Das hilft uns, auch bei schmerzhaften Erfahrungen dranzubleiben und nicht zu schnell aufzugeben. Genauso können wir von dem Schmerz lernen, wie wir uns wünschen, dass andere mit uns umgehen, so auch mit ihnen umzugehen.
  1. Benenne Schuld und lebe Vergebung
Gott wünscht sich für uns, dass wir in guten und geklärten Beziehungen miteinander leben. Das bedeutet, wenn wir schmerzhafte Erfahrungen machen und verletzt werden, einen Konflikt mit jemandem haben, dies anzusprechen und versuchen, zu klären. Je nach Schwere der Verletzung wird das nicht immer möglich sein, manchmal ist auch der andere nicht bereit dazu. Aber es geht hier nicht darum, wie das in manchen Kreisen üblich ist, über alles einen Deckmantel des Schweigens zu hüllen und vom anderen einfach zu verlangen, er müsse schon vergeben.
Jesus sagt seinen Jüngern in einem bestimmten Zusammenhang:

 

»Wenn dein Bruder – und das gilt entsprechend für die Schwester – ein Unrecht begangen hat, dann geh hin und stell ihn unter vier Augen zur Rede. Wenn er mit sich reden lässt, hast du ihn zurückgewonnen. Will er davon nichts wissen, nimm einen oder zwei andere mit, denn durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen wird die Sache eindeutig bestätigt.

 

Also das Ziel ist, den Bruder gewinnen. Nicht selber gewinnen. Nicht Ärger loswerden. Sondern die Beziehung wiederherstellen. Wenn die andere Person nicht mit sich reden lässt, dann jemand anderen mitzunehmen. Je nach Konflikt eventuell auch einen Vermittler dazuzuholen.
Umgekehrt gilt genauso:
Wenn du eine Opfergabe zum Altar bringst und dir fällt plötzlich ein, dass dein Bruder dir etwas vorzuwerfen hat, also dass du der Konfliktauslöser gewesen bist, dann lass dein Opfer am Altar zurück, geh zu deinem Bruder und versöhne dich mit ihm. Erst danach bring Gott dein Opfer dar.

 

Jesus spricht hier von einem alttestamentlichen Gottesdienst. Und er macht daran deutlich, dass Gott das Zwischenmenschliche höher ansetzt als das religiöse. Wenn wir gleich das Abendmahl miteinander feiern, dann betont Paulus in diesem Zusammenhang, dass das Abendmahl nicht nur ein Zeichen der Erinnerung an Jesu Sterben und Auferstehung ist sondern auch ein Zeichen für unsere Gemeinschaft miteinander und dass wir uns prüfen sollen, ob wir in diesen bereinigten Beziehungen miteinander leben und wenn nicht, es vorher, sofern möglich, miteinander klären sollen.
Das heißt auf der einen Seite, Verletzungen, Fehlverhalten und Schuld anzusprechen, wenn möglich zeitnah, und nicht alles in sich reinzufressen und irgendwann kommt alles Alte auf den Tisch, was andere längst vergessen haben. Dabei auch zu reflektieren, habe ich einen Anteil daran, habe ich den anderen auch verletzt, und dann für meinen Teil Verantwortung zu übernehmen und mich zu entschuldigen. Zu wissen, jeder von uns ist jederzeit fähig, auch den anderen zu verletzen und nicht nur, verletzt zu werden, das macht uns demütig in unserer Haltung dem anderen gegenüber, wie wir Dinge dann ansprechen.
Paulus schreibt dazu Epheser 4,15:
Laßt uns aber die Wahrheit reden in Liebe.

 

Für die andere Seite bedeutet es, die Gefühle des Betroffenen ernst zu nehmen, ihm zuzuhören, und zu versuchen, den anderen zu verstehen. Was denkt er, was sind seine Beweggründe. Was fühlt er.
Eigenes Fehlverhalten einzugestehen und sich dafür zu entschuldigen.
Egal, ob der andere sein Fehlverhalten einsieht und sich entschuldigt oder nicht, Jesus lädt uns ein:
Vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.
Dabei ist Vergebung nicht etwas, was ich einfordern oder den anderen dazu unter Druck setzen kann. Vielmehr ist es eine Einladung Jesu. Er warnt uns: Achtet darauf, dass nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide, dass nicht irgendeine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und euch zur Last werde.

