Selbst die weitverbreiteten Weissagungen des Nostradamus haben sich trotz ihrer Verschwommenheit, die den Beweis des Gegenteils erschweren, oft als falsch herausgestellt.[2] Dazu ein Beispiel:
„Nimmt die Göttin des Monats wegen seines Tages und seiner Bewegung: Ein verzweifelter Wanderer und Zeuge des Gesetzes Gottes, durch Erwecken der großen Regionen der Welt für den Willen Gottes (den Willes des Einen)“[3]
Es heißt, damit sei der Tod von Prinzessin Diana gemeint. (Auch wenn Sie wahrscheinlich eher an Margaret Thatcher gedacht haben.) Weissagungen wie diese sind so nebulös wie das Erblicken von Bildern in Wolken. Dennoch bestehen einige darauf, dass dies der Beweis für eine eingetroffene Prophezeiung des Nostradamus sei. Ziemlich fragwürdig, aber eben auch schwer zu widerlegen. Und das ist ganz generell die Bilanz aller Hellseher und Wahrsager. Als in der Buchreihe The People’s Almanac die Vorhersagen von 25 angesehenen Hellsehern untersucht wurden, stellte sich heraus, das 92 Prozent der Vorhersagen falsch waren. Die anderen 8 Prozent waren zumindest fragwürdig und ließen sich mit dem Zufall oder durch eine allgemeine Kenntnis der Umstände erklären.[4] Bei anderen Experimenten mit den führenden Hellsehern der Welt ergab sich eine Trefferquote von rund 11 Prozent – was vielleicht gar nicht so schlecht wäre, würde man die Tatsache ignorieren, dass Menschen, die einfach nur raten, was in der Zukunft passieren wird, in etwa genauso gut abschneiden. Damit werden zwar nicht alle Vorhersagen widerlegt, aber es macht klar, warum Hellseher nicht im Lotto absahnen.
Der Unterschied zwischen Hellsehern und Propheten scheint eher ein grundsätzlicher als ein gradueller zu sein. Propheten sprachen ganz konkret über Ereignisse in der Zukunft, sofern diese sich auf den sich offenbarenden Plan Gottes bezogen – und das mit einer unerschütterlichen Zuverlässigkeit. Hellseher sind käuflich; sie entwerfen vage Skizzen der Zukunft für einen Markt, der bereit ist, sie für ihre Dienste zu bezahlen. Sie bieten sensationelle Informationen vor dem Hintergrund einer mit Makeln behafteten Bilanz. Religiöse Prophezeiungen in der richtigen Perspektive Prophezeiungen können ziemlich mystisch, metaphysisch und – weil uns gerade kein besseres Wort einfällt – befremdlich sein. Sie lassen uns an spiritistische Sitzungen undandere Welten denken. In Star Wars wird jemand vorhergesagt, der das gestörte Gleichgewicht in der Macht wiederherstellen werde. Die Filme aus der Reihe Der Herr der Ringe flechten ihre imaginären Motive um Szenen, bei denen es um diverse Prophezeiungen geht. Aber das ist eben die Welt der Fantasie.
Was die Wirklichkeit betrifft, so sagt man, dass jemand, der auch nur eine Minute der Zukunft kennt, die Welt beherrschen könne. Denken Sie mal darüber nach. Eine Minute, während der man jedes Blatt kennt, das in einer Spielbank in Las Vegas ausgegeben wird. Sie würden zum reichsten Menschen der Welt und der arme Donald Trump würde als Briefträger arbeiten.
In der Welt der Religion aber fällt Prophezeiungen eine wichtige Funktion zu. Sie stellen eine zuverlässige Methode dar, um herauszufinden, ob jemand mit göttlicher Befugnis spricht oder nicht, denn nur ein allwissender Gott kann die ganze Zukunft kennen. Und in diesem Punkt sind die Prophezeiungen im Alten Testament etwas Einzigartiges, weil die  meisten berühmten heiligen Schriften anderer Religionen keinerlei Vorhersagen enthalten. Während beispielsweise das Buch Mormon und die Veda-Sammlung im Hinduismus von sich behaupten, göttlich inspiriert zu sein, lässt sich dieser Anspruch nicht wirklich untermauern. Man kann nur sagen: „Tja, das klingt nach etwas, was Gott gesagt haben könnte.“
Der Bibelforscher Wilbur Smith verglich die Prophezeiungen in der Bibel mit anderen historischen Büchern und kam zu folgendem Schluss: „[Die Bibel] ist das einzige von einem oder einer Gruppe von Menschen jemals angefertigte Buch, in dem sich eine Vielzahl von Prophezeiungen findet, die sich auf einzelne Nationen, auf Israel, auf alle Völker der Erde, auf bestimmte Städte und auf den beziehen, welcher da kommen wird und welcher der Messias sein sollte.“[5] Die Bibel macht ihren Anspruch auf Inspiration also auf eine Weise geltend, dass er sowohl erhärtet als auch widerlegt werden kann.