 

Das ist wie ein Splitter in meiner Hand. Denkt nochmal an das Bild mit den Dornen vom Anfang. Es tut weh, den Splitter zu entfernen, aber wenn ich das nicht tue, dann geht es vielleicht eine Zeitlang gut. Aber irgendwann fängt die Wunde an sich zu entzünden und Eiter kommt raus.
Jesus weiß, wenn ich nicht vergebe, dann wächst Bitterkeit in meinem Leben auf wie dieser Eiter. Und diese Bitterkeit versaut mein ganzes Leben. Es ist wie ein Gefängnis, in dem ich stecke. Vergebung hilft zunächst mir und gar nicht dem anderen, wieder Freiheit zu erleben.
Vergebung heißt nicht, dass ich alles vergesse. Vergebung heißt auch nicht, dass wir wieder beste Freunde werden. Manchmal ist das möglich, aber nicht immer. Aber Vergebung hilft mir, dem anderen wieder begegnen zu können ohne die ganze Zeit den Schmerz und den Hass in mir rumzutragen, sondern frei zu werden.
Vergebung ist eine Entscheidung, die ich treffe, dem anderen zu vergeben und den Rest Gott zu überlassen. Er wird für Gerechtigkeit sorgen, wenn nicht hier dann spätestens im Himmel. Manchmal braucht es auch Zeit, bis wir zur Vergebung bereit sind. Aber vielleicht ist es genau das, was für dich heute Morgen in den schmerzlichen Erfahrungen dran ist. Vielleicht die Wunde der Verletzungen nochmal zu öffnen auch wenn es wehtut und zu sagen: Ja ich vergebe endlich. Gott hilf mir, mit meinen Gefühlen umzugehen, denn die sagen noch was anderes. Aber ich will dich beim Wort nehmen. Und weißt du, manchmal musst du das so lange immer wieder neu aussprechen, bis auch deine Gefühle diese Freiheit erleben, denn Vergebung ist ein Weg und nicht ein Punkt.
Mich beeindruckt eine Person aus dem Alten Testament. Ein junger Mensch, der von seiner eigenen Familie als Sklave verkauft wird, der nach Ägypten kommt und schließlich dort vom Sklaven zum zweitmächtigsten Mann aufsteigt. Als eine Hungersnot aufkommt und seine Familie schließlich ohne ihn zu erkennen vor ihm steht und um Essen bettelt, da hätte dieser Mann Josef alle Möglichkeiten gehabt, sich zu rächen für das, was sie ihm angetan haben. Aber er hat es nicht getan. Stattdessen hat er für sie gesorgt und sie unter seinen Schutz genommen.
Ihr hattet Böses mit mir vor, aber Gott hat es zum Guten gewendet; denn er wollte auf diese Weise vielen Menschen das Leben retten. Das war sein Plan, und so ist es geschehen. 1. Mose 50,20
Josef vertraute darauf, dass Gott in allem die Kontrolle und eine Plan hatte und das er auch das, was seine Familie ihm angetan hatte, zu etwas Gutem gebrauchen würde. So konnte er eine Haltung der Vergebung leben.
Anne Graham Lotz schreibt in ihrem Buch „Verletzt und enttäuscht“:
Lassen sie die Vergangenheit los, damit sie vorwärtsgehen können und frei sind für alles, was Gott für sie bereithält.
Lassen sie ihren Groll über die Art und Weise los, wie sie behandelt wurden.
Lassen sie ihre Bitterkeit gegenüber anderen Menschen los, die ihnen ein falsches Bild von Gott vermittelt haben.
Lassen sie ihre Unversöhnlichkeit gegenüber Menschen los, die ihnen Wunden zugefügt haben.
Lassen sie ihre Herzenshärte gegenüber Menschen los, von denen sie abgelehnt wurden.
Lassen sie den überwältigenden Wunsch los, ihr eigenes Handeln zu rechtfertigen und das Handeln der anderen durchzukauen.
Lassen sie ihre nachtragende Haltung oder den Wunsch der Vergeltung los.
Lassen sie ihren Groll gegen Gott, der ihre Verwundung zugelassen hat, los.
Lassen sie das Leben ihrer früheren Träume los, das jetzt durch andere Menschen getrübt wurde.
Lassen sie einfach los.
Lassen sie das Gestern los, um heute leben zu können.
Vielleicht ist das eine der wunderschönen Seiten an Kirche, dass Vergebung und ein Neuanfang möglich ist und wir wissen dürfen, dass Gott auch unsere Wunden und unsere Schmerzen zu etwas Gutem gebrauchen kann.
Deshalb ist der letzte Schritt:
  1. Öffne dich neu für Gottes Kirche
Gott liebt seine Kirche. Er hat sie wunderschön gemacht, auch wenn sie manchmal schmerzlich ist. Aber Jesus wird dafür sorgen, dass sie vollkommen und makellos vor ihm stehen wird. Er mahnt uns, die Versammlungen nicht zu verlassen, weil er weiß, dass wir die Gemeinschaft brauchen, um im Glauben dranzubleiben und einander zu ermutigen aber auch zu ermahnen, zu schleifen, wie wir vorhin gesehen haben.
Ja, es gibt eine Grenze: Wenn eine Gemeinde die Bibel als Basis verlässt oder schon lange im Streit lebt und mein Glaube darunter leidet, ist es irgendwann gut, sich eine neue Gemeinde zu suchen. Auch wenn das weh tut. Man wechselt ja auch nicht einfach sein zu Hause. Aber die Bibel macht deutlich, dass wir Gemeinde brauchen in irgendeiner Form, ob das so ist wie hier oder eine Kleingruppe. Es ist in Gottes Augen keine Option, als Mensch, der mit ihm lebt keine Gemeinde zu haben. Vielleicht für eine Zeit der Heilung und Orientierung ja.
Und Gott möchte auch nicht, dass wir so wie ich das am Anfang gesagt habe, uns innerlich zurückziehen, oder eine Maske aufziehen. Er sehnt sich nach uns, und sein Wunsch ist, dass auch wir das Wunderschöne an Kirche entdecken und erleben, was er sich für uns gedacht hat. Und da, wo wir das gerade nicht haben, dürfen wir Gott bitten um diesen Blick auf seine Gemeinde, um neue Liebe und Leidenschaft, dass wir uns einbringen und Gemeinde zu seiner Ehre mitgestalten.
Es ist wie in einer Beziehung, wo ich mich immer wieder entscheiden muss, mich zu öffnen und nicht auf Distanz zu gehen und mich Gott hinzuhalten, ihn ranzulassen, meine Wunden zu heilen. Und er möchte das heute Morgen tun.
Ich glaube, dass das ein heiliger Moment ist. Wir werden jetzt gleich einfach eine Zeit der Stille haben wo nur etwas Musik läuft und wo du mit Gott darüber reden kannst wo du Schmerz erlebt hast durch Kirche, durch Christen. Wenn es für dich wichtig ist, dann bitte Jesus dir zu zeigen, wo er in dem Moment war und dann lass los und sprich diesem Menschen Vergebung zu. Jesus, ich vergebe xy für…  Und ich lasse los.
Und wenn du merkst, dass dieser Schmerz, diese Wunden deine Liebe und deine Leidenschaft für Gottes Kirche geraubt haben, dann bitte Jesus doch darum, dir das ganz neu zu schenken. Heiliger Geist, wir laden dich ein, du möchtest uns Freiheit schenken. Sprich zu uns und wirke unter uns.

Amen
 
Bibelverweise mit freundlicher Genehmigung: ERF Bibelserver