Und wenn man diesen Grad an Genauigkeit aus seiner alltäglichen Perspektive betrachtet, wird klar, wie erstaunlich das alles ist. So wäre es z. B. ein Wunder gewesen, wenn Sie im Jahr 1910 vorausgesagt hätten, dass ein Mann namens George Bush im Jahr 2000 zum USPräsidenten gewählt werden würde. Stellen Sie sich aber vor, dass Sie einige der folgenden Details in Ihre Vorhersage aufgenommen hätten:
• Der Kandidat, auf den insgesamt die meisten Stimmen entfallen, wird die Wahl verlieren.
• Alle großen Fernsehsender werden den gleichen Wahlsieger bekannt geben und sich dann korrigieren.
• Ein Bundesstaat (Florida) wird den Wahlausgang entscheiden.
• Der höchste Gerichtshof der Vereinigten Staaten wird letztendlich den Sieger bestimmen.
Wäre das alles so gekommen, hätte man Kirchen nach Ihnen benannt und auf den Armaturenbrettern vieler Autos befände sich eine kleine Statue mit Ihren Gesichtszügen. Aber da Sie das eben nicht vorhergesagt haben, gibt es das alles nicht. So schwierig (wenn nicht unmöglich) es 1910 gewesen wäre, die genaue Abfolge von Ereignissen korrekt vorherzusagen, so unglaublich unwahrscheinlicher ist es, dass Jesus oder irgendein Mensch die hebräischen Messias-Prophezeiungen erfüllen würde. Das Alte Testament, das Hunderte von Jahren vor der Geburt Jesu geschrieben wurde, enthält 61 spezifische Prophezeiungen und fast 300 Verweise auf den Messias.[6]
Nach der hebräischen Vorschrift, dass eine Prophezeiung zu 100 Prozent richtig sein muss, muss der wahre Messias Israels diese erfüllen, weil er sonst nicht der Messias sein könne. Die Frage, deren Antwort Jesus entweder legitimiert oder ihn für den größten Schwindel der Menschheit verantwortlich macht, lautet: „Passt er auf diese alttestamentarischen Prophezeiungen und erfüllt er sie?“

Wie stehen die Chancen?

Lassen Sie uns einen Blick auf zwei der spezifischen Prophezeiungen des Alten Testaments über den Messias werfen
„Aber zu Bethlehem im Gebiet der Sippe Efrat sagt der Herr: ‚Du bist zwar eine der kleinsten Städte Judas, doch aus dir kommt der Mann, der mein Volk Israel führen wird. Sein Ursprung liegt weit zurück, in fernster Vergangenheit.‘“ (Micha 5:2, Hfa)
„Jetzt gibt euch der Herr von sich aus ein Zeichen: Eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn bekommen. Immanuel wird sie ihn nennen.“ (Jesaja 7:14, Hfa)
Bevor wir nun aber die anderen 59 Prophezeiungen untersuchen, müssen wir innehalten und uns fragen, wie viele Menschen in der Kategorie „Potenzieller Messias“ in unserer Geschichte im Ort Bethlehem von einer Jungfrau geboren wurden. „Na ja, da ist mein Nachbar Georg, aber … nein, vergessen Sie’s, der ist in Köln geboren.“ Es geht hier um 61 detaillierte Prophezeiungen, die von einer einzigen Person erfüllt wurden – die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fall eintritt, liegt quasi bei null.
Wenn Forensiker zwei übereinstimmende DNA-Profile entdecken, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um die falsche Person handelt, bei weniger als eins in mehreren Milliarden (ein Punkt, der für Abweichler wichtig sein dürfte). Wenn wir uns darüber Gedanken machen, ob ein einziger Mensch alle diese Prophezeiungen erfüllt haben könnte, scheinen wir uns hier im gleichen Wahrscheinlichkeitsbereich zu bewegen, mit etwa der gleichen Zahl von Nullen. Der Mathematikprofessor Peter Stoner gab 600 Studenten eine Aufgabe zur Wahrscheinlichkeitsrechnung, um festzustellen, wie wahrscheinlich es ist, dass eine einzige Person alle acht spezifischen Prophezeiungen erfüllt. (Das ist nicht das Gleiche, als würde man achtmal hintereinander eine Münze werfen, die dann jedes Mal mit der Zahl nach oben landet.) Zuerst berechneten die Studenten die Wahrscheinlichkeit, dass eine einzige Person alle Bedingungen einer spezifischen Prophezeiung erfüllt, z. B. gegen den Preis von 30 Silberstücken von einem Freund verraten zu werden. Dann schätzten die Studenten, so gut sie konnten, die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens aller acht Prophezeiungen zusammen.
Ihren Berechnungen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein einzelner Mensch alle acht Prophezeiungen erfüllt, geradezu astronomisch: eins in zehn hoch 21 (1021). Zur
Verdeutlichung dieser Zahl nannte Stoner folgendes Beispiel: „Bedecken Sie die Landmasse der Erde zunächst mit Silberdollars bis zu einer Höhe von 40 m. Markieren Sie dann eine dieser Münzen und vergraben Sie sie irgendwo. Bitten Sie dann eine weitere Person, auf der Erde umherzureisen und mit verbundenen Augen unter den Billionen von Silberdollars die markierte Münze zu finden.“[7]
Man kann mit Zahlen eine ganze Menge verwirrender Spielereien anstellen, weshalb man an dieser Stelle festhalten sollte, dass die Arbeit Stoners von der American Scientific Association überprüft wurde, die zu folgendem Schluss kam: „Die mathematische Analyse … beruht auf absolut soliden Wahrscheinlichkeitsprinzipien, und Professor Stoner hat diese Prinzipien auf korrekte und überzeugende Weise angewandt.“[8]
Nach dieser Einführung wollen wir nun auch die sechs anderen Voraussagen untersuchen, womit wir bei allen acht Prophezeiungen von Professor Stoner angelangt wären:
Prophezeiung: Der Messias wird ein Nachkomme von König David sein. – Jeremia 23:5 – 600 v. Chr.
Erfüllung: „Jesus … der Sohn Davids …“ – Lukas 3:23, 31 – 4 v. Chr.
Prophezeiung: Der Messias wird gegen 30 Silberstücke verraten werden. – Sacharja 11:13 – 487 v. Chr.
Erfüllung: „Sie gaben ihm dreißig Silbermünzen.“ – Matthäus 26:15 – 30 n. Chr.
Prophezeiung: Hände und Füße des Messias werden durchbohrt werden. – Psalm 22:16 – 1000 v. Chr.
Erfüllung: „Mit Jesus wurden zwei Verbrecher vor die Stadt geführt zu der Stelle, die man ‚Schädelstätte‘ nennt. Dort wurde Jesus ans Kreuz genagelt und mit ihm die beiden Verbrecher, der eine rechts, der andere links von ihm.“ – Lukas 23:33 – 30 n. Chr. Prophezeiung: Die Menschen werden um das Gewand des Messias losen. – Psalm 22:18 – 1000 v. Chr.
Erfüllung: „Die Soldaten … teilten … seine Kleider unter sich auf. … Das Untergewand war in einem Stück gewebt, ohne jede Naht. Deshalb beschlossen sie: ‚Dieses Untergewand wollen wir nicht aufteilen. Wer werden darum losen.“ – Johannes 19:23 – 30 n. Chr.
Prophezeiung: Der Messias wird auf einem Esel reiten. – Sacharja 9:9- 500 v. Chr.
Erfüllung: „Sie brachten die Tiere (Esel) zu ihm, legten ihre Mäntel über sie, und Jesus setzte sich darauf.“ – Matthäus 21:7 – 30 n. Chr.
Prophezeiung: Es wird ein Bote geschickt, der den Messias ankündigt. – Maleachi 3:1 – 500 v. Chr.
Erfüllung: „Darauf erwiderte Johannes: ‘Ich taufe mit Wasser. Aber mitten unter euch lebt schon der, auf den wir warten. Ihr kennt ihn nur noch nicht.‘“ – Johannes 1:26 – 27 n. Chr.
Die acht von uns untersuchten Prophezeiungen zum Messias wurden zwischen 500 und 1000 Jahren vor der Geburt Jesu von Männern zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten geschrieben. Es bestand für sie also keinerlei Möglichkeit, sich untereinander abzusprechen. Beachten Sie auch, wie spezifisch diese Vorhersagen sind. Das sind also keine Prophezeiungen nach Nostradamus-Schema: „Wenn der Mond grün wird, liegt die Limabohne verhüllt am Straßenrand.“
Jenseits seiner Kontrolle Stellen Sie sich einmal vor, sie würden im Lotto gewinnen, und das mit nur einem Spielschein, auf dem Sie nur sechs Zahlen angekreuzt haben. Stellen Sie sich dann weiter vor, dass Sie mit diesen Zahlen hundert Mal hintereinander gewinnen. Was würden die Leute dazu sagen? Genau: „Das ist doch Manipulation!“
Im Laufe der Jahre haben Skeptiker, die zweifelten, dass Jesus die Prophezeiungen aus dem Alten Testament wirklich erfüllt haben könnte, Ähnliches behauptet. Sie haben zwar eingeräumt, dass Jesus messianische Prophezeiungen in der Tat erfüllt habe, ihn aber beschuldigt, sein Leben so geführt zu haben, dass er sie mit voller Absicht erfüllte. Ein vertretbarer Einwand, aber nicht ganz so plausibel, wie es auf den ersten Blick scheinen mag.